Sam Aus Dem Meer
schleunigst ab, sonst kann ich dich hier nicht brauchen. So, dann wollen wir unseren Prinzen mal aufwecken.“
Er zog eine Spritze auf und nutzte den Venenzugang, um das Mittel zu injizieren.
Bill sagte nichts dazu. Er hatte mit dem Anblick von Blut kein Problem, aber etwas an der Art, wie Abernathy mit Sam umging, erschreckte ihn. Hatte er ihn wirklich als Tier bezeichnet?
Vielleicht hat er es anders gemeint …
Abernathy strich Sam über die Stirn.
„Wach auf, Junge. Er heißt Sam, nicht wahr? Das hebt die Wirkung der Betäubung auf. Müsste jetzt recht schnell gehen.“
Abernathy klopfte Sam leicht an die Wange. Sam stöhnte leise und bewegte den Kopf ein wenig.
Bill dachte an Laine. Wie sie wohl reagieren würde, wenn sie merkte, dass ihr Freund verschwunden war?
Er versuchte sich vorzustellen, wie es sich anfühlen würde, wenn Stacey auf einmal weg wäre. Würde er sie suchen? Überraschenderweise lautete die Antwort in seinem Kopf: nicht unbedingt. Und wenn Laine spurlos verschwinden würde? Bill zwang sich, sich auf die aktuelle Situation zu konzentrieren. Er hatte gewonnen. Sam und Laine waren getrennt. Er triumphierte über den Jungen, der ihn vor allen anderen gedemütigt hatte. Aber es fühlte sich in der Realität weniger gut an, als in seiner Vorstellung … und Abernathy handhabte Sam wie ein Versuchskaninchen. Aber war das nicht abzusehen gewesen? Was zum Teufel hatte er denn erwartet? Dass sein früherer Biolehrer Sam erst mal einsperren und nur beobachten würde?
Und wenn schon, dachte Bill. So schlimm ist das auch wieder nicht. Er bringt ihn ja nicht um.
Und außerdem war das der Plan. Und Sam hatte sich eine Strafe verdient mit seiner Poolaktion und dem naiven Getue … Bill fühlte die alte Wut wieder in sich aufsteigen und der kleine Anfall von Mitleid war rasch vorbei.
Sam gab ein paar sirrende Laute von sich.
Mit einem Griff nahm Abernathy das Diktiergerät und schaltete es ein.
„Mein Gott … weißt du, was das sein könnte?“
„Nein“, sagte Bill, und es interessierte ihn auch nicht besonders.
„Das ist wahrscheinlich seine Sprache! Er ist so benommen, dass er nicht unsere, sondern seine Sprache spricht!“
Bill konnte die Begeisterung des Docs nicht so recht teilen. Er hatte Sam von Laine wegbringen und sich rächen wollen. Dass sein Vater eventuell dem Studium seines Sohnes zustimmen würde, wenn Bill mit einer biologischen Sensation aufwarten konnte, hatte er sich zwar innerlich als guten Grund zurechtgelegt, aber eigentlich war das zweitrangig, und wie Bill seinen Vater kannte, hätte nicht mal ein Yeti ausgereicht, um die Harvard-Debatten zu beenden. Es gab nichts auf der großen weiten Welt, womit er seinem Vater imponieren konnte. Bill musste sich eingestehen, dass es ihm gefallen hatte, wenigstens bei Abernathy Begeisterung ausgelöst zu haben, nachdem er ihm das Video gezeigt hatte. Aber das gute Gefühl des Teamworks verflüchtigte sich bereits. Sam wurde schon wieder zur Hauptperson, und obwohl er hilflos und betäubt auf einer Liege lag, und ihm sicher keine angenehme Zeit bevorstand, fühlte Bill eine fast schon kindliche Eifersucht. Sam war wirklich etwas Besonderes, eine Weltsensation, eine wahr gewordene Legende. Sollte Abernathy irgendwann die Presse informieren, würden sich alle begeistert auf Sam stürzen. Die Mädels würden seinetwegen kreischen, die Zeitungen über ihn schreiben und die Wissenschaftler vor Begeisterung ausrasten. Wenn Sam so was wie Bürgerrechte erwarb, würde er Filmverträge angeboten bekommen, mit Prominenten abhängen und irgendwelche Deppen würden Bücher über sein Leben schreiben … und Bill, sein Entdecker, würde in den Hintergrund treten. Genau wie ein Buchautor, der einen Bestseller geschrieben hatte, würden alle auf den Hauptdarsteller der Buchverfilmung stehen, nicht auf den Urheber der Geschichte. Das lag in der Natur der Sache. Bills Lippen bildeten einen schmalen Strich vor Wut.
Sam stöhnte wieder. Seine Augenlider flatterten.
„Hörst du mich, Sam?“, fragte Abernathy ruhig.
„Du brauchst keine Angst zu haben. Alles ist gut.“
Sam blinzelte. „Wer bist du?“, fragte er.
Abernathy lächelte.
„Ich bin Dr. Abernathy. Wie geht es dir, Sam?“
Sam hob die Flosse etwas an und ließ sie wieder auf die Liege zurückfallen.
„Warum kann ich mich nicht bewegen?“, flüsterte er.
„Damit du dich nicht verletzt. Das ist nur zu deiner Sicherheit. Du musst dich erst an diese Situation
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