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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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auf, durch die Berge zu fegen. Der Bluttrinker ist nicht einsam, sagte sie nach einer Weile.
    Er ringt mit einer Aufgabe, die zu schwer für ihn ist, sagte die Greisin.
    Er wird scheitern, sagte die Mutter.
    Er tut sein Bestes, sagte die Jungfrau.
    Doch was ist sein Bestes? fragte die Greisin.
    Er hat lieben gelernt, sagte die Mutter.
    Hat er gelernt zu respektieren? fragte die Jungfrau.
    Er hat gelernt, um den Tod zu trauern, den er bringt, sagte die Greisin. Doch er bringt ihn dessen ungeachtet. Es ist seine Art. Er ist, was er ist. Ein Raubtier.
    Auch wir sind, was wir sind, sagte die Mutter. Unendlichkeit des Seins.
    Ja, und Leben, sagte die Jungfrau. Doch Menschen sterben. So ist das eben.
    Sie sahen einen Augenblick lang der Zeit zu, wie sie sich rückwärts wandte und wiederholte.
    Er hat die Römer gesehen und denkt, er sei alt, sagte die Greisin keckernd. Er sollte es besser wissen.
    Er balanciert auf dem schmalen Grat menschlicher Realität, sagte die Jungfrau. Wie ein Hochseilartist tanzt er weit über der Welt, wie sie wirklich scheint.
    Er ist nicht über ihr, sagte die Mutter, sondern mitten darin. Die Menschen haben ihn vergiftet.
    Menschen haben ihn geliebt, sagte die Jungfrau.
    Menschen haben ihn genährt, sagte die Greisin.
    Sie beobachteten, wie ein Fuhrwerk mühevoll bergauf ruckelte. Eine Gruppe Männer schob es, Sklaven der Römer. Ein Sklaventreiber ließ die Peitsche tanzen. Für einen Augenblick gellte Schmerz durch die Wirklichkeit.
    Warum sehen wir uns das an? fragte die Jungfrau.
    Weil es sich nie ändert, sagte die Greisin.
    Weil das größte Talent, das die Menschen haben, ist, anderen Schmerz zuzufügen, sagte die Mutter.
    Wir helfen, wenn wir können, sagte die Jungfrau.
    Wir helfen, wenn man uns bittet, sagte die Mutter.
    Wir helfen, wenn wir es wollen, sagte die Greisin.
    Wenn man uns bittet, helfen wir, wenn wir können und wollen? fragte die Jungfrau. Reicht das?
    Wenn es so wäre, wäre es nicht ausreichend, sagte die Mutter.
    Doch so ist es nicht, sagte die Greisin. Was ist, ist und was sein wird, wird sein. Den Menschen ist die Wahlfreiheit gegeben.
    Doch sie wählen immer wieder den Tod anderer, sagte die Mutter.
    Nicht alle, protestierte die Jungfrau.
    Von einer Ewigkeit zur nächsten gesehen alle, sagte die Greisin.
    Nur in diesen Bergen und nur in diesen Tagen – sind sie nicht alle Meuchler, sagte die Jungfrau.
    Was Menschen anderen Menschen antun, ist nicht unsere Sache, sagte die Greisin. Ihres Unvermögens wegen sind sie ausgestoßen. Sie kennen keinen Frieden.
    Ihrer Liebe wegen ist ihnen verziehen, sagte die Mutter. Liebe kennen sie.
    Die Welt drehte sich wirbelnd, und die drei sahen eine andere Szene, eine Wüste, in der die Sonne wie flüssiges Feuer brannte, einen Wasserfall, der so einzigartig war, daß seine Regenbögen sangen, eine Bergkette, ganz oben an der Spitze des Universums.
    Sie haben singen gelernt, sagte die Jungfrau. Ich mag ihre Melodien.
    Schon waren sie zurück, wo sie eben noch gewesen waren, und lauschten einem Jungen und einem Feyon, die mit ein und derselben Stimme sangen.
    Der Mensch konnte schon singen, ehe er hierher kam, sagte die Mutter.
    Unser Sohn konnte schon Gefühle verweben, noch bevor der ewige Schnee in diesem Teil der Welt schmolz, sagte die Greisin.
    Ich mag seine Melodien, sagte die Jungfrau.
    Jeder könnte seine Melodien mögen, sagte die Mutter.
    So er überlebt, sagte die Greisin.
    Es gibt eine Realität, in der er das tut, sagte die Jungfrau.
    Es gibt eine Realität, in der er im Salz verschwinden wird, sagte die Greisin.
    Laß sie uns besuchen, sagte die Mutter.
    Sie werden uns nicht weiser machen, sagte die Greisin.
    Sie könnten uns traurig machen, sagte die Jungfrau.
    Die Zeit wirbelte nochmals, und die beiden Älteren blickten in das süße, jugendfrische, reine Gesicht ihrer Gefährtin.
    Du hast zu vielen Menschenliedern gelauscht, sagte die Mutter.
    Du hast zu viele Menschenträume erkundet, sagte die Greisin.
    Ihr habt zu oft Menschen aufgegeben, sagte die Jungfrau.
    Sie lächelten einander an und somit doch auch wieder nur sich selbst.
    Werden sie wissen, wie sie uns rufen sollen? fragte die Jungfrau.
    Werden sie wissen, ob sie uns rufen sollen? fragte die Mutter.
    Sie werden nicht einmal wissen, wie sie uns nennen sollen, sagte die Greisin.
    Menschen finden für alles Namen, sagte die Jungfrau.
    Menschen finden für alles Begründungen, sagte die Mutter.
    Menschen finden für alles Begriffe, sagte die

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