Salz der Hoffnung
auf die Suche nach Bonnie. »Fang an zu packen. Ich habe mich entschlossen, doch zu verreisen. Wir fahren auf die Isle of Wight.«
»Oh, das ist gut, Madam. Mrs. Spencer wird sich sehr freuen. Sie sagte, sie hätten die Wochen letztes Jahr dort so genossen und freuten sich schon darauf, Sie dorthin zu begleiten, sobald sie sich besser fühlen.«
»Sie werden aber nicht mitkommen«, beschied Regal. »Ich bin nicht in der Stimmung für Gesellschaft. Nur wir zwei werden fahren. Und nun geh und sag dem Kutscher Bescheid, er soll einspannen.«
Bonnie starrte sie an. »Jetzt? Es ist bald Mittag, zu spät, um aufzubrechen.«
»Keine Widerrede. Wir fahren sofort los. Ohnehin werden wir unterwegs in einem Gasthaus haltmachen müssen, also können wir ebensogut gleich aufbrechen. Sag Hadley, er soll uns bis Portsmouth bringen und dort auf unsere Rückkehr warten. Und er soll sich beeilen. Ich muß zuerst noch auf die Bank.«
Sie wußte, wie ungewöhnlich es erscheinen mußte, ohne einen männlichen Begleiter oder wenigstens einen männlichen Diener auf die Insel zu fahren; aber sie wollte niemanden dabeihaben, der sich einmischen könnte. Sie würde Hadley in einem Gasthaus in Portsmouth unterbringen, was ihm sicher gefiel, denn sie hatte keine Ahnung, wie lange sie auf der Isle of Wight bleiben würde. Sie wußte ja nicht einmal, was sie tun würde, wenn sie dort war. »Mir wird schon etwas einfallen«, sagte sie sich und ging in ihr Zimmer.
Major Martin Reynolds war stolz darauf, daß er zum Kommandanten des Gefängnisses in Yarmouth auf der Isle of Wight bestimmt worden war. Er wußte, andere Offiziere betrachteten den Posten als undankbar und unter ihrer Offizierswürde, doch sie irrten sich. Reynolds war ehrgeizig, verspürte dabei aber keine Lust, einen Arm, ein Bein oder gar das Leben zu verlieren in einem der blutigen Debakel, die seine Vorgesetzten Schlachten nannten. Es gab andere Wege, sich Beförderungen zu verdienen, und der Dienst in diesem Gefängnis war das beste Sprungbrett zu einer Karriere in der militärischen Verwaltung und all den Annehmlichkeiten, die mit solch einem Schreibtischdienst einhergingen. Die Arbeit, die er hier leistete, war wichtig und hielt ihn in ständigem Kontakt mit dem Kriegsministerium.
Seine Untergebenen organisierten den Alltag, gaben sich damit zufrieden, Gefängniswärter zu sein. Doch sein Interesse galt den Verhören, und er führte diese Befragungen gern persönlich durch. Kriege wurden nicht auf dem Schlachtfeld geplant, sondern im Hauptquartier des Kriegsministeriums. Und das Hauptquartier brauchte Informationen. Welch bessere Quelle konnte es dafür geben als gefangene Festlandeuropäer? Er hatte diesen Aspekt der geheimdienstlichen Tätigkeit kennengelernt in seiner Eigenschaft als Adjutant des Generalleutnants Fox und seither nach einer Möglichkeit zur Versetzung Ausschau gehalten. Das Wichtigste sei es zu wissen, wonach man sucht, hatte er Fox immer gesagt, und den Wert von scheinbar zusammenhanglosen oder unwichtigen Informationen einschätzen zu können. Fox hatte ihm recht gegeben.
Beispielsweise hatten die Franzosen immer noch Spione in England, und es war ein nie endender Kampf, diese Verräter ausfindig zu machen und dem Henker zuzuführen. Unter Reynolds’ Führung war ein französisches Nest in Edinburgh ausgenommen worden, und er hatte die Informationen beschafft, die zur Verhaftung mehrerer irischer Rebellenführer geführt hatten. Doch all das waren kleine Fische verglichen mit dem Spionagenetz, das sich die englische Ostküste entlangzog. Sie wußten, daß es existierte, doch diese Agenten waren hervorragend organisiert und ausgerüstet. Es war schwierig, sie ausfindig zu machen, aber Reynolds hatte es beinahe geschafft und war daher sehr zufrieden mit sich. Wenn er diese Sache richtig handhabte, würde er sich den Respekt und den Dienstgrad verdienen, die er für einen lebenslangen Posten im Kriegsministerium brauchte. Dann konnte er sich in London niederlassen, und wenn der Krieg vorbei war, war er der Schlachtbank endgültig entronnen.
Er legte seine weiße Leinenhalsbinde an und verwandte viel Sorgfalt auf den Knoten. Dann streifte er seinen roten Waffenrock über und begutachtete sich im Spiegel. Es war wichtig, stets darauf zu achten, daß seine Uniform in makellosem Zustand war. Die
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