Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sam Aus Dem Meer

Sam Aus Dem Meer

Titel: Sam Aus Dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
Vom Netzwerk:
schrecklicheren Moment durchlebt zu haben als diesen. Vor ein paar Stunden hatte er sie noch angelacht und ihre Schokoriegel gegessen, und jetzt hatte ein böses Schicksal ihn ihr genommen. Ein unnötiger Unfall, sinnlos und grausam. Bestimmt war er in die Höhle getaucht und nicht mehr heraus gekommen.
    Und wenn er noch lebte? Unmöglich. Sie war schon seit Minuten in der Höhle. Es war zu spät. Oder?
    „Ich hol dich da raus, Sam“, flüsterte sie. Sie ließ den Rucksack fallen, streifte hastig die Schuhe ab und war eine Sekunde später im kalten Wasser. Die Wasserhöhle lag zu tief. Sie musste selbst mit dem Kopf untertauchen, um ihn zu erreichen. Laine hielt die Luft an und ging in die Knie. Sie tastete umher und fühlte seine Hand, eiskalt und glatt. Fast hätte sie geschrien, aber dann zog sie an seinem Arm und fühlte kaum einen Widerstand. Laine tauchte auf und zog Sams leblosen Körper mit sich. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass es so einfach ging. Er klemmte gar nicht fest. Sie hielt ihn in den Armen und spürte ihre Tränen, brennend und heiß, über ihr Gesicht laufen. Sie hob seinen Kopf aus dem Wasser. Sie erschrak, als sie sah, dass die Schnitte hinter seinem Ohr aufgeweicht und anscheinend aufgerissen waren. Es lief sogar ein wenig Wasser heraus, als sie seinen Kopf ans Ufer bettete. Und dann hustete Sam plötzlich. Seine Augenlider flatterten und er öffnete den Mund, wie um nach Luft zu schnappen.
    „Sam!“, schrie Laine. „Oh mein Gott!“
    Sam spuckte Wasser aus und gab ein röchelndes Geräusch von sich. Und dann hob sich sein Brustkorb in einem mühsamen Atemzug. Laine hielt ihn mit all ihrer Kraft über Wasser. Es war geradezu unmöglich, dass er noch lebte, aber in diesem Moment war ihr das völlig egal.
    Sam ist nicht tot , war das Einzige, was sie denken konnte.
    Danke lieber Gott, ich danke dir.
    Sam schlug die Augen auf und erschrak im ersten Moment, bis er sie erkannte.
    „Laine …“, flüsterte er benommen. „Was ist denn passiert? Was machst du hier?“
    „Du wärst fast ertrunken. Ich hab dich rausgezogen. Was um Himmels willen hast du denn da gemacht? Es ist ein Wunder, dass du noch lebst. Du warst minutenlang unter Wasser.“
    Sam richtete sich auf, und sie ließ ihn los. Im Licht der Taschenlampe, die am Ufer lag, konnte sie nur sein Gesicht sehen.
    „Ich habe geschlafen“, sagte Sam.
    „Und dabei bist du ins Wasser gerutscht?“, fragte Laine. „Das gibt’s doch gar nicht. Du musst das doch gemerkt haben! Ich hab gedacht, ich werde wahnsinnig, als ich dich im Wasser gesehen habe. Ich bin hergekommen, um mit dir zu reden, wegen gestern. Es tut mir leid, dass ich so aufdringlich war. Ich wollte dich nicht bedrängen. Ich will nur mit dir befreundet sein …“
    „Laine“, unterbrach er sie. „Du solltest nicht hier sein. Das ist alles meine Schuld. Ich habe einen Fehler gemacht, für den ich jetzt bezahlen muss und vielleicht auch Andere. Es tut mir sehr leid.“ Er sah sie traurig an.
    „Nein, Sam. Es war kein Fehler, ganz bestimmt nicht. Du kannst mir sagen, wovor du weggelaufen bist, und ich helfe dir dann. Und mein Vater bestimmt auch. Er kennt sich gut mit so was aus.“ Sam schüttelte den Kopf.
    Er fasste Laine an den Oberarmen und sein Griff war erstaunlich stark.
    „Pass gut auf Laine, was ich dir jetzt sage.“ Er klang sehr ernst, und Laine fühlte einen Hauch von Furcht. Sie nickte.
    „Du wirst dich wahrscheinlich jetzt sehr erschrecken, aber du sollst wissen, dass ich dir nichts tun will. Dir passiert nichts. Versuch bitte einfach, ruhig zu bleiben.“
    Laine fühlte, wie sich sein Griff noch verstärkte. Es tat beinahe weh.
    „Lass mich los, Sam. Ich verrate dich nicht ans Jugendamt, aber bitte lass mich los.“
    „Dafür ist es leider zu spät. Ich habe dir vertraut, und jetzt vertraust du mir, in Ordnung?“
    Sie zitterte, aber sie nickte.
    „Du hast mich nicht gerettet, als du mich rausgezogen hast. Ich habe unter Wasser geschlafen“, sagte Sam.
    Laine bekam noch mehr Angst. Vielleicht war Sam doch geistesgestört und aus einer Anstalt abgehauen.
    Ganz ruhig, Laine, sagte sie sich. Du kommst hier nur raus, wenn du ruhig bleibst.
    „Niemand kann so lange die Luft anhalten, Sam“, sagte sie so gefasst wie möglich. Hinter Sam bewegte sich etwas unter der Oberfläche. Laine schrie auf: „Da ist was hinter dir! Da ist irgendwas Großes im Wasser!“
    Sam hielt sie fest, als sie sich aufbäumte.
    „Ruhig Laine, das bin nur ich. Ich hab ja

Weitere Kostenlose Bücher