Salz der Hoffnung
gab bereitwillig Auskunft. Er beschwerte sich häufig, Mulgrave sei schlimmer als sein Vater. Immer wolle er ihm vorschreiben, was er zu tun und zu lassen habe. Bestehe darauf, daß er mehr Zeit in den Büros der Northern Star Line verbrachte, obwohl er dort doch kaum etwas zu tun hatte. Mulgrave traf alle Entscheidungen. »Er kann sehr tyrannisch sein und ist absolut von sich überzeugt«, hatte Charles gesagt, und Regal hatte ihn bedauert.
Als sein Antrag endlich kam, war Regal keineswegs überrascht. Seit einiger Zeit hatte sie das Für und Wider genauestens abgewägt.
Sie fuhren in einer offenen Kutsche durch den Hyde Park. Regal betrachtete die Paare, die über die Rasenflächen flanierten. Sie wirkten alle so zufrieden, fühlten sich so sicher in dieser wohlgeordneten englischen Gesellschaft. Es wäre schön, ein Teil davon zu sein, Herrin ihres eigenen Hauses, mit einem Titel noch dazu. So wie die Dinge derzeit standen, gehörte sie nirgendwohin, und das deprimierte sie. Und mit Mulgraves Partner verheiratet zu sein war eine Chance, die sie nicht unterschätzen durfte. Sie wäre in der geeigneten Position, ihn abwartend zu beobachten und dann in Ruhe zu entscheiden, was sie gegen diese Kreatur zu unternehmen gedachte.
Charles bat den Kutscher anzuhalten. Er nahm ihre Hand. »Was sagst du, Regal? Ich weiß, es kommt ein bißchen plötzlich, aber ich liebe dich von ganzem Herzen. Ich kann keinen Tag mehr länger warten. Wenn du mir erlaubst, unsere Verlobung bekanntzugeben, machst du mich zum glücklichsten Mann der Welt.«
Es war ein kühler Tag, doch auf seiner Stirn stand der Schweiß.
»Ich bin nicht sicher, Charles. Ich muß darüber nachdenken. Laß uns ein Stück zu Fuß gehen.«
Mit seinen dreißig Jahren galt Charles als einer der begehrtesten Junggesellen von ganz London, und er besaß ein Haus am Woburn Place. Es war recht groß, drei Stockwerke hoch und ein klein wenig heruntergekommen, aber dennoch eine gute Adresse.
Andererseits bestand die ernstzunehmende Gefahr, daß Basil Mulgrave feindselig reagieren könnte. Wer konnte sagen, wozu dieser Mann fähig war? Er hatte sie bereits in aller Öffentlichkeit geschnitten, vielleicht würde er sie als unpassend bezeichnen, Charles und seine Familie gegen sie aufbringen. Besser, sie kam dem zuvor.
»Wäre deine Familie denn einverstanden?« fragte sie Charles.
Seine Miene verfinsterte sich. »Meine Familie ist niemals einverstanden mit dem, was ich tue. Sie sind allesamt unverbesserliche Nörgler. Felicity hat ihnen gegenüber bereits erwähnt, du seist Amerikanerin.«
»Ist das schlimm?«
»Nicht für mich. Ich finde alles an dir erfrischend und wundervoll. Aber für sie ist alles Fremde suspekt. Nicht nur Amerikaner, alle Ausländer. Sie sind furchtbar altmodisch. Wir werden sie einfach ignorieren.«
Regal schluckte. Sie hatte sich selbst nie als Ausländerin gesehen. Es ärgerte sie.
»Ich liebe dich, Regal. Mach dir keine Sorgen wegen Felicity und der anderen. Mir ist es gleich, wenn ich sie nie im Leben wiedersehe. Der Familiensitz liegt in Devon, von mir aus können sie ihn haben. Meine älteren Brüder sind alle beim Militär, bis auf Simon, der die geistliche Laufbahn eingeschlagen hat. Jedenfalls werden wir mit keinem von ihnen viel zu tun haben.«
Sie ließ ihn reden und legte sich unterdessen ihre Antwort zurecht.
»Mir gehört eine halbe Schiffahrtslinie, wie du weißt. Mein Onkel hat sie mir hinterlassen. Das hat in der Familie für viel Unfrieden gesorgt. Mein Vater hatte erwartet, den Anteil an der Northern Star Line zu erben. Als das nicht geschah, hat er verlangt, ich solle ihm die Anteile überschreiben, und er werde sie mir in seinem Testament dann hinterlassen. Eigentlich unerhört, finde ich. Jedenfalls habe ich nicht hergegeben, was mir rechtmäßig gehört. Natürlich laufen die Geschäfte im Augenblick nicht gerade glänzend wegen des Krieges und der Blockaden und so weiter, aber das werden wir schon wieder aufholen. Die Franzmänner werden England niemals besiegen … hörst du mir überhaupt zu, Regal?«
»Ja.« Sie hatte sich zu einem taktischen Schritt entschlossen. Erst wollte sie seinen Antrag annehmen und dann ihre Herkunft offenbaren. Damit machte sie es
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