Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
soll eine Entscheidung uns helfen? In einer rundum geschlossenen Höhle gibt es nicht viel zu entscheiden“, gab Cérise Denglot säuerlich zurück und setzte sich auf einen wundersam warmen Eisblock.
„Das mag sein, trotzdem sollten wir uns klar werden, was wir tun wollen, wenn wir hier herauskommen. Jammern hilft uns nicht weiter. Also, was wissen wir bis jetzt?“
„Philip und McMullen verstecken sich im Berg, sind den Männern entkommen – das wissen wir. Ob man sie wieder gefaßt hat, ist unklar. Wie es ihnen geht, wissen wir auch nicht – oder wo sie sich aufhalten.“ Corrisande versuchte, sachlich zu klingen, was ihr jedoch nicht ganz gelang. „Ich weiß, daß sie in Gefahr sind, weil ich das Gesicht dieses … Monstrums … gesehen habe.“ Sie schauderte.
Die Sängerin fuhr fort.
„Arpad ist in den Berg gebannt, das wissen wir – allein oder mit einer jungen Frau, die noch leben mag oder nicht. Diese Männer versuchen, ihn zu fangen und in einer Maschine umzubringen. Doch er ist stark und findig und hat Talente, die sie vielleicht nicht vermuten. Sie haben allerdings auch sehr starke arkane Unterstützung. Der arme Liebling ist wahrscheinlich schon lange in keiner so unguten Situation mehr gewesen.“ Jetzt, da Cérise Denglot ihre Empörung überwunden hatte, klang sie ganz ruhig.
„Sehr lange“, bestätigte Frau Treynstern mit einem kleinen Seufzer. „Wir wissen auch, daß die Männer bewaffnet und skrupellos sind. Und sie sind nicht nur hinter Arpad her, sondern hinter jedem Feyon, den sie kriegen können. Die Drei finden, wir sollten das Problem lösen. Ich frage mich, warum. Nachdem ich ihre Macht gespürt habe, denke ich, sie könnten die ganze Menagerie einfach niederschmettern und zerquetschen, wenn sie wollten.“
„Vielleicht halten sie nichts vom Niederschmettern und Zerquetschen“, murmelte Corrisande. „Ich kann mir kaum vorstellen, daß sie Sintfluten, Feuer und Schwefel auf einen herniederregnen lassen würden. Ich hatte eher das Gefühl, daß die schlimmste Strafe, die sie für uns hätten, die wäre, die Menschen ihrer eigenen Dummheit und Brutalität zu überlassen.“
„‚Großes Unheil braut sich in diesen Bergen zusammen‘“, zitierte Frau Treynstern, „‚wird gemacht, konstruiert, geschaffen von Männern, von Menschen.‘“
„‚Und es müssen Menschen sein, die es verhindern‘ “ , fuhr die Sängerin fort.
„Der kleine Abschnitt der Wirklichkeit, der uns zugedacht ist, muß auch von uns bewahrt werden“, fügte Corrisande hinzu.
„Das Böse der Menschen muß von Menschen bekämpft werden“, sagte Frau Treynstern.
„Die Liebe der Menschen ist unsere größte Stärke“, wiederholte die Sängerin.
Eine Weile schwiegen sie.
„Wenn wir jetzt in einem Berg sind, auf dem ein Bann liegt, dann kann er die Drei nicht gestört haben“, schloß Corrisande.
„Sie können Visionen weben, Menschen durch Felsen führen, und Eis wärmen, ohne daß es schmilzt. Vermutlich könnten Sie sehr wohl das verhindern, was hier vorgeht“, sagte Cérise Denglot.
„Sie haben jedoch uns dazu erwählt. Weil wir lieben. Sie haben uns nie versprochen, daß wir die Männer, die wir lieben, lebend hier herausbekommen“, sagte Corrisande.
„Doch sie wissen sehr wohl, daß wir es versuchen werden“, sagte Frau Treynstern. „Weil wir verzweifeln müßten, täten wir es nicht.“ Sie hüstelte peinlich berührt, als ihr klar wurde, daß sie eben wieder im Revier der Sängerin gewildert hatte. Doch diese nahm nur ihre Hand und drückte sie aufmunternd.
„Also müssen wir es mit einem Trupp gut ausgerüsteter, mordlustiger Männer aufnehmen, und einem Arkanum-Spezialisten, der vermutlich zur Bruderschaft gehört.“ Corrisande seufzte. „Diese Fanatiker sind gänzlich ohne Skrupel und tun die grausamsten Dinge, wenn sie meinen, sie erfüllten einen ‚guten Zweck‘. Als sie mich im Frühjahr gefangen hatten, haben sie versucht, mir die Augen auszustechen – einfach nur so. Sie hatten sogar ein Spezialwerkzeug dafür, ganz wie wohlgerüstete Handwerker. Ich konnte die Freude des Mannes, der es tun wollte, deutlich fühlen. Er liebte seine Aufgabe.“
„Mein armes Kind …“ Frau Treynstern hatte den Teil der Geschichte noch nicht gehört und war sichtlich erschüttert.
„Ich habe es überlebt, Sophie. Und sie nicht. Ich habe Angst vor ihnen, das stimmt, doch vielleicht nicht so viel Angst, daß ich lieber davonrennen würde, als sie zu bekämpfen, wenn ich
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