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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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sie hätte direkt in seine geblickt. So tat sie es nicht, saß nur wie eine steife Puppe da, gebeugt und geknickt. Nur ihre eigenen Hände sah sie, die abgebrochenen Nägel, die zerkratzte, zerschundene, undamenhafte Haut. Ihre langen Beine in den grauen Beinkleidern hatte sie brav nebeneinander gestellt und den Jägerhut tief ins Gesicht gezogen, als verstecke sie sich in dessen Schatten. Ihr krauses, dunkles Haar versuchte bereits wieder, aus dem Versteck hervorzukriechen.
    Es wäre wohl besser gewesen, wenn Sie sich hätte ausweinen können, eine Szene machen oder sich einfach einmal gehen lassen. Doch das tat sie nicht. Sie versuchte nur, nicht dazusein, indem sie nicht aufsah, sich nicht rührte, nicht sprach, nur dasaß wie ein seelenloses Etwas.
    Der junge Schotte saß hinter ihnen. Ein- oder zweimal drehte sich Sophie um, um zu sehen, ob es ihm gutging, und er lächelte sie an. Er beäugte die Gegend erstaunt, erfreute sich an der Landschaft, der warmen Sonne, dem Gesang der Vögel. Er entdeckte sein Leben wieder, und ohne viel dabei zu tun, wirkte er so lebendig, wie das Mädchen tot wirkte.
    „Ist die Welt nicht wunderschön?“ fragte er mit einem Mal, und seine hellen Augen waren rund vor Begeisterung.
    „Ja, das ist sie wohl“, erwiderte Frau Treynstern höflich. „Man braucht schon viel Vorstellungskraft, um nicht zu vergessen, daß sie auch voller Feinde ist, die uns jeden Augenblick angreifen könnten. Es sieht alles so friedlich aus. Werden Sie jetzt zurück nach Schottland reisen?“
    „Zu meinen Eltern, ja“, sagte er. „Onkel Aengus denkt, ich sollte bei seiner Loge studieren. Er glaubt, ich hätte ein Talent für das Arkane entwickelt.“ Er lächelte reumütig. „Meine Eltern werden nie mehr mit mir reden.“
    „Doch, natürlich werden sie das“, gab Sophie zurück. „Sie werden froh und glücklich sein, Sie lebendig wiederzuhaben. Alles andere wird ihnen gar nichts ausmachen.“
    „Sie kennen meine Eltern nicht, Frau Treynstern“, seufzte er.
    „Das ist allerdings richtig“, meinte Sophie, und die Konversation versickerte.
    Frau Treynstern beobachtete wieder den jungen Offizier, wie er mit wohlgesetzten Bewegungen das Boot voranbrachte. Vielleicht litt er ja selbst auch. Wenn das so war, so verbarg er es gut. Sein entschlossenes Kinn war der Welt entgegengereckt, seine blaßblauen Augen suchten nach Gefahren, die plötzlich auftauchen mochten. Mr. Fairchild hatte davon abgeraten, gleichzeitig den See zu überqueren. Sie boten ein zu gutes Ziel, sagte er. Doch niemand mochte zurückbleiben, und so hatten sie seinen guten Rat ignoriert.
    Der Gedanke, ein gutes Ziel zu sein, behagte Sophie nicht. Es war eine beunruhigende Vorstellung, doch gleichzeitig fühlte sie sich auch entrüstet. Noch vor ein paar Tagen war sie eine respektable Witwe in begüterten Umständen gewesen. Jetzt war sie ein Ziel. Diese Entwicklung war erschütternd.
    Die flache Plätte landete am Ufer an, der steinige Boden kratzte geräuschvoll gegen das Holz. Leutnant von Orven sprang aus dem Boot, machte es fest und stand bereit, ihnen herauszuhelfen. Ian nahm seinen Arm an und grinste ein wenig betreten dabei. Der Junge wäre vor ein paar Wochen sicher allein aus dem Kahn gesprungen, doch die letzte Zeit hatte ihn Kraft gekostet.
    Sophie nahm die starke Hand, die sie sicher aus dem Boot geleitete. Seine Berührung war beinahe zu fest, doch sehr sicher. Dies war keine höfliche Geste, sondern wirkliche Unterstützung. Wäre sie gefallen, er hätte sie gehalten.
    Sie drehte sich nach Charlotte um, die im Boot aufstand und unsicher zum Bug kletterte. Die Plätte schwang unter ihrer Bewegung herum, fast wäre sie ins Wasser gefallen. Eine starke Hand griff nach ihrem Arm, zog sie an Land, und sie wehrte sich bereits, bevor sie noch mit den Füßen auf dem Trockenen stand, riß sich los, schlug um sich. Der junge Mann ließ sie sofort los, hielt jedoch den Arm noch ausgestreckt, um sie abfangen zu können, falls sie doch noch fiel.
    Diesmal sah sie ihm direkt ins Gesicht. Ihr Mund öffnete sich, als wollte sie etwas sagen, doch sie schloß ihn nur wieder, drehte sich um und begann zu gehen. Sophie nahm wieder ihre Position neben dem Mädchen ein. Fast erwartete sie, daß der Soldat seinerseits etwas sagen würde, doch auch er blieb stumm. Es war der junge Ian McMullen, der die bleierne Stille unterbrach.
    „Es tut mir so leid“, sagte er. „An alldem bin ich schuld.“
    „Nein“, sagte Sophie und wandte sich

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