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Salz und Asche - Roman

Salz und Asche - Roman

Titel: Salz und Asche - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Vergleich zu den Blutergüssen und Schrammen im Gesicht und an den Armen der Tochter. Sie musste sich Mühe geben, sich ihr Entsetzen nicht anmerken zu lassen.

    »Das ist Merle«, sagte Gisel. »Ist mal wieder gestürzt, nicht wahr? Du kennst das, oder?« Sie musterte Susannes Gesicht mitfühlend.
    Susanne überwand ihre Verwirrung rasch, als sie sich an ihren eigenen Bluterguss erinnerte. »Mich hat ein Pferd mit dem Schädel gestoßen. So was kommt vor.«
    »Ja, das kommt vor.« Gisel lächelte zaghaft und wies auf einen freien Schemel, auf dem sie offensichtlich zuvor selbst gesessen hatte.
    Susanne schüttelte den Kopf und stellte ihren Korb auf ein freies Fleckchen des Küchentisches. »Nein, nein, setz dich wieder. Ich bleibe ja nicht lange. Sieh mal, was ich hier übrig habe. Glaubst du, ihr könnt das gebrauchen?« Sie nahm das Tuch vom Korb, hob Brot, Eier und harten Käse heraus und am Ende die Mettwurst, die Liebhild bei den Fleischbänken gekauft hatte.
    Gisel und ihre Tochter betrachteten diese Schätze mit sehnsüchtigen Blicken. »Mein Mann darf das nicht sehen. Er wird wissen wollen, womit ich das bezahlt habe. Und wenn ich sage, es ist geschenkt, dann muss ich es zum Armenstift tragen.«
    »Was ihr schon gegessen habt, das kannst du nicht wegtragen. Magst du Käse?« Susanne tat, als ließe der Gedanke an diesen grausamen Mann sie kalt. In Wahrheit war ihr übel vor Abscheu. Kathi hatte recht, wenn sie Berthold einen festen Platz in der Hölle zuwies. Sie nahm ihr Messer, schnitt Brot und Käse ab und reichte beides den Frauen. Gisels Tochter aß so hastig, dass man fürchtete, sie würde sich verschlucken.
    Ihre Mutter dagegen hielt das Essen in Händen und sah Susanne mit ihren ängstlichen Mäuseaugen an. »Wer, sagst du, hat dich geschickt?«

    »Nur eine Freundin. Sie will euch nichts Böses, und ich auch nicht. Ich würde dich allerdings gern etwas fragen.«
    Gisel nickte und erhob sich ächzend wieder von ihrem Schemel. »Warte.« Mit gehetzten Bewegungen sammelte sie die Lebensmittel ein und wickelte etwas darum, das sie aus einer Ecke hervorgezogen hatte. Es sah aus wie ein schmutziger Unterrock. Zu Susannes Erstaunen trug sie das Bündel durch die Hintertür nach draußen und dort in einen kleinen Schuppen. Sie watschelte beim Gehen, als sie zurückkam, und hielt sich den Rücken. »Gibt nichts, was ein Mann weniger gern anfasst als einen Haufen ungewaschener Wäsche, nicht wahr?« Sie lächelte, doch das Lächeln beschränkte sich auf ihre Lippen. Ihr Blick blieb gehetzt, und über der Oberlippe bildeten sich Schweißtröpfchen. Mit dem Handrücken wischte sie darüber. »Heiß ist es heute. Also, was wolltest du wissen?«
    Susanne sah, wie angespannt die schwangere Frau Richtung Haustür lauschte, und beschloss, es kurz zu machen. Sie trat nah zu Gisel und flüsterte ihr ins Ohr. »Ich brauche dringend Geld, es gibt keinen Ausweg mehr. Es wird herumerzählt, dass ein reicher Herr in der Stadt ist, der einem gewisse Dinge abkauft. Und weil unsere gemeinsame Freundin sagt, du hättest plötzlich Geld gehabt, dachte ich, du weißt vielleicht, wie man ihn erreichen kann.«
    Gisel wich zurück und sah sie entsetzt an. »Berthold hat das Geld beim Spielen gewonnen.«
    Susanne machte ein enttäuschtes Gesicht. »Ach so. Ich dachte, das hättest du nur so gesagt, wo doch eigentlich mit deinem Berthold niemand spielt. Meinst du, er hat dir die Wahrheit erzählt? Vielleicht hat er das Geld ja doch von dem Herrn?«
    Gisel stiegen die Tränen in die Augen, und ihre Lippen
begannen zu zittern. »Kinder wollte der«, stieß sie hervor. »Wir hatten keine Kinder zu verkaufen.« Sie schluchzte, bevor ihre Tränen flossen.
    Susanne streichelte ihr den Arm und fühlte sich schäbig. »Verzeih, ich wollte dich nicht kränken. Ich habe gehört, dass du viel Leid mit deinen Kindern hattest.«
    Gisel ließ sich ihr Streicheln gefallen und schluchzte noch eine Weile, bevor sie sich wieder aufrichtete. »Weißt du, was mein Mann dazu gesagt hat? ›Das ist das erste Mal, dass es mir leidtut, dass keine von den Kröten es länger gemacht hat als eine Woche.‹ Das hat er gesagt. Und weißt du, was ich sage? Ich sage, es war nicht das erste Mal, dass ich froh war, dass sie alle früh gestorben sind. Er hätte sie mir ohnehin spätestens jetzt weggenommen, weißt du? Einfach weggenommen. So ist er. Aber das kennst du, nicht wahr?«
    Obwohl Susanne sich in der Rolle unwohl fühlte, die sie spielte, blieb sie dabei.

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