Salz der Hoffnung
Einstellung. Vorläufig würde Regal sich Jorges Wünschen fügen, und wenn sie erst einmal verheiratet waren, konnte sie ihre eigenen Vorstellungen mit einbringen. Aber wo würde es sie wohl hin verschlagen? Es gab einen Hinweis. Derzeit verhandelte Jorge um ein Kommando über ein Schiff. Jeder wußte, daß hohe Offiziere ihre Frauen mit auf See nehmen konnten. Es war eine so aufregende Vorstellung, daß sie immerzu davon träumte, sich ihre Romanze ausmalte: sie beide zusammen auf hoher See, so verliebt, unterwegs zu irgendeinem exotischen Hafen. Manchmal erschien ihr ihre Zukunft so verheißungsvoll, daß sie meinte, sie müsse unbedingt irgendwem davon erzählen. Als Edwina sie besuchte, hatte sie das Gefühl, die wunderbaren Neuigkeiten müßten einfach aus ihr heraussprudeln. Aber er hatte gesagt, sie solle noch niemandem von ihrer Liebe erzählen, also folgte sie seinem Wunsch. Das fiel ihr nicht leicht. Edwina plauderte über allen möglichen Londoner Klatsch, über ihren Mann und wie glücklich sie in ihrer Ehe sei und sie bedauerte Regal, die so gelangweilt schien. Erneut beteuerte sie, wie sehr sie und Cameron sich schon auf die Ferien im Pine Cottage auf der Isle of Wight freuten.
Regal hatte diese Einladung, die sie doch selbst ausgesprochen hatte, komplett vergessen. Der Zeitpunkt war denkbar schlecht gewählt, um über die Arrangements für eine zeitweilige Flucht aus London nachzudenken, doch Pine Cottage erschien ihr auf einmal der ideale Ort für sie und Jorge, ein idyllisches Refugium nur für sie beide.
»Oh ja«, sagte sie und beschloß kurzerhand, Edwinas Besuch auf die lange Bank zu schieben und Charles dafür als Vorwand zu benutzen. »Ich freue mich ja auch schon so darauf, wieder hinzufahren, Edwina, es ist ja so hübsch dort. Ich muß Charles nur endlich dazu bringen, sich auf ein Datum festzulegen. Er meint, vielleicht im Spätsommer …«
Sie traf ihre Vorbereitungen für ihr Rendezvous mit Jorge, ein bißchen verstimmt, daß er ihr nicht Genaueres gesagt hatte, denn so war es schwierig zu entscheiden, was sie einpacken sollte. Für Charles hatte sie sich ein Märchen zurechtgelegt. Sie würde sagen, sie wolle eine Freundin von Edwina in Cambridge besuchen, um die Universität und das Städtchen kennenzulernen. Sie war bereit, dafür zu kämpfen, aber das erwies sich als gar nicht nötig.
Charles war von der Idee äußerst angetan. »Das paßt ja wunderbar. Ich hatte ohnehin vor, mit ein paar der Jungs nach Irland hinüberzufahren. Das Regiment meines Bruder liegt in Waterford, und er sagt, ihre Quartiere wären ganz fabelhaft.«
»Welcher Bruder?« Regal kannte immer noch niemanden aus Charles’ Familie außer Felicity.
»Victor. Er ist jetzt Captain, weißt du. Schrecklich, daß er gerade jetzt dort festhängt, wo die unteren Ränge alle damit drohen, zu meutern und sich auf die Seite der Franzosen zu schlagen. Diese verdammten irischen Verräter! Aber abgesehen von dem bißchen Ärger ist es ruhig dort drüben. Vielleicht kaufen wir ein paar Pferde, wo wir schon mal da sind.«
»Gut«, erwiderte sie und nahm das nächste Problem in Angriff. Es war üblich, eine Zofe mitzunehmen, wenn man Freunde besuchte. Nun, sie würde Bonnie ein paar Tage freigeben und ihr einschärfen, den anderen Dienstboten nichts davon zu sagen, damit diese nicht auch freie Tage forderten.
Sie spielte mit dem Gedanken, einen Diener in eins der vornehmen Hotels zu schicken und dort auf Jorges Namen eine Suite buchen zu lassen. Im Clarendon zum Beispiel. Nur für den Fall, daß er für ihre Unterkunft noch nichts geplant hatte. Aber es war durchaus möglich, daß Jorge das rundheraus ablehnen würde. Ihm schien an Luxus nichts zu liegen, und sie könnte ihn beleidigen, wenn sie so mit Geld um sich warf.
Zur verabredeten Zeit fuhr sie nach Chelsea und betrat, auch wenn sie sich albern dabei vorkam, den Laden. Sie trug ein kleines Köfferchen bei sich. Noch nie zuvor war sie mit so wenigen Kleidern und nur einem Hut irgendwohin gefahren. Es hatte Stunden gedauert, die Kleider auszuwählen.
Eine kleine Glocke läutete, als sie die Tür öffnete, und ein Mann trat hinter dem Ladentisch hervor. »Was kann ich für Sie tun, Madam?«
»Sind Sie Mr. Joseph Crouch?« Sie erinnerte sich, daß dies der Mann war, der Jorge damals an
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