Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
ihm sprechen. Man hat mich vom Kriegsministerium gesandt, um Kontakt mit ihnen herzustellen. Die Fey sind schwer zu finden, wie Sie wissen, und extrem selten. Sie wissen sich gut zu verstecken.“
Charlys Onkel sah besorgt aus.
„Sie sollten wissen, daß ich ihn lieber nicht eingeladen hätte. Ich habe ihn lange nicht gesehen.“
Leopolds Gesichtsausdruck wurde ausgesprochen gehässig.
„Ich weiß, ich weiß. Damals, als Sie unser Land verrieten, war er Ihr Komplize. Sie sind Hochverräter. Sie erinnern sich? Hochverrat wird mit dem Tode bestraft. Doch wir werden großmütig sein. Die Rolle, die Sie im Aufruhr gespielt haben, wird vergessen, sobald Ihr Freund hier auftaucht. Und was ihn angeht, so ist es fraglich, ob er überhaupt unter die österreichische Jurisdiktion fällt. Dem Gesetz nach existiert er nicht. Wir wollen nur mit ihm reden, und ich erwarte, daß Sie sich heraushalten. Seine Sicherheit sollte nicht Ihr Hauptanliegen sein.“
Ihr Onkel antwortete nicht, sah nur unglücklich und voller Sorge vor sich hin. Charly hatte von seiner aktiven Rolle in der fehlgeschlagenen Revolution von 1848 gewußt. Konnte man nach siebzehn Jahren noch für Hochverrat belangt werden? Vermutlich ja. Es war ein Kapitalverbrechen. Die Jäger – oder was immer sie wirklich waren – hatten Traugott in der Hand.
Sie wußte, er tat es auch für sie. Wenn man ihn henkte, würde sie ganz alleine zurückbleiben, und niemand würde um die Hand der Nichte eines verurteilten Hochverräters anhalten.
Doch um sich selbst machte sie sich wenig Sorgen. Vielmehr sorgte sie sich um den Feyon, selbst wenn die Männer nur mit ihm sprechen wollten. Wahrscheinlich war es besser, sie erhielten dazu keine Gelegenheit. Sie mußte ihn warnen. Am späteren Abend, hatte Onkel Traugott gesagt. Das konnte bedeuten, daß er bald hiersein würde.
Aber was, wenn sie ihn aufhielt und er nicht kam? Was würden die Männer mit ihrem Onkel machen, wenn der Sí nicht erschien? Würden sie ihm glauben oder neuen Verrat vermuten?
Sie konnte den Feyon nicht warnen, ohne Traugott zu gefährden. Doch sie nahm sich vor, in der Nähe zu bleiben und ihm wenn nötig zu helfen. Sie würde mitspielen, als wüßte sie von nichts. Leopold war zu Besuch gekommen, und sie war nur an ihrem zukünftigen Bräutigam interessiert. Das würde er sicher gern glauben.
Sie plante, noch einige Minuten hierzubleiben und sich dann in den Salon zu begeben. Sie würde Anna nach den Herren schicken. Sie konnten die Hausherrin und Gastgeberin nicht gut warten lassen. Auf diese Weise würde sie anwesend sein, wenn dieser Graf Arpad kam. Das sollte ihn beschützen.
Leopold fuhr fort: „Wenn der Feyon kommt, möchte ich, daß Sie uns mit ihm alleinlassen. Sorgen Sie dafür, daß uns niemand stört, und halten Sie Charlotte da raus. Sie sollte einer solchen Kreatur nicht begegnen.“
Charly knirschte mit den Zähnen. Er hatte kein Recht, für sie zu entscheiden. Es war ihr Leben, ihr Haus, und er war noch nicht ihr Ehemann. Sie hatte Menschen satt, die für sie entschieden, wen sie treffen durfte und wen nicht.
Es klopfte an der Tür zum Speisezimmer. Anna trat ein und kündigte den späten Gast an.
„Graf Arpad.“
Ein schmaler junger Mann trat in den Raum. Er sah vollkommen menschlich aus, nicht wie Sevyo. Groß und schlank war er, sein schwarzes Haar bedeckte die Ohren, sein Lächeln war höflich und so elegant wie seine ganze Erscheinung. Er sah überwältigend aus. Seine dunklen Augen schienen voller Geheimnisse zu sein.
Sein Körperbau und die Art, wie er sich bewegte, waren das einzige, was sie an Sevyo erinnerte. Er wirkte vielmehr wie ein normaler Mann, ein Mensch, ein Herr aus gutem Hause. Sie wäre nie auf den Gedanken gekommen, er könnte ein Feyon sein.
Er hielt inne, und seine Augenbrauen hoben sich überrascht. Die Tür hinter ihm schloß sich.
„Guten Abend“, grüßte er und blickte ein wenig argwöhnisch in die Runde. Er hatte keine Abendgesellschaft erwartet. Es war etwas Katzenhaftes an ihm. Er wirkte sprungbereit. Sein Blick flog durch den Raum, spiegelte eine halbe Sekunde lang Überraschung und jähes Erkennen wider.
„Guten Abend, Graf Arpad“, entgegnete Onkel Traugott, und der Mann wandte sich ihm zu. „Bitte entschuldigen ...“
Charly sah nicht, wie Leopold die Waffe hob. Zwei Schüsse gellten, und der Feyon taumelte. Doch er fiel nicht. Er fing sich, stand, blickte überrascht auf zwei helle Blutflecke, die sich rasch auf seiner Brust
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