Sam Aus Dem Meer
Feierabendbier im Kühler für uns.“
Laine saß auf einem Stein vor Sams Höhle und wartete. Sam war nicht zurückgekommen. In ihrem Kopf wirbelten hundert Möglichkeiten und Theorien, wo er sein könnte und warum er sie alleingelassen hatte.
Vielleicht ein Notfall in seiner Familie? Hätte er ihr dann ein Zeichen hinterlassen, eine Nachricht, irgendwas? Der kleine Anhänger war sicher nicht als Zeichen gemeint. Sie hatte ihn ja einfach so im Sand gefunden. Vielleicht hatte Sam ihn dort verloren. Andererseits war Sam ein Suchertyp, der alles aufraffte, was er von Menschen fand. Er ließ nie etwas herumliegen. Laines Handy meldete den Eingang einer SMS.
Alles in Ordnung, Süße? Warte auf dich, Liz.
Das ist Gedankenübertragung, dachte Laine. Nichts war in Ordnung. Sie schrieb zurück.
Sam ist verschwunden. Warte seit Stunden auf ihn. Komme bald heim, HDL Laini.
Laine stand auf. Die McDonald’s Tüte ließ sie in der Höhle stehen, falls Sam nachts zurückkam. Er würde dieses Zeichen verstehen. Traurig machte sie sich auf den Heimweg.
Laine lag in ihrem Schlafsack und starrte die Zeltwand an. Sie konnte die Ungewissheit kaum ertragen. Es war alles perfekt gewesen zwischen ihr und Sam. Es gab keinen Grund für ihn, einfach so zu verschwinden. Oder? Laine überlegte und überlegte. Hatte sie irgendwas getan, hatte sie einen Fehler gemacht? War die Party zuviel für ihn gewesen, hatte er doch im Nachhinein Angst bekommen?
Nein , entschied sie. Das war einfach Blödsinn.
Liz riss den Zelteingang auf.
„Hast du’s schon mitbekommen? Die olle Stace ist tierisch sauer auf Bill! Er ist während ihrer Party einfach abgehauen! Hat ihr heute nicht mal ne SMS zum Geburtstag geschickt! Ist das nicht Hammer? Solltest mal sehen, wie die draußen abgeht. Hey Süße, was ist denn? Immer noch wegen Sam?“
Laine nickte. Ihre Augen brannten ein wenig.
Ich will nicht weinen, dachte sie. Er wird zurückkommen.
„Mensch Laini … so kenn ich dich ja gar nicht. Er ist doch nur ein Kerl … und Kerle sind so. Die machen so ne Scheiße. Wirst sehen, morgen steht er wieder auf der Matte.“
Laine schüttelte den Kopf. „Sam ist anders. Er ist eben nicht so. Deshalb mach ich mir ja Sorgen.“
„Du meinst, ihm ist vielleicht was passiert?“, fragte Liz.
„Keine Ahnung. Vielleicht … ist jedenfalls komisch, dass er einfach so weg ist. Das hat er noch nie gemacht.“
„Noch nie … Mensch Laine, du kennst ihn doch erst ein paar Tage. Woher willst du wissen, wie er drauf ist? Und dann ist da noch diese Geschichte mit der Sekte … ohh, was, wenn sie ihn gefunden und zurückgeholt haben?“
„Nein, haben sie nicht“, sagte Laine.
„Wieso, wie willst du das wissen?“
„Weil es keine Sekte gibt.“
„Hat er das gesagt?“
„Ich weiß es.“
Liz stöhnte und ließ sich neben Laine auf ihren Schlafsack fallen.
„Verknallten kann man nicht helfen. Das weiß jeder. Aber ich mach’s trotzdem. Komm her.“
Liz nahm ihre Freundin in die Arme.
Bill wachte auf und wusste erst nicht, wo er sich befand. Dann sah er die leere Liege gegenüber, auf der Doc Abernathy geschlafen hatte, und setzte sich auf. Sie hatten sich in einem der an das Schwimmbad grenzenden Räume Schlafplätze eingerichtet. Bill war das ganz recht. Er wollte weder nach Hause noch zu Stacey zurück, die bestimmt wütend auf ihn war. Auf seinem Handy waren bereits zwanzig Funken sprühende SMS eingegangen, aber er hatte sie ignoriert. Um Stacey konnte er sich immer noch kümmern.
Bill rutschte von seinem improvisierten Bett und griff nach seinen Kleidern. Er zog sich Shorts und T-Shirt an und ging barfuß in die Schwimmbadhalle. Dr. Abernathy saß auf einem Stuhl am Beckenrand und nahm soeben einen Schluck Kaffee.
„Morgen, mein Junge. In der Kanne ist noch Kaffee. Bedien dich“, sagte er.
„Danke“, sagte Bill und griff nach der bereitgestellten Tasse. Er warf einen Blick in das Becken.
„Ist er nicht herrlich?“, fragte Abernathy in schwärmendem Tonfall. „Ich könnte da stundenlang zusehen.“
Sam schwamm zügig in dem Becken umher. Er schien wieder voll da zu sein.
„Er ist unglaublich schnell. Stell dir vor, er hätte freie Bahn im Meer … das wäre ein Anblick. Ein wunderbares Geschöpf.“ Abernathy nahm noch einen Schluck Kaffee.
Bill rührte schlecht gelaunt in seiner Tasse.
Er konnte sich durchaus etwas Besseres zum Frühstück vorstellen, als Schwärmereien von Sam.
Sam schoss durchs Wasser und seine
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