Salz der Hoffnung
war ihr Kopf wieder klarer, und sie schickte Bonnie los, ihr sämtliche Zeitungen zusammenzusuchen, die im Haus aufzutreiben waren, einschließlich derer, die bereits beim Feuerholz in der Küche lagen. Sie war erschüttert, als sie feststellte, daß sie beinah zwei Wochen lang krank gewesen war. Kein Wunder, daß sie sich so schwach fühlte. Wenn sie die Zeitungen studierte, erfuhr sie vielleicht, was in Kopenhagen geschehen war.
Bonnie brachte ihr einen beachtlichen Stapel Zeitungen, und Regal bestand darauf, daß sie sie aufs Bett legte, trotz Bonnies Bedenken, die Decken könnten beschmutzt werden. Regal begann zu blättern und ließ die Bögen, die sie gelesen hatte, zu Boden gleiten. Sie folgte den Zeilen mit dem Finger, damit ihr nichts entgehen konnte, nahm keine der Nachrichten in sich auf, sondern suchte nach Hinweisen auf die Dänen, irgend etwas. Sie hatte fast schon den ganzen Stapel bewältigt, als sie es endlich fand und die zwei Wörter sie praktisch ansprangen: Admiral Juul. Sie riß die Zeitung mit zitternden Händen hoch. Es war nur eine kurze Notiz von wenigen Zeilen, ganz unten auf der Seite, keine wichtige Angelegenheit. Der Verfasser gratulierte dem Kapitän und der Mannschaft der HM Sappho, die in der Nähe von Flamborough Heads mit einem geschickten und mutigen Manöver das dänische Schiff Admiral Juul aufgebracht hatten, das unter dem Kommando eines berüchtigten Freibeuters stand …
Sie sprang aus dem Bett und rief nach Bonnie. »Wo ist Flamborough Heads?«
»Ich weiß es nicht, Madam.«
»Dann geh hinunter in Mr. Howths Arbeitszimmer und hol mir seine Englandkarte.«
Bonnie brauchte ewig, bis sie die zusammengerollte Landkarte aufstöberte, und als sie sie endlich brachte, studierte Regal sie eingehend. Es dauerte ein Weilchen, aber schließlich fand sie heraus, daß Jorges Schiff – wenn er es denn bis zum Schluß kommandiert hatte – in der Nähe von Newcastle-on-Tyne an der Ostküste Englands aufgebracht worden war. Sie würde hinfahren! Vielleicht in ein paar Tagen. Wenn sie sich nur nicht so entkräftet fühlen würde. Sie wankte zum Bett zurück, völlig erschöpft von der Anstrengung, ihr Atem ein mühsames Keuchen. Verluste waren nicht erwähnt worden. Oder nannte man die Verluste bei Kampfhandlungen auf See nicht? Das Wort machte ihr angst. Es bedeutete, daß es eine Schlacht gegeben hatte. Und selbst wenn Jorge unverletzt aus dieser Schlacht hervorgegangen war – wurden Freibeuter nicht aufgehängt? Charles hatte es gesagt und war sich seiner Sache sehr sicher gewesen.
Ein paar Tage lang war Regal die reinste Musterpatientin, tat alles, was Bonnie verlangte, nahm gar die widerliche Medizin, ruhte viel, schluckte auch klaglos das Eisentonikum, denn sie war entschlossen, so schnell wie möglich wieder zu Kräften zu kommen
Maria Collins kam auf einen kurzen Besuch vorbei und brachte Neuigkeiten. »Ich habe einen Brief von William Sorell bekommen. Erinnerst du dich noch an William? Er macht sich ausgesprochen gut als Administrator in Kapstadt, aber ich bin wirklich schwer enttäuscht von ihm.«
»Warum?« Regal war nur mäßig interessiert, zudem lagen ihr ganz andere Fragen auf dem Herzen; Fragen, die Maria ihr vielleicht beantworten konnte, da sie doch so häufig mit hohen Offizieren zusammenkam.
»Nun, das will ich dir sagen. Ich habe den Brief mitgebracht.« Sie holte ihn aus ihrer Tasche. »Hier ist er. Also … Er beginnt wie immer. Sagt, mein David sei berühmt in Kapstadt, seine Kolonie in Van Diemens Land werde in den höchsten Tönen gelobt. Sie sei ja praktisch ihr unmittelbarer Nachbar, wenn auch auf der anderen Seite des großen, südlichen Ozeans und so weiter. Dann erwähnt er seine Frau. Erinnerst du dich an sie?«
»Lieber nicht. Sie konnte mich nicht ausstehen, und das beruhte auf Gegenseitigkeit.«
»Nun, jedenfalls schreibt er: Meine Frau und die Kinder bleiben in England, und ich schreibe Ihnen dies, liebe Mrs. Collins, als einer Freundin und weil ich möchte, daß Sie es von mir und nicht von anderen erfahren. Es scheint, ich habe einen ziemlichen Skandal angerichtet, denn ich habe mich hier in Kapstadt in eine Dame verliebt, und sie sich in mich. «
»William?« Regal lachte, und dabei ging ihr auf, daß es lange her war, seit ihr zuletzt etwas ein Lächeln entlockt
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