Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Man hat auf ihm einst Salz befördert. Vielleicht ist er für Schwarzhandel in Gebrauch? Das würde einiges erklären.“
„Sie haben keinen Grund, uns hier festzuhalten. Wir sind keine Zöllner, und es interessiert mich nicht im mindesten, wer was wohin schmuggelt, um welche Steuern zu umgehen.“ Das war speziell an etwaige Lauscher gerichtet. „Ich weiß noch nicht einmal, was man von hier schmuggeln sollte. Hier gibt es Salz, keine Diamanten.“
„Eventuell können wir sie ja überzeugen, daß sie nichts von uns zu fürchten haben?“ schlug McMullen vor.
„Das habe ich schon versucht. Sie halten uns für verdächtig.“
Die drei Männer blickten einander an.
„Tut mir leid“, sagte McMullen schließlich. „Ich kann mich kaum an gestern erinnern. Die Welt wurde dunkel, und ich bin erst jetzt erwacht.“
„Ich habe Sie bis hierher getragen“, erklärte Delacroix, „und bevor ich Sie noch einmal irgendwohin trage, sollten Sie tunlichst dem Shortbread eine Weile nicht zusprechen.“
„Meine Herren“, unterbrach Udolf. „Gespräche über Kekse werden uns nicht weiterbringen.“
Delacroix unterdrückte ein Schmunzeln. Von Görenczy klang allzu ungehalten. Offenbar hatte er seit ihrer letzten Begegnung an schauspielerischem Talent hinzugewonnen.
„Richtig“, pflichtete er bei. „Nichts von all dem hier ergibt Sinn. Doch ich hoffe, wir werden vernünftig mit den Leuten reden können. Sie hätten uns längst töten können. Statt dessen haben sie uns hierher gebracht. Sicher nicht grundlos.“
„Ich habe jedenfalls die Nase voll“, schimpfte von Görenczy. „Ich bin Künstler und kein Höhlenmensch. Abenteuer mögen ersprießlich zu lesen sein, aber mein Medium ist das Licht, und ich falle von einer geheimnisvollen Höhle in die nächste!“
„Sie malen Landschaften?“ fragte Delacroix.
„Landschaften und Portraits“, antwortete Udolf. „Die Gegend hier ist berühmt. Fabelhafte Bergwelt. Freilich hatte ich nicht damit gerechnet, sie von innen zu erkunden.“ Er machte eine ausladende Geste und zischte schmerzhaft.
„Alles in Ordnung?“ fragte McMullen. „Wie geht es Ihren Verletzungen?“
„Weiß ich nicht. Ich brauche einen Mediziner und keine Höhlenexpedition.“
Delacroix stand auf und ging zur Gittertür.
„Hallo!“ rief er ins Dunkel. „Ist da jemand? Wir sollten reden. Das ist alles nicht notwendig.“
Er erhielt keine Antwort.
Er deutete McMullen mit einer Geste an, daß er das Schloß knacken wollte, doch der Meister schüttelte den Kopf. Das hieß, es war zauberisch verstärkt. Pech. Delacroix war Meister im Knacken von Schlössern. Doch er war kein Zauberer. McMullen und er hatten viele Jahre zusammengearbeitet. Magie aufzuheben, Mesmerismus abzuwehren, Illusionen zu entlarven – das gehörte zu McMullens Obliegenheiten. Er war gut, ein willensstarker Meister des Arkanen. Nicht, daß es nie einen Stärkeren gegeben hätte, doch bislang hatten sie sich gemeinsam immer wieder aus allen mißlichen Lagen befreien können.
Dennoch hatten sie ihre Grenzen. Delacroix mochte ein noch so starker Kämpfer sein, gegen eine Gruppe Bewaffneter hatte er – zumal blind – keine Chance, und McMullen hatte auch schon sehr nachhaltig seine Grenzen zu spüren bekommen, zuletzt, als sie ein halbes Jahr zuvor gegen zwei Fey gekämpft hatten, deren Macht die des Magiers bei weitem übertroffen hatte. Ohne Cérises dunklen Grafen und Corrisandes Opfermut hätten sie das nicht überlebt. Delacroix war damals sicher gewesen, daß Corrisande sterben würde, und sie selbst hatte ebenfalls nicht daran gezweifelt.
Er verdrängte gewaltsam die Erinnerung an die Szene aus seinem Gedächtnis. Er wollte nicht daran denken, daß sie fast für ihn gestorben wäre. Er wollte überhaupt nicht an sie denken, außer daran, daß sie weit weg und in Sicherheit war.
Nur war sie das nicht. Seine Frau war ins magische Feuer getreten, um ihn zu retten, da waren sie noch nicht einmal ein Paar gewesen. Wenn er nicht bald zurückkam, würde sie nicht in Ischl bleiben und warten. Sie würde ihm nachreisen und wieder für ihn durchs Feuer gehen. Zorn flammte in ihm auf – über sich selbst, daß er sich hatte schnappen lassen, aber auch gegen seine Gegner, die die Unverschämtheit besaßen, ihn einzusperren und dann zu ignorieren.
„Gottverdammich!“ brüllte er in den Gang jenseits der Gitter. „Zeigen Sie sich! Reden Sie mit uns! Sie haben kein Recht, uns gefangen zu halten. Wenn Sie Geld wollen,
Weitere Kostenlose Bücher