Salz der Hoffnung
geschäftlichen Seite dieses Unternehmens interessiert war, spürte er förmlich, wie der Captain ihn allmählich umstimmte und davon überzeugte, daß es notwendig war, hier zu drastischen Maßnahmen zu greifen. Beinah hätte er Samuel wirklich glauben machen können, dies sei ein spontaner Entschluß, ausgelöst durch die Weigerung der isländischen Regierung, sie an Land zu lassen.
»Wir haben unser Leben riskiert, um diesen Menschen Hilfe zu bringen«, erklärte er. »Und nun will diese fremde Regierung – es sind nicht die Isländer, wohlgemerkt – uns befehlen, umzukehren und sie verhungern zu lassen. Dänemark hat dieses Land unterworfen, ihr Althing, ihre traditionelle Volksversammlung abgeschafft, eine Regierungsform, die in Island jahrhundertelang Gültigkeit hatte. Sie haben ihre eigenen Anführer durch Männer ersetzt, die sich nur Dänemark verpflichtet fühlen, denen die Menschen hier vollkommen gleichgültig sind.«
Samuel war verwundert, daß keiner der beiden anderen Kapitäne noch die Offiziere in ihrer Begleitung es im mindesten verwunderlich fanden, daß der Mann, der diese Dinge sagte, ausgerechnet ein Däne war. Er schüttelte den Kopf; Politik war doch ein seltsames Geschäft. »Diese Menschen sollten das Recht haben, ihr Leben selbst zu bestimmen«, fuhr Jorge fort. »Warten Sie, bis Sie das Land gesehen haben, Gentlemen. Ein schönes, fruchtbares Land, aber es gibt keine Straßen dort und keine Transportmittel außer Lastponys. Ich sage Ihnen, die erst seit wenigen Jahren bestehenden britischen Kolonien in Neusüdwales und Van Diemens Land, die ich gesehen habe, sind besser erschlossen als Island. Denn es ist der ausdrückliche Wunsch der Briten, daß ihre Kolonien gedeihen mögen.« Die Zuhörer spendeten lautstark Beifall. Endlich kam er auf den eigentlichen Punkt seiner Rede zu sprechen, und Samuel erwartete, daß sich nun Protest regen würde.
»Ich bin nicht den weiten Weg hierher gesegelt, um mir von diesen fetten Politikern befehlen zu lassen, wieder kehrtzumachen. Es war eine schwierige Fahrt, und eure Fähigkeiten als Seeleute werden in aller Munde sein, wenn wir nach England zurückkehren. Aber wir werden wie verdammte Idioten dastehen, wenn wir mit unserer gesamten Fracht heimgeschlichen kommen, von Island schmählich abgewiesen. Nein, Sirs. Ich beabsichtige, an Land zu gehen und diese Ladung zu löschen, ob es Graf Tramp und den restlichen Parasiten nun paßt oder nicht. Werdet ihr mir folgen?«
Sie sprangen auf, jubelten und klatschten, und das Abenteuer hatte begonnen. Samuel konnte kaum glauben, was er sah und hörte, aber er klatschte lauter als alle anderen – seine Lieferung, seine Investition stand schließlich auf dem Spiel.
Als ihr Schiff sich dem Hafen näherte, sah Samuel die vollbesetzten Boote von den anderen englischen Schiffen, die sich dem Kai näherten. Er rechnete damit, daß man sie unter Artilleriebeschuß nehmen würde, doch nichts geschah, und am Hafen wimmelte es von jubelnden Isländern.
Unerschrocken sprang Jorgensen an Land, wo ihn sein erster Maat, Jacob Aasgaard, bereits erwartete. Die Menschen drängten heran, um dem Captain die Hand zu schütteln. Er stieg auf die Hafenmauer und begann, zu den Leuten in einer Sprache zu sprechen, die Samuel nicht verstand, die Isländer dafür um so besser. Sie brüllten und jubelten, und Glocken begannen zu läuten, während die Matrosen, wie zuvor abgesprochen, zügig darangingen, die Ladung zu löschen.
Samuel sah Jorgensen und Aasgaard in die Stadt einziehen, in einem wahren Siegesmarsch, wie es schien. Die jubelnden Einheimischen schlossen sich ihnen an, tanzten und sangen und brüllten durcheinander.
Samuel blieb an Bord. Er hatte nicht die Absicht, sich in irgendwelche Scherereien verwickeln zu lassen, doch die Offiziere der anderen Schiffe eilten jetzt an Land und weiter in die Stadt, denn sie wollten den Trubel um keinen Preis versäumen. Am Kai waren die englischen Matrosen immer noch am Werk, stapelten die Ladung zwischen großen Haufen gesalzenem Fisch. Vom salzigen Sprühwasser und dem intensiven Fischgeruch wurde Samuel wieder flau im Magen, und er ging zurück in seine Kajüte, um sich zum ersten Mal seit ihrem Aufbruch richtig auszuschlafen, jetzt da das Schiff nur sanft im Hafenbecken dümpelte.
Jacob steckte den Kopf durch die Kajütentür. »Sie sollten
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