Salz der Hoffnung
Auskunft, während Regal dafür sorgte, daß die Besucher ausreichend mit Wein und Essen versorgt wurden.
Unter den Journalisten war auch eine Frau, Caroline Smythe. Sie schien von Regal ebenso fasziniert zu sein wie umgekehrt Regal von ihr.
»Wie sind Sie dazu gekommen, Journalistin zu werden?« fragte Regal und sah die winzige Frau an. Sie mußte um die Dreißig sein, hatte leuchtende Vogeläuglein und karottenrote, geschickt frisierte Haare.
»Zum einen, weil ich mich zu nichts anderem eigne, zum andern, weil ich schlau genug war«, erklärte Caroline. »Woher kommen Sie?«
»Boston. Aber Sie sind doch bestimmt nicht gekommen, um sich meine Geschichte anzuhören.«
»Warum nicht? Was hat Sie nach England verschlagen?«
»Ich kam zu Besuch und bin einfach geblieben. Und jetzt kommen Sie herein und trinken eine Tasse Kaffee.«
»Danke. Aber ich würde wirklich gern über Sie schreiben, das würde vor allem die Frauen unter den Lesern interessieren. Über Ihre Garderobe, Ihre Tafel … das hier schmeckt übrigens köstlich. Es kommt nicht oft vor, daß Journalisten mit solcher Gastfreundschaft willkommen geheißen werden.«
Regal mochte sie gern. Eine Frau, die geradlinig sagte, was sie dachte, die ihren eigenen Lebensunterhalt verdiente. Bedenkenlos beantwortete Regal ihre harmlosen Fragen, doch sie nahm sich in acht, als ernstere Themen zur Sprache kamen.
»Sagen Sir mir, wohnt Captain Jorgensen hier, oder ist er Gast in diesem wundervollen Haus?«
»Nein, er wohnt hier.«
»Verstehe. Nun, ich erwähne es nur höchst ungern, aber ist es wahr, daß Ihr Mann ermordet wurde?«
»Ja.«
»Doch Sie lebten zu der Zeit schon getrennt?«
»Welchen Unterschied macht das? Man würde trotzdem niemandem ein solches Ende wünschen.«
»Es tut mir leid. Ich hätte nicht davon anfangen sollen. Um das Thema zu wechseln: Ich hörte, die Lords der Admiralität sind hoch zufrieden, daß Captain Jorgensen nach Island durchgekommen ist. Irgendwer sagte, sie hätten eigentlich nicht damit gerechnet, daß er es schafft.«
»Das stimmt. Aber er war überzeugt, daß er es schaffen würde, und er hat recht behalten.«
»Er ist ein außergewöhnlich gutaussehender Mann«, bemerkte Miss Smythe und sah zu Jorge hinüber, der mit einigen anderen Besuchern sprach.
Regal war so stolz auf ihn. Er wirkte, als fühle er sich heimisch hier, auch wenn er anfangs nicht begeistert davon gewesen war, daß er in dem Haus wohnen sollte, in dem Regal mit Charles gelebt hatte.
»Was spielt das für eine Rolle?« hatte sie widersprochen.
»Jetzt ist es mein Haus und es ist weitaus komfortabler als das, welches wir gemietet hatten.« Und das brachte sie auf das Argument, das ihn einfach überzeugen mußte: »Warum in Gottes Namen sollten wir für das Haus in der Euston Road weiterhin Miete bezahlen, während dieses Haus hier, mein eigenes Haus, leer steht und die Dienerschaft sich auf die faule Haut legt? Soll ich sie alle hinauswerfen und das Haus schließen?«
Zögernd hatte er nachgegeben. »Nein … nein. Es scheint nur nicht klug, das ist alles. Es wird dem Gerede über seinen Tod neue Nahrung geben.«
»Also verkaufe ich das verfluchte Haus und suche uns ein anderes. Ist es das, was du willst?«
»Denk nicht mehr daran. Wir haben keine Zeit, uns den Kopf darüber zu zerbrechen, wo wir wohnen wollen. Lassen wir es vorerst dabei.«
»Was soll das heißen, wir haben keine Zeit?«
»Gar nichts.« Und mehr bekam sie nicht aus ihm heraus. Sie hatte gelernt, daß es bei Jorge nur zwei Stimmungen gab: entweder er war unwiderstehlich charmant, liebevoll, aufgeschlossen, neckte sie übermütig, erfreute sich an gutem Essen und Trinken – letzteres mitunter im Übermaß – und ließ nicht zu, daß sie von seiner Seite wich. Oder aber er gab sich unnahbar und zog sich von allen zurück, auch von ihr. Ein Mann, den nichts interessierte außer seinen eigenen Gedanken, die er selten jemandem anvertraute, der in seiner eigenen Welt lebte, abgeschottet wie eine uneinnehmbare Festung.
Gemeinsame Gespräche gingen auf diese Weise häufig ins Leere. Hatte er einmal
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