Salz der Hoffnung
dem Abend im Troika angesprochen hatte.
»Zu Ihren Diensten, Madam.«
Sie sah sich um. Es war ein interessantes Geschäft mit den verschiedenartigsten Uhren und mehreren Glaskästen, in denen antike Schmuckstücke ausgestellt waren. »Mr. Crouch, ich suche Mr. Jorgensen.«
»Ah, Mrs. Howth«, sagte er. »Natürlich. Bitte folgen sie mir.« Er führte sie durch die Werkstatt zu einer schmalen Hintertreppe. »Gehen Sie doch bitte einfach hinauf.«
Verwirrt stieg sie die Stufen hinauf, das Köfferchen immer noch in der Hand, und klopfte oben an die einzige Tür. Ihr Klopfen war so zaghaft, daß sie es noch einmal versuchen wollte, doch da wurde auch schon die Tür geöffnet und Jorge stand vor ihr. Jorge war hier!
Die Wohnung über dem Laden war klein, spärlich möbliert und mit nur einem Schlafzimmer, doch sie hatten sie für sich allein und sie waren beieinander, das war alles, was zählte. Als er sie ins Schlafzimmer führte, um sie auf dem breiten Himmelbett zu lieben, mußte sie im stillen über sich selbst lachen, über ihre albernen Ideen von vornehmen Hotels, wo dies hier doch alles war, was sie brauchten. Ihr Liebesakt hatte eine neue Intensität angenommen, etwas, das sie kaum für möglich gehalten hätte, und als sie spät abends nach einem gemeinsam verbrachten Nachmittag und einem Essen in einem abgeschiedenen Winkel eines nahen Gasthauses zurückkamen, begannen sie wieder von vorn, diesmal mit einer ungeduldigen Dringlichkeit – Liebende, die die Nacht für sich beanspruchten.
Am nächsten Morgen brachte er sie mit den Geschichten über seine Reise zum Lachen. Er war in einer Postkutsche mit einem betrunkenen Kutscher von Ramsgate Richtung Dover gefahren und jedesmal, wenn er falsch abbiegen wollte, protestierten die Passagiere lautstark. Und einmal reiste er mit einer jungen Dame, die an Reisekrankheit litt, so daß ihretwegen ständig angehalten werden mußte. »Einer der Mitreisenden hatte überhaupt kein Mitleid mit ihr«, erzählte er. »Er hat vom Kutscher verlangt, sie einfach am Wegesrand auszusetzen. Diese Engländer, sie können manchmal so selbstsüchtig sein!«
»Aber ihr habt sie nicht ausgesetzt?«
»Nein. Ich glaube, die Drohung hat sie kuriert. Den ganzen restlichen Weg nach Portsmouth hat sie kein einziges Mal mehr anhalten lassen.«
»Portsmouth? Du warst dort? Ich wünschte, ich wäre mit dir gefahren. Ich habe ein Cottage auf der Isle of Wight. Ich würde es dir so gerne zeigen.«
Er lächelte. »Ich würde dich lieber mit nach Kopenhagen nehmen.«
»Das ist noch besser. Wann brechen wir auf?«
Er legte einen Arm um sie. »Eines Tages. Wenn der Krieg vorbei ist.«
Jorge war ein rastloser Mann, er konnte nicht untätig in der kleinen Wohnung herumsitzen, also spazierten sie am Fluß entlang und setzten sich unter die Bäume. Sie liebte es, ihn von Kopenhagen erzählen zu hören, seiner winterlichen Schönheit, doch gleichzeitig war sie verwirrt. »Manchmal weiß ich wirklich nicht, ob du nun ein Mann der Tropen bist oder ein echter, heimwehkranker Europäer.«
»Ich weiß es selbst nicht. Wenn ich am Pazifik bin, wo die See so warm und wunderbar blau ist und das tropische Land so voller Leben und Farben, denke ich, ein Mann muß verrückt sein, um von dort je wieder nach Norden fahren zu wollen. Aber jetzt, da ich zurück bin, na ja … jetzt ist mir klargeworden, daß ich Verpflichtungen habe.«
»Was für Verpflichtungen?« Regal zitterte, als habe sie plötzlich ein eisiger Windhauch gestreift. Seine Stimme klang so ernst, und sie war sich schmerzlich bewußt, daß er nicht von ihrer Beziehung sprach, daß etwas drohte in ihr Leben einzubrechen. Als er nicht antwortete, stellte sie die Frage, die sie vor sich hergeschoben hatte, weil sie selbstsüchtigerweise insgeheim hoffte, er habe keinen Erfolg gehabt. »Hast du ein Schiff bekommen?«
»Ich denke schon.«
Er seufzte, lehnte sich mit dem Rücken an den Baumstamm und kam, so dachte sie zumindest, auf ein anderes Thema zu sprechen: »Es gibt Probleme in Dänemark. Alles, was wir wollen, ist neutral bleiben und Handel treiben, wo und mit wem es uns gefällt. Aber die Dinge gestalten sich schwierig, und Dänemark ist in großer Not. Schlimm genug, daß Schweden uns
Weitere Kostenlose Bücher