Salz der Hoffnung
plötzlich in der Tür, in größter Gelassenheit, als sei er gerade von einem Spaziergang durch Stadt zurückgekehrt.
Er war mit der Aeolus gesegelt, ohne großes Gewese und schmetternde Fanfaren im Hafen von London eingelaufen und sofort zum Woburn Place gekommen.
Er sah unverändert aus, trug nach wie vor die schwere Jacke und lederne Hosen, wie jeder Kapitän sie trug. »Nun?« sagte er und lächelte auf sie hinab. »Willst du mich nicht hereinbitten?«
Hinter verschlossenen Türen waren die Herren in der Admiralität verzweifelt bemüht, ihre Fehler wiedergutzumachen, und erwarteten ungeduldig Nachricht von der HMS Talbot, die man nach Reykjavik geschickt hatte. Castlereagh bestand darauf, jeden zu befragen, der mit ›diesem Kerl‹ Jorgensen zu tun gehabt hatte, sogar Konteradmiral Phillip.
Der Admiral war verblüfft über Jorgensens ›unerhörte Frechheit‹, wie er es nannte, zeigte aber keinerlei Zerknirschung. »Das haben wir uns alles selbst zuzuschreiben. Warum sind wir nicht als erste auf die Idee gekommen? Dieser unglaubliche Windhund! Ich muß Colonel Collins schreiben und ihm alles genau berichten. Ich bin sicher, er wird sich königlich darüber amüsieren.«
Castlereagh ging seine Unterlagen durch. »Wer ist eigentlich dieser Major Reynolds? Er hat sich in meinem Büro aufgeführt, als habe ihn etwas gestochen.«
»Ach ja, ich weiß, wen Sie meinen. Er behauptet, Jorgensen stehe mit französischen Spionen in Verbindung, aber er hat keinerlei Beweise. Ich würde sagen, Jorgensen ist jetzt neutral. Er hat seinem eigenen Land größeren Schaden zugefügt als England.«
»Ich fürchte, es ist ein wenig ernster, als Sie glauben. Und komplizierter. Es gibt nach wie vor Leute, die behaupten, Jorgensen habe die Ermordung von Charles Howth veranlaßt, um sich ungehindert an seine Frau heranmachen zu können. Die Witwe ist seine Geliebte. Dieser Major Reynolds schwört, daß es so war, und Lord Howth, der Vater des Opfers, macht auch jede Menge Wind. Er sagt, ich solle die Witwe vorladen. Er behauptet, sie sei an dem Komplott beteiligt gewesen. Ich habe mehrfach versucht, ihm klarzumachen, daß dies eine Untersuchung von Marineangelegenheiten ist. Ich kann nicht zulassen, daß sie in einen skandalträchtigen Mordprozeß umgemünzt wird.« Phillip nickte. »Nein, natürlich nicht. Irgendwer sollte der Dame raten, sich eine Zeitlang rar zu machen.«
»Genau das habe ich mir auch überlegt«, sagte Castlereagh. »Wie wäre es, wenn Sie ein paar unauffällige Worte mit Mrs. Collins wechselten und vorschlügen, daß Mrs. Howth vielleicht eine kleine Reise heim nach Boston unternimmt, bis sich die Wogen hier geglättet haben? Ein bißchen sanfter Druck in dieser Richtung könnte allerlei Unannehmlichkeiten vermeiden helfen.«
Als Castlereagh sich gerade verabschieden wollte, kam ein Schreiber angelaufen und überreichte ihm eine Nachricht. Er habe den Auftrag, auf Antwort zu warten, richtete er aus.
»Sieh an, sieh an«, murmelte Castlereagh. »Gehen Sie zurück, mein Junge, und bestellen Sie den Herren dort oben, ich hätte gesagt, sie sollen erst einmal gar nichts unternehmen.«
Er hastete zum Parlament hinüber und machte Baron Hawkesbury ausfindig. »Interessante Neuigkeiten, Sir. Captain Jorgensen ist mit der Aeolus in London eingetroffen. Er hat bereits mit Journalisten gesprochen. Offenbar hat er allen Ernstes die Absicht, Schiffe für Island zu kaufen, und sucht außerdem Händler, die mit ihm zurückkehren wollen.«
Der Baron war verwundert. »Also eins muß man ihm lassen. Er ist wirklich kein Feigling.«
»Und darüber hinaus ist er ein Staatsoberhaupt«, sagte Castlereagh. »Es ist eine delikate Situation. Ich habe vorläufig Befehl gegeben, nichts zu unternehmen. Ich wollte Ihre Direktiven abwarten.«
»Gut. Lassen wir es vorläufig dabei. Niemand soll sich rühren, ehe der Premierminister einen Bericht von der Talbot bekommen hast. Die Aeolus wird nicht beschlagnahmt, Jorgensen nicht behelligt.«
Regal machte jetzt die Erfahrung, wie wankelmütig die Presse und wie leicht zu beeinflussen die Öffentlichkeit war. Jorges Anwesenheit in London brachte ihm bald alle Sympathien zurück. Die Regierung rührte sich nicht, doch die Journalisten sahen
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