Salz der Hoffnung
zeichneten sich allerdings durch eine verwirrende Meinungsvielfalt aus: Mal wurde Jorge als Abenteurer hingestellt, dann wieder als Marionette der Franzosen, als Pirat, sogar als ein böser Wikingergeist, während die Admiralität für ihre Dummheit gegeißelt wurde. Wie hatten sie nur drei Schiffe, die im übrigen nach wie vor verschwunden blieben, an einen Bürger einer verfeindeten Nation aushändigen können?
Regal war schockiert über die Boshaftigkeit dieser Attacken. Sie fand sie grauenhaft ungerecht. »Er wird ihnen ihre Schiffe schon zurückschicken«, sagte sie zu Maria Collins.
»Ich hoffe es wirklich, denn andernfalls wird Jorge schuld daran sein, wenn Reykjavik das gleiche Schicksal zuteil wird wie damals Kopenhagen.« Maria mißbilligte Jorges Handeln, sie fand, er hatte leichtfertig den Ruf Englands aufs Spiel gesetzt. Doch sie hatte sich bereit gefunden, bei Regal zu bleiben, bis die Aufregung sich ein wenig gelegt hätte.
Menschenmengen versammelten sich am Woburn Place, und wieder kamen Journalisten zu ihrem Haus, aber sie empfing niemanden, mit Ausnahme von Caroline Smythe. »Ich will mit keinem von ihnen reden«, erklärte sie Caroline. »Es würde gar zu jämmerlich wirken, wenn ich eingestehen müßte, daß ich keine Ahnung habe, was vorgeht. Ehrlich, ich wußte nichts von alledem.«
»Das dürfen Sie dem Captain nicht übelnehmen«, erwiderte Caroline. »Schließlich war es ein außergewöhnliches Ereignis. Ich glaube nicht, daß er es so geplant hatte, ich denke eher, die Isländer haben sich gegen die Dänen erhoben, brauchten einen Anführer und machten ihn kurzerhand zu ihrem König. Immerhin ist er ein Mann von beachtlicher Präsenz.«
Maria Collins war beunruhigt. »Ich wünschte, mein Mann wäre nicht so weit fort. Er wüßte, was zu tun ist.« Regal fand das Gerede von dem Mann in der Ferne jetzt noch unerträglicher als früher, und es festigte ihren Entschluß, sich Jorge anzuschließen. Wenn sie nichts von ihm hörte, würde sie einen Weg finden, nach Island zu reisen. Sie wollte nicht zu Hause zurückgelassen werden wie diese Frau hier.
Die Zeitungen gaben keine Ruhe und fuhren fort mit ihren Angriffen gegen Jorge, bezeichneten sein Handeln als ›Verrat‹ und ihn selbst als ›Wolf im Schafspelz‹. Bald hatte Regal endgültig genug von England.
»Wirklich, Maria, ich kann nicht verstehen, wieso du in diesem Land bleibst. Es ist schrecklich. Dein Mann ist Engländer, und doch hat er sich entschlossen, am anderen Ende der Welt zu leben, das spricht doch wohl für sich. Ich bin überzeugt, es muß herrlich sein da unten. Jorge sagt, Van Diemens Land sei wunderschön.«
Maria nickte. »Wenn du es genau wissen willst, ich denke im Augenblick ernsthaft darüber nach, hinzureisen.«
»Tatsächlich?« Regal traute ihren Ohren kaum. »Nun, das wird ja auch wirklich höchste Zeit. Himmel Herrgott noch mal, du bist die Frau des Gouverneurs, es wird wundervoll für dich sein. Und David wird sich freuen. Stell dir nur vor, wenn du ankommst, werden Blaskapellen spielen und Fahnen wehen, und ein offizielles Empfangskomitee wird dich erwarten.« Plötzlich fing sie an zu lachen. »Arme Edwina! Sie wird sich einfach nicht entscheiden können, wo sie zuerst hinreisen soll: nach Island, um vom König empfangen zu werden, oder mit der First Lady von Van Diemens Land in ihre neue Heimat. Cameron wird die Hölle auf Erden haben.«
Auch Maria mußte jetzt lachen, trotz des Belagerungszustandes, in dem sie sich befanden. »Laß uns feiern«, sagte Regal. »Ich werde nach Wein schicken. Gott weiß, wir haben lange genug hier herumgesessen. Von jetzt an wird das Leben richtig aufregend.«
Wenn auch die meisten Zeitungen mit ihren Schmähungen fortfuhren, brachte die Daily Mail doch einen Artikel von Caroline Smythe, in dem sie fragte, was Captain Jorgensen eigentlich anderes getan hatte, als ein Land von der dänischen Besatzung zu befreien. Regal zeigte Maria den Artikel. »Sieh dir das an. Endlich betrachtet jemand die Angelegenheit einmal logisch. Sie schreibt: ›Kann es den Isländern unter ihm schlechter ergehen als unter den Dänen? Zumindest hat dieser Mann es verhindert, daß sie verhungern müssen. Kümmert das eigentlich niemanden in England?‹«
Maria war
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