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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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wagte er jedoch nicht sie anzuzünden, um sich nicht durch den Lichtschein zu verraten.
    Er würde den Wasserfall im Dunkeln finden müssen. Er hoffte, daß es auf dem Weg dorthin keine Fallen und Gruben gab. Er haßte es, seinen Weg an den Felsen entlang ertasten zu müssen, während er nicht einmal sehen konnte, wohin er seine Füße setzte. Angst, wieder in ein finsteres Loch zu fallen, um dort auf den Tod zu warten, durchfuhr ihn eiskalt. Er war kein Feigling, nie gewesen. Im Gegenteil, seine Handlungsweise war eher immer zu draufgängerisch und unvorsichtig. Die unfreiwillige Diät und die üble Lage, in der er sich befunden hatte, mußte ihn erschöpft haben. Er fluchte still in sich hinein.
    Er beneidete Asko nicht um dessen Rolle. Teil eines solchen Unterfangens zu sein – und sei es nur als getarnter Spion – mußte einem auf dem Gewissen liegen, und das Gewissen war Askos schwächste Stelle.
    Er fing sich mit den Händen, als seine Füße auf dem abschüssigen, rauhen Grund rutschten. Der geheimnisvolle Pfad führte eindeutig bergauf. Asko hatte nicht gesagt, daß man den halben Berg erklettern mußte. Er fragte sich, wie weit es noch wäre, ob er auf seinem Weg noch einem Feind begegnen würde und wohin ihn der Wasserfall spülen mochte. Wahrscheinlich in den kleinen See. Er fragte sich auch, ob die Gruppe, die auf der Suche nach der Fey-Emanation war, noch an diesem See sein würde, wenn er ihn erreichte.
    Daß er sie überholen könnte, um vor ihnen bei Ladners zu sein, glaubte er nicht. Es war unmöglich. Damit konnte er nichts für Mrs. Fairchild tun. Sie war stärker und zäher, als sie aussah; vielleicht würde sie entkommen. Oder es würde ihr gelingen, sich aus der Sache herauszureden. Sie sah nicht aus wie eine Feyon, nur wie eine süße, junge Frau.
    Er hoffte, Asko würde nichts Dummes unternehmen. Noch ein halbes Jahr zuvor hätte er Berge versetzt, um dem bezaubernden Mädchen zu helfen. Doch Asko hatte sich verändert.
    Jetzt hörte er den Wasserfall. Er klang nah. Von Görenczy zwang sich, nicht zu rennen. Er stieg blind durch einen Berg. Das tat man besser langsam. Selbst wenn er sich beeilte, würde er es nicht schaffen, Delacroix‘ tapferes Frauchen rechtzeitig zu warnen.
    Nun spürte er die Feuchtigkeit des Gischtnebels. Er berührte Gesicht und Hände wie eisige Spinnweben. Er hatte gehofft, die Öffnung würde seinen Pfad beleuchten, doch draußen war Nacht.
    So ging er auf einen unsichtbaren Wasserfall zu, ohne zu ahnen, wohin er seine Schritte setzte. Der Gedanke, abzustürzen und zu ertrinken, meldete sich mit plötzlicher Heftigkeit. Er hätte Asko fragen sollen, wie weit es eigentlich nach unten ging. Er hatte noch nicht einmal gefragt, ob man durch den Wasserfall laufen konnte oder springen oder daran herunterklettern mußte. Verdammt, sie hatten ihre Hirne nicht beisammen gehabt. Ihm blieb nichts übrig, als es auszuprobieren. In stockfinstrer Nacht, ohne eine Ahnung, wohin es ging, würde er durch einen gottverfluchten Wasserfall gehen. Doch er hatte sich diesen Beruf ausgesucht.
    Plötzlich dachte er an sein Elternhaus. Sein Vater hätte es gerne gesehen, wenn er geheiratet und sich aus dem aktiven Dienst auf den Landsitz der von Görenczys bei Regensburg zurückgezogen hätte. Dort hätte er leben und eine der braven, wohlerzogenen Töchter der adligen Nachbarsfamilien heiraten können. Morgens ausreiten, ein bißchen mit dem Verwalter plauschen, dann Mittag essen, nachmittags mit der Ehefrau Tee trinken, abends den Kindern Gute-Nacht-Küsse geben und schließlich den Tag bei einer Zigarre und einem Glas Frankenwein ausklingen lassen. Er wäre vor Langeweile gestorben. Wenn er jetzt draufging, dann wenigstens nicht aus Langeweile.
    Er gehörte dem feschsten Regiment Bayerns an und hatte ein interessantes Leben. Er konnte sich nicht beschweren. Man respektierte ihn, Scharen hübscher Mädchen mit den unterschiedlichsten Auffassungen von Tugend fanden ihn hinreißend und gestatteten ihm mehr oder weniger Freiheiten, je nachdem.
    Seine Hand verlor den Halt am Fels und faßte ins Wasser. Einen Augenblick lang stolperte er rückwärts. Das Wasser dröhnte und toste in seinen Ohren und überlagerte jedes andere Geräusch. Die Intensität des Lärms hüllte ihn ein und zog ihn in ein eigenes kleines Universum. Feinde verloren an Bedeutung. Nur Wasser blieb.
    Er trat behutsam vor, tastete mit dem Fuß nach sicherem Grund, fürchtete, der Fels unter ihm mochte ganz plötzlich

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