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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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aufzufassen, sondern als echte Frage. „Ich werde ihr nie weh tun. Weil …“, ich sie liebe, führte er in Gedanken fort. Doch er sagte: „… sie mein ist. Sie untersteht meinem Schutz.“
    „Und du glaubst, sie wird sicher sein – unter deinem Schutz?“
    Jetzt hob Delacroix den Kopf und blickte in das ausnehmend schöne, ebenmäßige Gesicht des Fährmannes. Keine Falte, keine Sorgenspur, nicht einmal ein Lachfältchen. Makellos wie Marmor.
    „Sagen Sie es mir!“ forderte er den Sí auf. „Sie wissen doch so viel. Sagen Sie mir, ob sie bei mir sicher sein wird.“
    Der Fährmann zuckte mit den Schultern und wirkte zum ersten Mal ein wenig betreten.
    „Die Saligen könnten es dir sagen. Doch sie würden es vermutlich nicht tun. Ich selbst ziehe es vor, mit dem Strom der Zeit zu ziehen anstatt gegen ihn. Die Untiefen und Strudel der Wahrscheinlichkeiten sind mir Spielwerk, aber nicht Heimat.“
    Delacroix verstand nicht und blickte fragend zu McMullen. Der Meister zuckte nur mit den Schultern.
    „Wer sind diese Saligen?“ fragte der Magier.
    „Solltest du das nicht wissen, Meister des arkanen Herumfummelns, der so gern mit der Zeit herumspielt?“
    „Sollte ich?“
    „Bist du nicht ein gelehrter Mensch?“
    „Bin ich das?“
    „Was tust du hier, wenn du das nicht bist?“
    „Müssen Sie jede Frage mit einer Frage beantworten?“
    „Hast du nicht gelernt, daß Fragen Antworten sein können, wenn man die richtige findet?“
    „Habe ich die richtige denn gefunden?“
    „Was genau hast du denn gefragt?“
    McMullen starrte ihn an.
    „Wer sind diese Saligen?“
    „Glaube, Liebe, Hoffnung“, sagte der Sí und lächelte.
    „Und das ist meine ganze Antwort?“
    „Hast du eine andere erwartet?
    „Ich habe eine erwartet, die ich verstehen kann.“
    „Ich mag mich dazu herablassen, dir zu antworten, Sterblicher, doch dafür, daß du meine Antwort auch verstehen kannst, kann ich nicht sorgen. Selbst mir wäre diese Aufgabe zu aufwendig.“
    McMullen gab auf.
    „Wie Sie wollen“, murmelte er säuerlich.
    „Natürlich“, gab der Sí zurück. „Alles, wie ich will. Und was ich will. Und mit wem ich will.“
    „Und das lassen die Saligen zu?“ fragte McMullen. Es war ein Schuß ins Blaue, doch er traf. Eine winzige Sekunde lang blickte der Fährmann unwirsch.
    „Sie mischen sich selten ein“, sagte er einen Augenblick zu spät. McMullen lächelte. Diesmal hatte er offenbar die richtige Frage zu stellen gewußt. Die Saligen mußten eine Art höhere Instanz sein.
    Delacroix fuhr sich mit der Hand durch den Bart, der das einzige Anzeichen dafür war, wie lange sie nun schon hier in diesem Boot saßen. Mehrere Tage, vermutete er. Mehrere gottverdammte, endlose Tage. Er saß hier fest in einem verfluchten Boot mit einem Möchtegern-Philosophen mit grünen Haaren und einem schottischen Meister des Arkanen, der die falschen Fragen stellte.
    Wenn er sich vielleicht nur richtig anstrengte, mochte er in seinem Bett aufwachen mit einer schlaftrunkenen Corrisande neben sich. Er würde sie zu sich heranziehen und diesen Alptraum in einer sanften Umarmung begraben. Ihre weichen, braunen Locken würden ihn im Gesicht kitzeln und ihre kleinen, schmalen Hände einen Weg in sein Schlafgewand finden.
    „Sie liebt gelbe Augen“, sagte der Sí und blickte ihn aus gelben Augen an.
    „Fahr zur Hölle!“ zischte Delacroix.
    „Du bist dem Ort näher als ich“, gab der Sí grinsend zurück. „Doch das ist eine metaphysische Angelegenheit und erfordert somit einen Sinn für Perspektive. Hast du einen Sinn für Perspektive, Gatte einer entzückenden Meerjungfrau?“
    „Nein, aber dafür habe ich einen wirklich schönen langen, schwarzen Bart“, erwiderte Delacroix und fühlte eine gewisse Befriedigung darüber in sich, daß seine Aussage so wenig Sinn ergab wie die seines Gesprächspartners.
    Der Sí sah ihn verdutzt an und begann dann zu lächeln.
    „Steht dir ausgezeichnet. In Kürze wird er grau sein. Und nur wenige Augenblicke später wirst du kahl sein. Und impotent.“
    Delacroix spürte eine Hand auf seiner Schulter, die ihn niederhielt. Doch er hatte nicht vorgehabt, aufzuspringen und einen weiteren Kampf zu verlieren.
    „Sollten Sie nicht vielleicht Ihre Saligen nach der Wahrscheinlichkeit, daß das geschehen wird, befragen?“ fragte McMullen.
    „Es sind auch deine Saligen“, gab der Sí zurück.
    Sie tauchten in den Fels ein, von unten nach oben und seitwärts. Ihr Kurs war so unergründlich wie

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