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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Delacroix‘ Seele kochte und die der Ex-Colonel meist gut zu verstecken verstand. Manchmal fragte er sich, ob der massige Mann jemals sich selbst gegenüber zugab, daß seine gelegentlichen Ausbrüche gewaltsamen Jähzorns ein Überbleibsel des grauenhaften Erlebnisses in seiner Jugend war. Von einem mächtigen Götzen besessen zu sein hatte mehr an ihm verändert als nur die Farbe seiner Augen. Er verbarg seine brodelnde Seele geschickt, doch bisweilen konnte man den kaum schlummernden Vulkan in ihm spüren.
    „Delacroix, denken Sie mit dem Kopf, nicht mit dem Herzen!“ kritisierte er seinen Freund streng. Er brauchte ihn voll konzentriert auf das Hier und Jetzt und nicht mit seinen Gedanken bei seiner Ehefrau. „Wir haben keine Wahl. Von Orven, beeilen sie sich! Von Görenczy, machen sie sich bereit!“
    „Noch eins“, wisperte von Orven von etwas weiter weg. „Wenn Sie Graf Arpad treffen sollten, warnen Sie ihn bitte und nehmen Sie sich der jungen Dame an – sofern sie überlebt hat. Ihr Name ist Charlotte von Sandling. Bitte. Seien Sie so gut!“

Kapitel 43
    Der Mond schien; trotzdem war es sehr dunkel. Die drei Damen hatten eine schmollende Marie-Jeannette in der Poststation zurückgelassen. Mit Laternen bewaffnet wanderten sie am Seeufer entlang, auf der Suche nach einem ruhigen Ort, der nicht einsehbar war und Zugang zum Wasser bot. Sie wußten, sie mußten auch der geheimnisvollsten Spur nachgehen, die sie hatten – dem Wissen, das Corrisande aus dem Wasser holen wollte.
    Sie hatte Angst, die sie nicht zu zeigen versuchte. Es hätte ihre Begleiterinnen nur unnötig nervös gemacht, und sie brauchte sie wachsam und konzentriert. Sie hatte die maßlose Vitalität des Wassers deutlich gespürt und war sich ihrer eigenen Winzigkeit und Unwichtigkeit ihm gegenüber sehr bewußt. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Wasser war bislang immer nur Wasser gewesen.
    Das bißchen Nereidenblut, das in ihr floß, machte sie nicht zu einer Feyon; sie hatte weder das Wissen noch die Macht, sich davor zu schützen, unwiederbringlich in die Fluten gezogen und vereinnahmt zu werden. Sie begriff nur die Gefahr. Sie mußte sich auf ihre Begleiterinnen verlassen, die über solche Dinge so wenig wußten wie sie selbst.
    Doch sie mußten etwas unternehmen, und zwar so rasch wie möglich. Sie hatten den Nachmittag damit zugebracht, behutsam Auskünfte einzuholen. Leicht war es nicht gewesen. Marie-Jeannette hatte freundschaftliche Bande zum Sohn der Ladners geknüpft, und sie schienen sich ausnehmend gut zu verstehen. Trotzdem war der junge Mann nicht sehr mitteilsam, was die wirklich interessanten Dinge anging, auch wenn er sich offenbar gern mit der französischen Zofe befaßte. Möglicherweise wußte er ja nichts. Vielleicht vermied er aber auch nur, über unangenehme Dinge zu reden, wie alle anderen auch.
    Frau Treynstern und Cérise hatten Wirt und Wirtin in eine fruchtlose Unterhaltung verwickelt, während Corrisande die Schlösser der restlichen Gästezimmer knackte und diese durchsuchte. Darin war sie gut, und Frau Treynstern war erstaunt über ihren Wagemut gewesen. Woher sie diese Kenntnisse besaß, hatte sie nicht gefragt. Cérise auch nicht, doch die hatte das nicht erstaunt. Sie wußte ohnehin mehr über Corrisandes Vergangenheit, als sie sollte.
    Philips Besitztümer hatte sie sofort erkannt. Er und McMullen teilten einen Raum. Ihre Betten waren entweder schon gemacht, oder niemand hatte darin geschlafen. Er war bewaffnet losgezogen, seine Handfeuerwaffe und seine Messer fehlten. Sie packte alles wieder weg, um dem Zimmermädchen keinen Anlaß zum Argwohn zu geben. Dann nahm sie sich den nächsten Raum vor. Der schien einem Maler zu gehören. Sie fand Skizzenblöcke, Leinwand, ein unvollendetes Ölgemälde und eine Mappe mit Bleistiftzeichnungen. Sie öffnete sie und besah sich die Zeichnungen. Sie waren gut. Wer immer sie gezeichnet hatte, hatte Talent und eine Vorliebe für schöne Frauen.
    Sie hielt überrascht inne, als sie ein Bild von Marie-Jeannettes Gesicht und Büste fand. Das Dekolleté war unnötig übertrieben, doch der freche Blick der jungen Zofe war gut eingefangen. Merkwürdig – und völlig unerklärlich. Niemand hier hatte sich hingesetzt, um das Mädchen zu zeichnen. Sie hätte gar nicht die Zeit dazu gehabt, Modell zu sitzen, und die Zeichnung sah auch nicht neu aus.
    Also suchte Corrisande weiter und fand noch ein Antlitz, das sie kannte. Diesmal war es ein ziemlich unschmeichelhaftes Bild

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