Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
und hielt sich das Gesicht. Sie brauchte ihre ganze Entschlossenheit, um mit ihm zu sprechen, und sie wußte, daß er sie beben sah. Sie haßte es, ihm gegenüber Schwäche zu zeigen. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst, und du hast absolut kein Recht, mich hier gefangen zu halten. Ich bin nicht dein Eigentum, und ich kann gehen, wohin ich will. Dies ist mein Haus, und ich will, daß du und deine Mörderbande es verlassen. Schnellstens. Du bist hier nicht willkommen.“
„Wir haben lange gebraucht, um diesen Feyon zu finden, und wir benötigen ihn dringend. Ich weiß nicht, wie du es geschafft hast, ihn zu befreien, aber ich weiß, du warst es. Dein Onkel schläft. Ich habe ihm ein Mittelchen verabreicht – und dein Personal kooperiert. Die Bediensteten wissen, was gut für sie ist. Also bleibst nur du. Wo hast du ihn versteckt?“
Sie gab keine Antwort, sah ihn nur an und zwang sich zu einem Lächeln. Seine grünen Augen blitzten. Sein Mund verzog sich zu einer wütenden Grimasse. Beinahe hätte sie diesen Mann geheiratet. Ihn zu ehren und ihm zu gehorchen, in guten und in schlechten Zeiten. Ihre Wange brannte von dem Schlag, den er ihr verabreicht hatte, doch es war ihr klar, daß er sich zurückgehalten hatte. Wie einem unartigen kleinen Kind hatte er ihr eine Backpfeife erteilt.
„Letzte Chance. Raus damit. Jetzt!“
„Fahr zur Hölle. Da gehörst du hin!“ erwiderte sie und war schockiert von ihrem eigenen Mut sowie ihrer unpassenden Wortwahl. Halb erwartete sie den nächsten Schlag, doch er ließ sie in Frieden.
Er lachte und trat zurück.
„Kraitmair“, sagte er, und seine Stimme klang plötzlich sehr sanft. „Sie haben zehn Minuten, die Wahrheit aus ihr herauszubekommen. Wie, das überlasse ich voll und ganz Ihnen.“
Er verneigte sich zynisch, verließ den Raum und schloß die Tür hinter sich. Ihr wurde kalt vor Angst. Jetzt wurde es ernst. Sie sah den untersetzten Mann an, der auf sie zutrat. Warum war sie nicht mit dem Feyon geflohen? Warum war sie nicht durchs Fenster in die Nacht verschwunden, als sie das noch konnte? Der Mann griente.
„Küß die Hand“, grüßte er sie, „so trifft man sich wieder. Wollen mal sehen, ob ich dir nicht Fügsamkeit beibringen kann.“
Sie erwartete einen Schlag, machte sich auf den Aufprall gefaßt, doch es kam anders. Er trat näher und streckte die Hände nach ihr aus, umfaßte ihre Brüste. Finger krallten sich in ihr Fleisch, und im nächsten Moment stieß er sie rückwärts aufs Bett. Sie schrie vor Schock auf, begriff mit einem Mal, daß sie die Gefahr wieder falsch eingeschätzt hatte. Sie zu schlagen war nicht sein Plan.
Sie schrie, während er blitzschnell über ihr war. Eine Hand griff ihr ins Haar und hielt ihren Kopf, während seine Zunge über ihre Lippen leckte. Die andere zerrte ihre Röcke nach oben. Sie fuhr ihm mit den Fingernägeln durchs Gesicht, und er fing ihre Handgelenke wie vorher Meyer, hielt sie jedoch mit weitaus mehr Rücksichtslosigkeit. Seine Knie schoben sich zwischen ihre, dann spürte sie sein Gewicht auf ihr.
Sie schrie weiter, wand sich unter ihm, hörte Stoff reißen, fühlte, wie seine Hand ihr Haar losließ und an seiner eigenen Kleidung nestelte. Sie war hilflos, zu schwach, ihn zu bekämpfen und zu entsetzt, um sich irgendeine sinnvolle Abwehr auszudenken. Er würde sie entehren, und Leopold hatte ihm die Erlaubnis dazu erteilt.
Die Darstellung des Geschlechtsakts aus dem Folianten ihres Onkels flog ihr durch den Sinn, mit all den minuziösen Details. Sie wußte, was er tun würde. Sie konnte nichts dagegen unternehmen, und gleich würde ihr schlecht werden.
Dann flog er rückwärts, sein Gewicht verließ sie urplötzlich. Sie hörte nur ein trockenes Geräusch, einen Schmerzenslaut.
Meyer stand neben dem Bett, sein Gesicht voller Ekel. Er hatte Kraitmair von ihr fortgezogen und ihm gleichzeitig einen Schlag aufs Kinn verpaßt. Ein Sessel fiel um. Doch ihr Angreifer sprang bereits wieder auf, schäumend vor Wut.
Im gleichen Moment glitt eine dunkle Gestalt durchs Fenster in den Raum, flüchtig wie ein Schatten, unglaublich schnell, und noch bevor Kraitmair seine Wut in Worte fassen konnte, brach sein Genick im Griff einer eleganten, schmalen Hand.
Stille senkte sich über den Raum.
„Schreien Sie, Fräulein von Sandling“, befahl Meyer leise, ohne sich zu ihr umzusehen. Doch sie brachte nur ein Wimmern hervor, während sie sich die Röcke schamhaft über die Beine zog. Die Peinlichkeit ihrer Lage
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