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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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fünf. Er sah und fühlte mehr als ein Durchschnittsmensch. Doch was immer McMullen in Delacroix zu empfinden meinte, der Ex-Offizier hatte nicht die Absicht, sich damit auseinanderzusetzen.
    So schwieg er, konzentrierte sich lediglich darauf, nicht mit den Zähnen zu klappern. Es war verteufelt kalt. Beinahe wäre er aufgesprungen, um wieder in der Höhle auf und ab zu laufen. Er erinnerte sich gerade noch rechtzeitig an den Wunsch McMullens nach etwas Ruhe und Frieden. Der ließ immerhin vermuten, daß McMullen schon mehr als eine vage Ahnung hatte, was er zu tun gedachte. Er arbeitete an einer Lösung, die sie hier herausbringen würde – zu Corrisande. Im Kopf hörte er ihre Stimme. Ich liebe dich, sagte sie und klang unglücklich und zerschlagen dabei. Mein Nixchen, dachte er, doch schon war sie wieder verschwunden, der Eindruck ihrer jähen Präsenz verklungen.
    Die Zeit verrann, und die beiden schwiegen. Delacroix sah die Intensität in McMullens Antlitz. Der Magier hielt die Augen geschlossen, seine Lippen bewegten sich wie in stillem Gebet. Nach einer Weile stand er auf und drehte sich um sich selbst. Dabei hielt er die Hände seitlich ausgestreckt.
    „Kommen Sie her. Bringen Sie all unsere Sachen“, brummte er schließlich. Delacroix rappelte sich auf, nahm die Laterne und die Mäntel und trat auf den Gefährten zu.
    „Viel näher. Ich beiße nicht. Sie müssen innerhalb des Radius meiner Arme stehen.“
    Delacroix wünschte sich, wie schon so oft, sein Freund würde etwas ausführlicher Auskunft geben, was er vorhatte. Doch es war immer das gleiche. McMullen erklärte so wenig wie möglich, und Delacroix mußte ihm völlig vertrauen. Leicht fiel ihm das nicht. Er war ein Mann, der seine Lage gern selbst einschätzte, um seine Chancen und Risiken kalkulieren zu können. Meister des Arkanen aber erwarteten blindes Vertrauen.
    Er trat so nah heran, daß ihre Jacketts sich berührten.
    „Nicht bewegen“, befahl McMullen. „Ich weiß nicht, ob das funktionieren wird und was genau geschehen kann. Doch Sie müssen unbedingt innerhalb des Radius meiner Arme bleiben.“
    Delacroix rührte sich nicht. Er stand da wie angefroren, was in Anbetracht der Kälte und seiner feuchten Sachen mehr war als eine leere Phrase. Über sich sah er den dünnen Lichtstrahl, der durch die schwarze Höhle schnitt, und mit einem Mal änderte sich das Licht. Es wurde zum langgestreckten Regenbogen, in seiner Geradheit ein Widerspruch in sich, ein bunter Strahl. Die Farben wanderten langsam die Gerade entlang. Was eben noch eine Säule frühmorgendlichen Lichts gewesen war, schien nun die Konsistenz feinen Grieses anzunehmen. Es surrte, doch Delacroix konnte das Geräusch nicht vernehmen.
    Er konzentrierte sich darauf, sich nicht zu bewegen. Aus den Fingerspitzen McMullens floß ein zartes, goldenes Licht, das sie wie eine transparente Eierschale umgab. Delacroix duckte sich automatisch, als ihm bewußt wurde, wie viel größer er war als der Meister.
    Er war zu langsam. Die goldene Hülle schloß sich über seinem Kopf, berührte sein schwarzes, nasses Haar, und als Nächstes spürte er einen Blitz durch sich hindurch fahren, der in einer Zickzacklinie unerträglichen Schmerzes von Kopf bis Fuß durch seinen Körper schoß. Ihm wurde schwarz vor Augen, und seine Wahrnehmung stülpte sich nach innen. Er sah sein Herz rasen, hörte sein Blut durch seine Adern kochen, konnte seiner Lunge dabei zuschauen, wie sie gegen den Impuls ankämpfte, sich gegen die brennende Luft zu verschließen. Dann sah er den lebenden Mittelpunkt seines Jähzornes. Wie eine zusätzliche Seele, ein fauler Kern aus Haß, reckte ein nur vermeintlich fremdes Geschöpf Ranken von Zerstörungswut durch seinen Körper und betrachtete ihn mit seinen eigenen gelblichen Augen.
    Er zwang sich, den Blick abzuwenden wie von einer Szene, die zu brutal ist, um sie ertragen zu können. McMullen hatte einen Fehler gemacht. Das war alles, was er denken konnte. Dann spürte er, daß er fiel, rasend schnell immer tiefer stürzte, und fragte sich, ob der unausweichliche Aufschlag ihn gleich töten würde, oder ob er noch lange zerschlagen auf den Tod würde warten müssen.
    Er fiel und fiel und konnte gar nichts tun. Es gab nichts zu bekämpfen, obgleich alles in ihm danach drängte, gegen das Unheil zu wüten. Seine Hände zuckten nach einer Waffe.
    Ein Schrei hallte von den Wänden wider. Sein Schrei. Zwei Schreie. Er fragte sich, warum er mit zwei Stimmern schrie, und sein

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