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Salz der Hoffnung

Titel: Salz der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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von jenseits des Meeres so sehr geliebt, daß es weh tat, hatte sie den gleichen Schmerz durchlitten, den ihre Tochter jetzt litt?
            Der Gedanke an die Mutter, die sie niemals gehabt hatte, ließ Regal sich noch elender fühlen. Sie rutschte unruhig auf ihrem Sitzpolster hin und her und sah auf das junge Grün der Bäume hinaus, die sich vom dunkel verhangenen Himmel nicht in ihrem Erneuerungsprozeß aufhalten ließen. Sie fragte sich, ob ihre Mutter Basil so sehr geliebt hatte, wie sie Jorge liebte. Wenn ja, mußte es sie furchtbar erschüttert haben, zurückgewiesen zu werden. Sie selbst mußte diese Möglichkeit inzwischen wohl oder übel auch in Betracht ziehen, und es war grauenvoll, der Schmerz real und physisch, wie der Druck einer einsetzenden Migräne. Mit ihrem ganzen Sein sehnte sie sich nach Jorge, danach, ihn zu sehen und sich zu vergewissern, daß er sie brauchte.
            »Oh, mein Gott«, sagte sie, als sie anfing zu begreifen, was hätte passieren können. Was, wenn sie von Jorge schwanger geworden wäre, und er hätte sie sitzenlassen? Die öffentliche Demütigung zusätzlich zu diesem furchtbaren Schmerz! Zum ersten Mal in ihrem Leben wurde Regal klar, was Polly durchgemacht hatte. Und ein weiterer Gedanke lauerte knapp unterhalb ihrer Bewußtseinsebene. Was war es nur?
            Sie versuchte, ihre Gedankengänge zurückzuverfolgen. Sie war fast schon zu Hause, und Charles würde da sein, außerdem wurden einige seiner Freunde zum Dinner erwartet – zum Glück nur Männer, so daß Regal sie sich und ihren Albernheiten überlassen konnte.
            Niemand wußte von ihrem Kummer um Jorge, Gott sei Dank. Sie konnte Einmischungen nicht ausstehen, ganz gleich ob sie gut gemeint oder gehässig waren. Doch Pollys Unglück war der ganzen Welt bekannt gewesen. Der Gedanke hatte etwas Beunruhigendes. Wenn Jorge sich von ihr abwandte, dann hatte ihr Leben keinen Sinn mehr. Sie spürte keine Tränen aufsteigen, wie sie es eigentlich erwartet hätte, sondern wußte nur mit absoluter Sicherheit, daß sie ohne ihn nicht weiterleben wollte.
            Und da war er wieder, der quälende Gedanke, und ließ sich nicht mehr abschütteln. Ihre Mutter hätte sie verstanden.
            Sie bogen bereits zum Woburn Place ab, als sie sich plötzlich vorbeugte und ans Fenster klopfte.
            Der Kutscher hielt an und wandte sich zu ihr um. »Ja, Madam?«
            »Ich habe meine Meinung geändert. Bringen Sie mich zum Portman Place.«

 

  7. Kapitel

 
            Maria Collins war daheim. »Regal! Was für eine reizende Überraschung. Wie schön, dich zu sehen. Komm nur mit durch, im Wintergarten ist es noch angenehm warm. Möchtest du Tee?«
            »Nein, danke. Ich bleibe nicht lange. Können wir uns vielleicht einen Moment hierher setzen?« Sie wies auf eine Gruppe von Damensesseln nahe der Haustür. Dort hatte sie oft mit Maria und Edwina gesessen, wenn sie ausgehen wollten und auf die Kutsche warteten.
            »Selbstverständlich. Geht es dir gut, Regal? Du bist sehr blaß.«
            »Ich bin wohlauf. Sag mir, Maria, woran ist meine Mutter gestorben?«
            Sie sah sofort, daß Maria sich in die Ecke gedrängt fühlte. Ihr Blick schweifte unruhig durch den Raum, als suche sie dort nach einer Antwort. Und dann wurde ihr Gesicht ausdruckslos. »Meine Güte, Regal, wie kommst du denn plötzlich auf so etwas?«
            »Lenk nicht ab, Maria. Ich habe dir eine simple Frage gestellt, und es ist mir unbegreiflich, warum ich das nicht schon viel früher getan habe. Aber ihr habt ja immer sofort das Thema gewechselt, wenn ich die Rede darauf brachte. Sie ist nicht im Kindbett gestorben. Die Lüge hat Großmutter mir erzählt, aber sie starb auf dem Schiff. Was war die Ursache?«
            Maria streckte die Hand aus, um sie zu berühren, aber Regal fuhr zurück. »Nein. Sag es mir. Ich will keine Lügen mehr hören.«
            »Ist es wirklich so wichtig für dich? Du bist eine erwachsene Frau, Regal. Warum jetzt?«
            »Weil ich ein Recht darauf habe, es zu wissen.«
            »Also schön.« Maria schien in sich zusammenzusinken; unwillkürlich schüttelte sie den Kopf. »Ich habe immer gehofft, dir das niemals erzählen zu müssen, Regal. Es nützt niemandem und bringt nur Kummer, diese Dinge ans Licht zu zerren.«
            Sie sah Regal an und hoffte, sie werde

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