Salz der Hoffnung
ihm schwer, sein Angebot zurückzuziehen. Doch sie wollte ihm die Gelegenheit lieber jetzt geben, als sich für alle Zeit verwundbar zu machen.
»Mein lieber Charles. Es ist ganz reizend von dir, daß du mir all diese Dinge sagst. Ich werde dich mit Freuden heiraten.«
Er machte beinah einen Luftsprung und schlang lachend die Arme um sie. »Oh, mein Gott, das ist wunderbar …«
»Einen Augenblick noch, Charles.« Regal befreite sich aus seinen Armen. »Du solltest ein bißchen mehr wissen über die Frau, die du heiraten willst.«
»Ich weiß alles, was ich wissen muß«, rief er übermütig, und auf einmal wurde sie unsicher. Maria Collins hatte ganz sicher diskret geschwiegen, aber was hatte Edwina ihm alles erzählt? Bestimmt hatte Edwina mit Hilfe ihrer Freunde in Boston inzwischen herausgefunden, daß Jasper seiner Enkelin ein sehr großes Vermögen hinterlassen hatte, auch wenn sie vermutlich keine Ahnung hatte, wie groß. Und was weiter? Ganz gleich wen sie heiratete, Regal würde sich immer dieselbe Frage stellen müssen. War der Verehrer hinter ihrem Geld her? Großvater hatte ihr diesen Zweifel eingepflanzt, und der Gedanke kam ihr gerade jetzt sehr ungelegen. Zu viele andere Dinge gingen ihr durch den Kopf.
»Vielleicht, vielleicht aber auch nicht«, sagte sie. »Ich wurde von meinen Großeltern in Boston aufgezogen. Sie sind beide tot.«
»Ich weiß, Liebling. Du bist eine Waise, du armes Kind, ganz allein auf der Welt.«
»Ich wurde von meinen Großeltern großgezogen«, fuhr sie beharrlich fort, »weil meine Mutter starb, als ich noch ein Baby war, und sie war unverheiratet.« Sie atmete tief durch. »Also bitte. Jetzt weißt du es. Es ist nicht leicht für mich, über diese Dinge zu reden.«
Charles blinzelte. »Ich habe immer gedacht, deine Eltern seien während der Revolution ums Leben gekommen.«
»Nein. Meine Mutter war unverheiratet.«
»Nun ja …«, begann er nachdenklich. »Was macht das schon für einen Unterschied? Es gibt ein paar sehr hochgestellte Personen in der Londoner Gesellschaft, die in derselben Situation sind. Ich könnte mehrere nennen, aber das werde ich nie wieder tun, denn es würde meine Frau sicher verstimmen.« Er lächelte. »Wir sollten nicht mehr davon sprechen, Liebes. Belassen wir es so, wie ich ursprünglich glaubte. Ich bin überzeugt, dein Großvater war ein Gentleman, ein Stützpfeiler der Bostoner Gesellschaft. Was will ich mehr?«
Sie heirateten in aller Stille in der St. Andrews-Kirche, unweit des Hauses von Mrs. Collins, und das paßte Charles ausgezeichnet, denn es hatte ein paar Komplikationen gegeben. Sein Vater beispielsweise hatte sich geweigert, der Verbindung seinen Segen zu geben, und hatte der restlichen Familie untersagt, der Trauung beizuwohnen. Sie alle gehorchten unterwürfig. In gewisser Weise war es eine Erleichterung, sich nicht vorstellen zu müssen, wie sie da in der Kirchenbank hockten und an nichts ein gutes Haar ließen. Zumal auch die Frage, wer die Braut zum Altar führen sollte, nicht unproblematisch war und Aufmerksamkeit erregt hätte. Regal hatte ihren Anwalt aus Boston einladen wollen, einen gewissen Leonard Rosonom, aber das hätte das Faß nun wirklich zum Überlaufen gebracht, einen Juden als Brautführer zur Hochzeit zu bitten! Manchmal dachte er, Regal habe überhaupt keinen Sinn dafür, was sich gehörte und was nicht. Aber in dieser Hinsicht mußte man mit Kolonisten eben nachsichtig sein, zumal wenn sie eine so bezaubernd schöne Braut abgaben, wie Regal es tat. Im ersten Moment hatte es ihm den Atem verschlagen, als er sie in ihrem sagenhaften weißen Brautkleid sah, am Arm von Cameron Spencer. Edwinas Mann hatte sich bereit gefunden, als Ersatz-Brautvater einzuspringen.
Kein Mann konnte anders als stolz auf eine Braut wie Regal zu sein, und Charles war für ein paar Minuten richtig rührselig geworden. Sie war eine so strahlende Schönheit, verhüllt hinter einem geheimnisvollen Schleier, und ihr Kleid war einfach hinreißend, offensichtlich sehr kostbar. Er fühlte sich unscheinbar und unbedeutend neben ihr und war sehr dankbar für die moralische Unterstützung seines alten Freundes Captain John Gleeson, der sich hartnäckig um ein paar Tage Urlaub von seinen militärischen Pflichten bemüht hatte, um Charles’
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