Salz der Hoffnung
»Basil, alter Junge! Ich hatte gehofft, dich heute hier zu treffen. Miss Hayes, darf ich vorstellen, der Ehrenwerte Sir Basil Mulgrave. Ich kann nicht begreifen, wieso ihr euch noch nicht begegnet seid. Miss Hayes wohnt bei Mrs. David Collins …«
Während er weiterplapperte, spürte Regal, wie die Farbe aus ihrem Gesicht wich und ein kalter Schauer sich ihrer bemächtigte. Mulgraves blaue Augen waren eisig. »In letzter Zeit war ich nicht mehr bei Maria eingeladen«, murmelte er. »Ich bin sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Miss Hayes.« Er verneigte sich knapp und wandte sich dann wieder an Charles. »Entschuldige, aber ich wollte gerade gehen.«
Ehe Charles ihn aufhalten konnte, ging er mit langen Schritten davon.
Charles schien einen Moment verdutzt, dann zuckte er gleichgültig die Schultern. »Typisch Basil. Er war noch nie sonderlich gesellig. Aber ein wirklich anständiger Kerl.«
Sobald sie nach Hause kam, ging Regal umgehend zu Maria Collins in den Salon. »Heute bin ich Sir Basil Mulgrave begegnet«, sagte sie unvermittelt.
»Tatsächlich?« fragte Maria ruhig und ließ ihre Näharbeit sinken. »Das ist nicht verwunderlich, schließlich sind er und Charles Geschäftspartner.«
»Er ist mein Vater«, rief Regal wütend aus. »Warum hast du mir nicht gesagt, daß du ihn kennst?«
»Wieso glaubst du, er sei dein Vater?«
»Weil ich meine Geburtsurkunde gesehen habe, Maria. Dort steht es schwarz auf weiß.«
»Na schön. Nimm Platz, Regal. Es besteht kein Grund, eine Szene zu machen. Tatsache ist, daß Basil bestreitet, dein Vater zu sein. Und das Wort eines Gentleman muß man akzeptieren.«
»Stempelt das meine Mutter zur Lügnerin?«
Maria schüttelte den Kopf. »Es hat keinen Sinn, daß du dich darüber aufregst. Das ist alles schon so lange her. Wir werden die Wahrheit nie erfahren, und damit mußt du dich abfinden. Es tut mir leid, Liebes, ich weiß, daß es schmerzlich für dich ist, aber sei getröstet. Dein Großvater war sehr gut zu dir, kein Vater hätte dich mehr lieben können. Und jetzt brauchst du niemanden mehr, also hat es keinen Sinn, alte Skandalgeschichten aufzuwärmen.«
Regal konnte nicht stillsitzen. Sie ging im Sturmschritt auf und ab. »Ich kann einfach nicht glauben, daß du so etwas sagst. Dieser Mulgrave ist doch schuld am Tod meiner Mutter!«
»Das ist nicht wahr. Du dramatisierst die Dinge unnötig.«
»Wirklich? Meine Großmutter hat mir gegenüber angedeutet, meine Mutter sei im Kindbett gestorben, doch dann habe ich herausgefunden, daß meine Großeltern hierher kamen, um mich abzuholen und nach Boston zu bringen. Was tat Polly in England, wenn es nicht im Zusammenhang mit ihrer Beziehung zu Basil Mulgrave stand?«
»Polly ist nie in England angekommen. Sie starb während der Überfahrt. Sie war sehr krank. Sie wollte aus einem einzigen Grund nach London, nämlich, um hier ein neues Leben anzufangen. Weit weg von allem Klatsch. Hier wußte niemand, daß sie unverheiratet war. Aber es sollte nicht sein. Ob sie die Absicht hatte, Basil aufzusuchen oder nicht, weiß ich nicht. Sie hat nichts darüber gesagt. Sie hat mit David und mir nie darüber geredet, was sie vorhatte.«
»Könnte Edwina es wissen?«
»Nein. Edwina war in Halifax geblieben, sie war gar nicht dabei. Sie hatte gerade erst meinen Bruder geheiratet.«
Regal lehnte sich vor und umklammerte die Rückenlehne eines Sessels. »Ich bin so wütend, Maria. So furchtbar wütend.«
»Dann mußt du versuchen, deine Wut zu überwinden. Sie schadet deiner Gesundheit. Du bist ein willensstarkes Mädchen, Regal. Du kannst und du mußt all das hinter dir lassen. Hast du den Tag beim Rennen genossen?«
Was konnte der Tag beim Rennen ihr bedeuten nach dem, was passiert war? Wen kümmerte das blöde Pferderennen? Sie stürzte aus dem Raum und die Treppe hinauf, wütend auf sie alle. Wie konnten sie es wagen, ihre Mutter als Lügnerin hinzustellen? Und dieser Mulgrave! Sie so abzufertigen, sie praktisch zu schneiden, vor Charles’ Augen! Wenn das kein Beweis für ein schlechtes Gewissen war, was dann? Er hatte von der ersten Sekunde an gewußt, wer sie war. Es hieß, sie sähe ihrer Mutter
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