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Salz und Asche - Roman

Salz und Asche - Roman

Titel: Salz und Asche - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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daran denken, dass sie das Essen wahrscheinlich vor ihrem Mann verstecken muss.«
    »Aber ich dachte, sie hätten nun Geld?«
    »Da waren mehr Schulden als Geld. Gisel sitzt längst wieder ohne einen Heller da.«
    »Wo lebt sie?«
    »Nah bei der Saline. Hinter der Sülzmauer. Ich beschreibe dir das Haus. Schick aber keinen von den Männern, es wäre schlecht für Gisel, wenn die Nachbarinnen einen fremden Kerl ins Haus gehen sehen. Nimm dich nur in Acht, dass du Berthold nicht antriffst. Geh am Vormittag oder nach dem Mittagessen, wenn er in der Saline bei der Arbeit ist.«
    »Was arbeitet er?«
    »Er ist Knecht für alles. Früher war er Sieder, dann hat er sich die Arme verbrüht, und sie haben ihm eine andere Arbeit gegeben. Er hielt die Hitze in den Hütten nicht mehr aus. Zu dumm für ihn. Die Hölle wird ihm doppelt zu schaffen machen.«
    »Bist du so sicher, dass er verdammt ist?«
    »Die Wege des Herrn sind unergründlich, sagt der Pastor. Aber wenn der Herr die Welt nur ein bisschen so sieht wie ich, dann steckt er Berthold ins Fegefeuer und vergisst ihn da.«
     
    Nach den Entwicklungen der vergangenen Tage dachte Susanne nicht einen Moment lang darüber nach, ob sie jemanden in ihr Vorhaben einweihen sollte. Sie brach am Dienstagnachmittag mit einem gepackten Korb Richtung
Saline auf. Jede Begleitung lehnte sie unter dem Vorwand ab, dass sie auf dem Weg zur Salzbude, wo die Städter ihr Salz für den eigenen Bedarf erhielten, eine kranke Frau besuchen wollte. Außerdem war es ein heißer Tag, und da es an der Salzbude mitunter Warteschlangen gab, war ihren Schwestern ohnehin nicht sehr daran gelegen, sie zu begleiten.
    Sie trug ein altes Kleid und statt ihrer weißen Haube ein dunkles Kopftuch, um nicht aufzufallen, wenn sie in den ärmlichen Gassen das richtige Haus suchte. Kathis Ratschlag hatte sich ihr eingeprägt.
    Das Salz zu kaufen dauerte nicht so lange wie befürchtet, denn auch die Leute vor ihr erstanden an diesem Tag für ihre Haushalte nur kleine Mengen. Als sie anschließend durch die Gasse hinter der Sülzmauer ging, wehte ihr der Gestank der Gipsbrennöfen am Kalkberg entgegen. Nach Schwefel und faulen Eiern roch es. Es erschien ihr wie ein übles Vorzeichen.
    Das von Kathi beschriebene Haus fand sie rasch. Es handelte sich um ein schmales, zweigeschossiges Fachwerkgebäude mit der einzigen bewachsenen Vorderseite in der Reihe. Kümmerliche Weinranken kämpften an der Fassade um ihr Überleben. Susanne fragte sich, ob sie jemals genug Sonne bekamen, um auch nur zwei oder drei Trauben zu tragen.
    Sie klopfte zögerlich, bereit, sofort den Rückzug anzutreten, falls etwa doch Berthold die Tür öffnen sollte. Stattdessen stand sie kurz darauf einer kleinen Frau gegenüber, die sie verschreckt anstarrte. Ihr unter der fleckigen Schürze vorgewölbter Bauch stand durch seine Größe in einem grotesken Widerspruch zu ihrer Zierlichkeit. »Ich kaufe nichts«, sagte sie. Ihre Stimme passte ebenso zu einer
Maus wie die weit aufgerissenen dunklen Augen und die kleine spitze Nase.
    »Zu verkaufen habe ich gar nichts. Eine Freundin schickt mich. Sie sagt, du machst Kerzen und Dochte. Ich würde mir das gern einmal ansehen. Das hier habe ich dir mitgebracht. Mein Name ist Susanne.«
    Gisel sah sich hastig auf der Straße um und winkte sie dann herein. Erst als sie sich abwandte, fiel Susanne die blaugrüne Schwellung an der Seite ihres Gesichtes auf.
    Das Haus war innen winzig, dunkel und vollgestopft. Schäbige Truhen, auf die Körbe, Haushaltsgerät und Kleidung gehäuft waren, standen auf dem engen Flur im Weg. Der Geruch von heißem Talg schwängerte die Luft.
    Gisel führte sie in die Küche, wo im Winkel vor der Hintertür eine bescheidene Kerzenzieherwerkstatt aufgebaut war. Das gleiche Gerät war auch im Büttnerschen Haushalt vorhanden, und Susanne benutzte es regelmäßig. Hohe Töpfe für den heißen Talg, Stäbe, an denen die unfertigen Kerzen hingen, die immer wieder in den Talg getaucht wurden und so Schicht um Schicht wuchsen. Dann die Gestelle, auf die solche Stäbe zum Aushärten der Kerzen gelegt werden konnten, und ein Korb mit Garn.
    Auf einem Schemel inmitten des Werkzeugs saß ein Mädchen in Susannes Alter und verflocht Leinengarn zu einem Docht. Dem Äußeren nach war sie Gisels Tochter. Sie blickte teilnahmslos auf, als ihre Mutter die Küche wieder betrat.
    Susanne überlief es kalt. Die Schwellung in Gisels Gesicht hatte sie bereits beunruhigt, doch sie war nichts im

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