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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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durchaus der Konkurrenzneid zu Grunde liegen. Also sollten wir packen, ein Boot mit Ruderer bestellen und weiterreisen.“
    Corrisande seufzte.
    „Ja. Das sollten wir wahrscheinlich, obgleich ich zugebe, daß mir gar nicht wohl bei dem Gedanken ist, nur ein paar dünne Bretter zwischen mir und so viel Wasser zu haben.“
    „Das haben Sie mit Arpad gemeinsam“, sagte Frau Treynstern. „Er haßt es, größere Gewässer überqueren zu müssen.“
    „Nun“, erwiderte Corrisande, „ich denke, die Gründe dafür sind wahrscheinlich doch sehr unterschiedlich. Aber etwas anderes: Wir sind vier Personen mit viel Gepäck. Wir werden vermutlich nicht in ein Boot passen.“
    „Dann mieten wir eben zwei“, beschloß Cérise und erhob sich vom Frühstückstisch. „Ich bin sicher, wir finden ein paar nette, entgegenkommende junge Männer, die uns über den See rudern.“
    Corrisande war es gleichgültig, ob die Ruderer nett oder jung waren, solange sie sie sicher zum anderen Ende des Sees brachten. Doch sie behielt den Kommentar für sich.
    „Haben Sie denn nichts Praktischeres anzuziehen?“
    „Corrisande, Sie werden wohl kaum erwarten, daß ich mich in einer Aufmachung der Öffentlichkeit stelle, das auch nur im Entferntesten dem Kleidungsstück ähnelt, mit dem Sie uns heute erfreuen. Was um Himmels willen ist das? Ein Tenniskostüm?“
    „Ein Sportkleid, eigens für Damen entworfen, die sich mit athletischer Betätigung gesund halten möchten, Cérise. Fürs Gebirge genau das Richtige.“
    Sie sah an sich hinab. Graue Herrenhosen fielen auf geschnürte Halbstiefel, ein gebauschter Dreiviertelrock bedeckte gerade die Knie. Für gesellschaftliche Ereignisse war dies gewiß die falsche Bekleidung. Sie war für Fechtstunden, Tennis oder ähnliche Betätigungen gedacht. Darin konnte man sich weitaus besser bewegen als in dem goldbraunen Seidentraum, den Cérise Denglot für diesen Tag ausgesucht hatte.
    „Sehr praktisch, meine Liebe“, kommentierte Frau Treynstern, die eine Damenversion der landesüblichen Jagdtracht in Grau- und Grüntönen trug und somit quasi in die Landschaft paßte, „und gewagt, wenn ich mal so sagen darf.“
    Corrisande schmunzelte. Keine der beiden Damen wußte, daß sie vor Jahren als Junge verkleidet in Häuser eingebrochen war, um Juwelen den Besitzer wechseln zu lassen. Das war ein größeres Wagnis gewesen. Das Sportkostüm war nur ein wenig skandalös, und das auch nur für die konservativeren Gemüter, und die beiden Damen in Corrisandes Begleitung konnten wohl kaum konservativ genannt werden, sonst hätten sie den geheimnisvollen Grafen Arpad nie zu ihrem Liebsten gewählt.

Kapitel 31
    Die Zeit schenkte ihm neue Erkenntnis. Sie schien so flüchtig. Manchmal raste sie, dann wieder kroch sie. Er hörte Wasser und spürte die Tropfen auf seiner Haut. Er brauchte eine Weile, um Haut als solche zu begreifen, zu verstehen, daß sie ihn einschloß, er in ihr weilte und die Welt durch sie erfühlte.
    Dies war auch seine Erkenntnis. Er war eine Kreatur. Er war nicht aus Fels und Wasser gemacht, obgleich Letzteres ihn einlud, mit ihm zu kommen und mit der Zeit selbst um die Wette zu rasen. Anfangs verstand er diese Einladung nicht, dann versuchte er, sie zu ignorieren, schließlich lehnte er sie ab. Das machte ihn stolz, denn es hieß, daß er eine Entscheidung gefällt hatte. Wenn er das konnte, so verfügte er über einen freien Willen. Wer selbständig dachte, mußte leben.
    Fortschritt. Die Feststellung, daß er lebte, war ein Fortschritt. Gleichwohl mangelte es ihm an Wissen, wo die Wirklichkeit und wo Träume anfingen und endeten. Der letzte Gedanke beunruhigte ihn, denn er schien sich zu entsinnen, daß er der Herr der Träume war. Er spann sie, wickelte sie und wob sie zu Harris-Tweed. Ungebeten fuhr der Ausdruck, den er mit Wollstoff assoziierte, durch seinen Geist, und er versuchte, ihm zu seinem Ursprung zu folgen. Doch er verirrte sich. Eben noch da, war der Begriff schon wieder aus seiner Realität verschwunden und hinterließ nur die Spur einer bedeutungsleeren Silbe.
    Diese Silbe tönte in seinem Gemüt und hallte von den salzigen Wänden wider. Was hatte er da nur gedacht und was damit gemeint?
    Träume. Er hatte über Träume gegrübelt. Ein Kichern erklang, nicht von außen, sondern von innen, aus der sicheren Umhüllung seiner eigenen Haut, und es gluckste durch seinen Körper. Er war Traummeister, und sie hatten ihm das nicht nehmen können. Nach und nach gewann er Kraft

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