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Salz der Hoffnung

Titel: Salz der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Gefangenen waren so ein verdreckter Haufen, der Kontrast flößte ihnen Respekt vor seiner Autorität ein, demütigte sie und verschaffte ihm bei seinen Verhören den ersten Vorteil. Manche sagten einem alles, was man hören wollte, doch das waren die, die so gut wie nichts wußten. Andere waren die schlimmsten Lügner, denen er je begegnet war, Männer, die die verrücktesten Geschichten erfanden, um ihn zufriedenzustellen oder auch nur für ein Stück Brot. Letztlich taten sie sich keinen Gefallen damit, denn sie verschwendeten seine Zeit und wurden ausgepeitscht, wie sie es verdienten. Aber es gab auch Männer in diesem Gefängnis, die ihm eine wirkliche Hilfe sein konnten, die wußten, was er erfahren wollte. Man mußte sie nur zum Reden bringen. Und früher oder später würden sie reden. Reynolds hatte ein System für schwierige Gefangene entwickelt. Nach jedem Verhör, bei dem sie sich weigerten zu reden, verschärfte sich das Strafmaß, angefangen von Einzelhaft bis hin zur Streckbank. Gelegentlich streute er etwas ein, das er ein ›Gespräch unter Männern‹ nannte. Jedes dieser Verfahren konnte sich als interessant und produktiv erweisen.
            Heute wollte er sich diesen arroganten Dänen Jorgensen noch einmal vornehmen.
            Er machte sich auf den Weg durch kalte, tröpfelnde Gänge, hinab in die feuchten, dunklen Eingeweide dieses Gefängnisses, und wandte sich in Gedanken seiner bevorstehenden Aufgabe zu. Er genoß die Arbeit mit Jorgensen – er betrachtete seine Verhöre als Arbeit –, denn der Gefangene sprach ein exzellentes Englisch, also brauchte er keinen Übersetzer. Wenn man die Hilfe eines Übersetzers in Anspruch nehmen mußte, bestand immer die Gefahr, daß einem etwas Wichtiges entging, doch nur wenige der Ausländer sprachen englisch, und keiner so gut wie dieser Bastard. Und laß dir nichts vormachen, schärfte er sich ein, er ist ein Bastard, ein Überläufer allererster Güte.
            Jorgensen hatte bislang kein Wort von sich gegeben bis auf die Forderung, daß er als Offizier nicht mit den niederen Rängen zusammengesperrt sein wollte. Doch einer seiner Männer hatte damit geprahlt, ›Captain‹ Jorgensen habe einmal in der englischen Marine gedient. Daraufhin hatte der Kommandant eine Eilbotschaft nach London geschickt, um in Erfahrung zu bringen, ob über diesen Mann irgend etwas aktenkundig war. Und das war dann auch tatsächlich der Fall gewesen. Es war ein Schock festzustellen, daß über diesen Verräter nur Gutes berichtet wurde, abgesehen von den anfänglichen Schwierigkeiten nach seinem Zusammenstoß mit der Preßpatrouille. Er konnte ein Hitzkopf sein, ein gefährlicher Gegner. Anfangs hatte Reynolds geglaubt, er habe es hier mit einem typischen Rauhbein zu tun, einem Kraftprotz ohne Hirn, doch Mr. Jorgensen erwies sich als echte Herausforderung. Aber natürlich war es nur eine Frage der Zeit. Jorgensen hatte ein Weilchen in Einzelhaft verbracht, was ihn offenbar kaltgelassen hatte, doch das war nichts Ungewöhnliches. Sie würden weitermachen, einen Schritt nach dem anderen …
            »Ah, Mr. Jorgensen, wie geht es Ihnen heute?« Er trat in die Zelle, die er für Verhöre benutzte, und die Wachen zerrten den Dänen auf die Füße.
            »Captain Jorgensen«, verbesserte der Däne, und Reynolds seufzte. »Nicht schon wieder. Ich habe Ihnen doch bereits gesagt, daß wir bei Piraten keine militärischen Ränge anerkennen.«
            »Ich war Captain der Admiral Juul. Ich bin kein Pirat.« Er setzte sich auf den Schemel am Tisch. Ohne Erlaubnis, aber Reynolds ließ es durchgehen. Er nahm ebenfalls am Tisch Platz und breitete seine Papiere aus. Dann tauchte er die Feder in sein steinernes Tintenfaß und schrieb Datum und Uhrzeit auf eine leere Seite.
            »Vielleicht gefällt Ihnen das Wort Freibeuter besser.«
            »Ich diene als Kapitän in der dänischen Marine.«
            »Seltsam, daß es keine Unterlagen über Ihren Dienst in dieser Marine gibt. Tatsächlich ist nur belegt, daß sie in der britischen Marine gedient haben. Und zwar auf der Ramilles, der Harbinger und der Lady Nelson. Ist das richtig?«
            »Ja.«
            »Glauben Sie lieber nicht, Sie könnten mich für dumm verkaufen, Jorgensen. Sie gehören nicht offiziell der dänischen Marine an, sie haben keinerlei militärische Rechte. Sie sind nicht einmal ein Kriegsgefangener. Sie sind nichts weiter

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