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Sam Aus Dem Meer

Sam Aus Dem Meer

Titel: Sam Aus Dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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haben wir uns verstanden? Hier geht es um mehr. Das ist ein einzigartiges Projekt. Private Querelen sind völlig fehl am Platz, also reiß dich gefälligst zusammen. Anscheinend vergisst er bei Stress, über die Lunge zu atmen. Das muss unbedingt verhindert werden. Ich will nicht, dass er uns auf der Liege erstickt!“
    „Ich hab’s kapiert“, sagte Bill mit unterdrückter Wut.
    Abernathy legte ihm die Hand auf die Schulter.
    „Schon gut, mein Junge. Es war ein langer Tag für uns. Wir sollten für heute abbrechen. Wir haben die Blutproben und der Rest kann warten. Ich schlage vor, wir bringen unseren Goldfisch ins Aquarium und hauen uns ein paar Stunden aufs Ohr. Bestimmt tut es ihm gut, wenn er im Wasser ist. Er muss sich erst mal beruhigen und sich hier einleben.“
    „Wie haben Sie das Meerwasser so schnell in das Becken bekommen?“
    „Gar nicht. Das ist normales Salzwasser. Es müsste in Ordnung für ihn sein. Wir sind hier unzureichend ausgestattet und müssen halt improvisieren. Kann man in der kurzen Zeit auch nicht anders erwarten. Fass mal mit an, wir tragen ihn besser zu zweit runter.“
    Sie trugen Sam die steile Schwimmbadtreppe hinunter und legten ihn in das flache Wasser. Abernathy ließ ihn langsam unter die Oberfläche sinken.
    „Faszinierend. Er schaltet auch im bewusstlosen Zustand automatisch auf Kiemenatmung um“, sagte Abernathy. „Sieh dir das an, Bill.“
    Bill trat näher.
    „Ein Wasser atmender Fischmensch. Stell dir mal die Möglichkeiten vor, die sich daraus ergeben. Die Erkenntnisse, die wir gewinnen können. Das hier sprengt alles, alle vorhandenen Forschungen, alles, woran wir geglaubt haben. Ich hoffe, er lebt lange genug, dass wir alle Ergebnisse kriegen, die wir brauchen.“
    Bill sah auf. „Sie meinen … er könnte dabei drauf gehen?“
    „Das ist nicht unwahrscheinlich. Das Problem ist seine hohe Intelligenz. Er weiß, dass er ein Gefangener ist, und dass wir ihn nicht ins Meer zurückbringen. Wir können ihm kein Gehege bauen wie einem Fisch und für ihn die Natur simulieren. Wir können ihm nichts vormachen. Er wird nicht sein natürliches Verhaltensrepertoire zeigen. Wir wissen nicht, welche Verhaltensweisen normal sind, welche Stress bedeuten, gar nichts. Wir wissen nicht, welche Werte, die wir von ihm erhalten, durch Stress, Krankheit oder Mangelerscheinungen verfälscht sind. Wir haben weder ein Weibchen für ihn noch einen anderen Fischmenschen. Wir müssen ihn also zwangsläufig isoliert halten. Er wird versuchen, uns zu entkommen. Vielleicht wird er vor Einsamkeit depressiv, krank oder versucht, sich umzubringen. Wir wissen nicht, wie sozial er ist. Wir müssen mit all dem rechnen. Und ihn so lange es geht am Leben erhalten, damit wir so viel wie möglich über ihn erfahren.“
    Bill schluckte. Er hatte darüber noch gar nicht nachgedacht. Laine würde ihn in Einzelteile zerlegen, wenn Sam etwas geschah und sie erfuhr, dass er schuld war. Genau genommen würde sie ihn bereits jetzt umbringen.
    „Und wenn wir doch an die Öffentlichkeit gehen?“, schlug er vor.
    „Glaubst du wirklich, sie überlassen uns den Fund des Jahrhunderts? Wissenschaft gehört keinem. Aber sie werden ihn uns trotzdem wegnehmen. Wenn das bekannt wird, sind wir raus. Nein, die einzige Chance ist, dass wir alle möglichen Daten in unseren Besitz bringen, alles dokumentieren. Wir müssen die Ersten sein. Und dann können wir neu entscheiden. Dabei müssen wir uns zuerst auf sein Verhalten und alles, was nur am lebenden Objekt erforschbar ist, konzentrieren. Und jetzt lass uns ein bisschen schlafen, solange unser Prinz hier noch friedlich ist.“
    Abernathy stand auf und kletterte aus dem Schwimmbad.
    Bill blieb noch kurz stehen und sah auf Sam hinunter. Alle paar Sekunden pumpte er automatisch Wasser durch seine Kiemen. Das war faszinierend, aber Bill wollte an Sam nichts Fantastisches finden. Genau betrachtet, war Sam auch nur ein Lebewesen. Er konnte nicht zaubern oder irgendwas Übersinnliches tun. Ja, eigentlich war er Laine auf Dauer ein Klotz am Bein. Er war kein richtiger Kerl, kein Mann, sondern ein Junge, der ständig Hilfe brauchte, wenn er an Land war, dachte Bill. Im Grunde unattraktiv. Bestimmt war Laines Begeisterung für ihn nur durch das Neue, Unbekannte entstanden … Bill seufzte, weil er wusste, dass er sich wieder etwas vormachte.
    „Was soll’s. Ist mir auch egal, wenn du abkratzt“, flüsterte er.
    „Kommst du?“, rief Abernathy von oben. „Ich hab ein

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