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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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des Wassers hatten versucht, ihm begreiflich zu machen, daß in seiner eigenen Zeitlinie nur eine recht kurze Zeit verstrichen war, nur ein paar Stunden.
    In dieser Realität jedoch, was immer sie sein mochte, war er scheinbar schon ewig auf engstem Raum mit dem Meister des Arkanen eingepfercht und mit einem Wesen, das er aus tiefstem Herzen verabscheute.
    „Wir haben nur ein paar Momente gebraucht, um die andere Ebene zu erreichen, als wir fielen“, hatte er argumentierte. „Also sollte uns der Rückweg nicht mehr Zeit kosten.“
    „Ihr hattet Hilfe“, erklärte der Sí. „Sehr mächtige Hilfe, oder ihr hättet euch auf direktem Weg ins Nichts katapultiert. Ihr habt zu tun versucht, was weit über die menschlichen Fähigkeiten hinausgeht. Der Versuch schon ist Frevel. Ihr wärt nicht einmal mehr Staub, hätten die Saligen euch nicht geholfen. Es sollte euch mit Stolz erfüllen, daß ihr ihnen wichtig genug wart, euren Sturz in die Ewigkeit abzufangen. Sie mischen sich nur sehr selten ein.“
    Wer diese Saligen waren, hatte er nicht erklärt. Er erklärte auch nicht, wer das Ungeheuer war, das sie geweckt hatten. Er sagte nur knapp, es sei die rasende Wut. McMullen hatte versucht, die Sache zu besprechen, Fragen zu stellen, mehr zu erfahren. Doch der schuppige Mann mit dem grünen Haar hatte eine Art, Fragen zu beantworten, die mehr Unklarheiten aufwarf, als aus dem Weg räumte.
    Stunden um Stunden hatte Delacroix still und reglos im Boot gesessen, seine großen Hände gegeneinander gepreßt. Er knirschte mit den Zähnen. Er hielt seine Geduld beinahe physisch fest, klammerte sich an Bilder aus seinem Gedächtnis wie an eine Rettungsleine. Es war ein schwieriges Unterfangen, eine Herausforderung, fast eine Bedrohung. Wann immer er an Corrisande dachte, begann der Nackte ihm gegenüber eigentümlich zu lächeln. Diese Reaktion ließ Delacroix vor Zorn kochen. Ein oder zwei Mal hatte die Kreatur auf eine lässig unverschämte Weise Kommentare über seine Frau abgegeben. Das letzte Mal war Delacroix aufgesprungen und hatte den Sí angegriffen.
    Das Boot schaukelte bedenklich. McMullen schrie auf, und Delacroix erwachte einige Zeit später aus tiefer Bewußtlosigkeit mit allen Anzeichen eines Katers wie nach einer übel durchzechten Nacht. All seine Muskeln schmerzten. Sein Kopf dröhnte. Ihm war speiübel.
    Erreicht hatte er den Grünhaarigen nicht. Er hatte kein Schutzamulett. Er hatte kein Kalteisen für den Kampf. Er war hilflos und unterlegen, und er haßte diesen Zustand.
    „Das war töricht“, schalt McMullen.
    „Sehr töricht“, pflichtete der Wassermann bei. „Wie zu erwarten.“
    Delacroix knurrte.
    McMullen legte ihm die Hand an die Schläfe. Sein physischer Schmerz wurde erträglich. Es blieb das Bewußtsein der Niederlage.
    Sie hatten den Fluß verlassen. Eine Vision von Wasser umgab sie, eine Idee von Fels. Manchmal durchquerten sie Höhlen unendlich langsam, glitten durch den Boden hoch bis in die Decke oder von einer Seite zur anderen, oder sogar wieder abwärts und zurück in den unwahrscheinlichen Stein. Stunden, Tage vergingen, Zeit angefüllt mit Frustration und unterdrückter Wut.
    „Ich bin am Verhungern“, hatte Delacroix schließlich gebrummt.
    Tatsächlich mußten sie nicht hungern. Früchte und Wasser erschienen in regelmäßigen Intervallen nach der ersten Hungerbekundung, und McMullen bedankte sich höflich bei ihrem Gastgeber, der sie nur herablassend anblickte und mit den Schultern zuckte.
    „Werden wir dabei alt werden, während wir versuchen, auf unsere Existenzebene zurückzufahren?“ fragte McMullen und versuchte erneut, etwas mehr von dem nackten Fährmann zu erfahren.
    „Alt werden ist das, worum es in einem Menschenleben primär geht, Sterblicher“, war die Antwort. „Alt werden und sterben. Hingegen geht es nicht darum, den fleischgewordenen Jährzorn selbst im Abgrund der Zeit zu wecken, weshalb man es als Sterblicher tunlichst unterlassen sollte. Doch der Jährzorn hat seine Krallen tief in deine Seele geschlagen, Gatte einer schönen Nereide. Hast du keine Angst, daß du ihr irgendwann einmal weh tun und sie umbringen wirst, wenn du deinen Zorn nicht mehr beherrschst?“
    Delacroix schielte hoch zu der Kreatur, ohne seinen Kopf zu heben. Er unterdrückte mühsam seine Aggression, die wie eine brodelnde Welle durch ihn hindurch schwappte, und zwang sich, regelmäßig zu atmen.
    „Nein“, gab er zur Antwort und entschloß sich, die Frage nicht als Beleidigung

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