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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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betrogen worden.
    »Na, was sagen Sie nun zu meinen Schätzen, Doktor?« Wüsthofen setzte sich in einen der Elchsessel.
    Bosch nahm wieder auf dem Sofa Platz. Liebend gern hätte er zuerst über den Turner gesprochen, aber Wüsthofen lachte schon und sagte: »Ich sehe, die Madonna hat Ihnen die Sprache verschlagen, was?« Er beugte sich vor. »Kennen Sie sich denn mit mittelalterlicher Kunst überhaupt aus?«
    Bosch räusperte sich. »Ich habe sogar schon über Michael Pacher gearbeitet, der Flügelaltar in St. Wolfgang. Im Rahmen meiner Habilitation«, sagte er. »Und zur Zeit forsche ich über den Einfluss Nikolaus von Kues auf die mittelalterliche Kunst.«
    »Ach«, meinte Wüsthofen. »Wirklich?«
    Bosch überhörte die Ironie in der Frage seines Gastgebers und nickte. »Beispielsweise in Pachers Auftragswerk für das Reformkloster Mondsee ist der Einfluss von Kues nicht zu übersehen«, sagte er. »Da geht es um die Einheit aller Gegensätze. Und die Harmonie, der durchdachte Aufbau des Altars, der die Gesetze der geometrischen Anordnung zugrunde liegen, ist eines der schönsten Beispiele für das Spätwerk …« Bosch bemerkte Wüsthofens amüsierte Miene und brach seinen Vortrag ab. Ihm war klar geworden, dass sein Gastgeber kein Wort verstanden hatte. »Ich weiß ja nicht, ob Sie das alles interessiert …«
    »Aber sicher doch«, sagte Wüsthofen. »Ich hab ja keine Ahnung von dem ganzen Kram.« Er legte die Fingerspitzen zusammen und musterte Bosch. »Hat Ihnen das alles unser guter Arnulf beigebracht?«
    Bosch räusperte sich erneut. »Professor Salchenegger war so freundlich, mich bei meiner wissenschaftlichen Arbeit zu unterstützen, ja.«
    Wüsthofen lachte. »Gutes Verhältnis zum Chef gehabt, was?«
    Langsam ging Bosch dieses Gespräch nun doch zu weit. Er verkniff sich eine scharfe Antwort und sagte nur: »Ich würde sagen, wir waren eher Freunde.«
    »Ach, ja?«
    »Ja. Arnulf hat mich sogar in Ihre Pläne für die Stiftung eingeweiht.« Michi hätte ihm schließlich nicht davon erzählt, wenn sie ihn nicht als Freund der Familie betrachtete.
    »Ach so … Sie wissen also davon. Und?« Wüsthofen legte den Kopf in den Nacken und musterte Bosch aus halb geschlossenen Augen. »Wie finden Sie die Idee?«
    »Soviel ich weiß, sollten damit junge Künstler gefördert werden«, antwortete Bosch. »Es muss Professor Salchenegger sehr wichtig gewesen sein. Immerhin hatte er doch sein ganzes Vermögen einbringen wollen.«
    »Sein ganzes Vermögen, das allerdings.« Wüsthofen schlug mit der Hand auf die Elchschaufel, die seinem Sessel als Armstütze diente. »Aber glauben Sie mir, lieber Doktor, so viel war das nicht.«
    Er erhob sich und trat zum Kamin, in dem nur noch ein paar schwarz-rote Scheite vor sich hinglommen. Aus dem Korb, der neben der Feuerstelle stand, zog er ein armdickes Holzstück und warf es auf die Glut. Nach einem Moment knackte und zischte es, und die Flammen loderten wieder hoch. Wüsthofen schob die Hände in die Hosentaschen und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Kaminsims.
    »Ganz im Vertrauen, Doktor«, er zwinkerte Bosch zu, »ich bin mir ja nicht sicher, ob es unserem armen Freund wirklich nur um die Künstler ging. Wenn ich so eine Tochter hätte, wäre mir auch jedes Mittel recht, um mein Geld in Sicherheit zu bringen. Kennen Sie denn das Fräulein Salchenegger?«
    Erst jetzt fiel Bosch auf, dass aus der seitlich aufgesetzten Tasche an Wüsthofens Bundhose der Griff eines Jagdmessers ragte. Das Hirschhorn glänzte vom vielen Gebrauch wie poliert. »Flüchtig, nur flüchtig …«
    »Seien Sie froh.« Wüsthofen verschränkte die Arme vor der Brust. »Die hat ihren Vater doch nur ausgenommen. In Wien in Saus und Braus gelebt und vor sich hinstudiert. Arnulf hat das ziemlich belastet. Schließlich hatte er die Idee mit der Kunststiftung. Matteo und ich waren sofort einverstanden, klar. Wir standen ganz knapp vor der Gründung. Da hatte erst Matteo diesen schrecklichen Unfall und dann … na ja, Sie wissen schon.« Er brach ab.
    Bosch musste an die gelbe Biedermeiervilla zwischen den alten Rosenbüschen denken, die Michaela jetzt allein bewohnte. Katharinas Andeutungen über Michis Pilzkenntnisse drängten sich in seine Gedanken. Natürlich verwarf er sie sofort wieder, aber es stimmte schon: Michi war die Nutznießerin von Salcheneggers Tod.
    Dann klatschte Wüsthofen in die Hände. »Na, lassen wir das Spekulieren, Doktor! Nun kriegt die Kleine eben doch das Geld. War

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