Sam Aus Dem Meer
Rückenflosse schnitt die Oberfläche. Dann tauchte er auf und sah zu Abernathy hoch.
„Hallo, mein lieber Sam. Wie gefällt es dir in deinem neuen Zuhause?“, rief Abernathy freundlich.
„Es gefällt mir nicht. Ich will sofort wieder zurück!“ Sam schlug so wütend mit der Fluke aufs Wasser, dass es bis zu Abernathy hinauf spritzte.
„Hat das Wasser die richtige Temperatur für dich?“, fragte Abernathy, ohne auf Sams Forderung einzugehen.
„Dieses Wasser ist tot. Es ernährt mich nicht. Es ist kein Meerwasser!“, beschwerte sich Sam.
„Interessante Bemerkung“, sagte Abernathy. „Ich werde tun, was ich kann, Sam. Im Moment müssen wir hiermit vorlieb nehmen.“
Sam antwortete nicht und tauchte ab. Er schwamm in die hintere Ecke des Beckens und ließ sich auf dem Grund nieder.
„Wir sollten bald zur Tat schreiten, Bill. Ich werde gleich noch los fahren und ein paar Kanister Meerwasser besorgen. Das Salzwasser scheint ihm nicht zu genügen, und irgendwas muss er ja trinken. Es wäre gut, wenn du ihn aufs Trockene schaffen könntest, bis ich zurückkomme. Ich bin in spätestens fünfzehn Minuten wieder da. Kriegst du das hin?“
„Wie denn?“, fragte Bill und ärgerte sich, weil er direkt nach dem Aufstehen wieder für die schwere körperliche Arbeit eingeteilt wurde.
„Siehst du das Netz da drüben? Du wirfst es über ihn und ziehst ihn dann raus. Es reicht, wenn er aus dem Wasser ist. Wir bringen ihn dann zusammen hoch. Wenn es Schwierigkeiten gibt, warte einfach, bis ich zurück bin. Ich möchte ihn eigentlich nicht schon wieder betäuben. Nur, wenn es nicht anders geht.“
„Wie soll das denn anders gehen? Er wird sich wehren, das ist doch klar“, sagte Bill und ging zu dem Netz, um es sich anzusehen.
„Nun ja, ich habe gehofft, dass wir vielleicht mit ihm reden können. Vielleicht können wir ihn zur Kooperation bewegen. Wenn wir zu grob mit ihm umgehen, dann fasst er niemals Vertrauen zu uns.“
„Ich denke, das haben wir gestern versemmelt“, stellte Bill fest. „Er will doch schon jetzt nichts mehr von uns wissen.“
Abernathy stand auf und ging am Schwimmbadrand entlang.
Sam lag zusammengerollt an der tiefsten Stelle des Beckens, sodass die Fluke sein Gesicht bedeckte.
„Oh, oh, da schmollt aber jemand“, sagte Abernathy schmunzelnd. „Aller Anfang ist schwer. Er braucht eben Zeit, sich an uns zu gewöhnen.“
„Was ist denn das hier?“, fragte Bill und stieß mit dem Fuß leicht an einen länglichen Gegenstand. „Sieht aus wie ne Harpune.“
„In der Spitze sitzt eine Dosis Betäubungsmittel. Ist nur für den Notfall“, erklärte Abernathy.
„Ich komme klar mit ihm, Doc. Wir sehen uns dann gleich“, sagte Bill.
„Gut, mein Junge. Ich bin froh, dass ich so einen tüchtigen Assistenten habe. Bin auch nicht mehr der Jüngste. Man will es nicht wahrhaben, aber es ist so.“
Abernathy ging hinaus und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen.
So schnell kann’s gehen, dachte Bill. Vom Entdecker des Meermanns zum schnöden Assistenten in achtundvierzig Stunden.
Bill zog sein T-Shirt aus. Dann holte er das Netz und stieg die Stufen zum Schwimmbecken hinunter.
Laine rieb sich ihre brennenden Augen. Sie musste im Schlaf doch geweint haben. Sie sah auf ihre Uhr. Erst sieben. Sie stand auf und zog sich leise an. Ihr Kopf schmerzte.
Sie hatte nur wenig geschlafen und ständig an Sam gedacht. Sie musste sofort zur Höhle und sehen, ob er dort war. Liz schlief noch fest und in Laine meldete sich ein wenig das schlechte Gewissen. Sie wusste, dass sie es ihrer Freundin nicht leicht machte. Ob sie sich Liz anvertrauen sollte? Würde sie es verstehen, ihr glauben?
Nein, es war besser, erst zur Höhle zu gehen. Vielleicht war Sam längst wieder da und es gab eine Erklärung für alles. Laine schlich sich aus dem Zelt und schloss leise den Reißverschluss.
Bill setzte einen Fuß ins Wasser und zuckte kurz zusammen. Ganz schön frisch. Rechts von ihm blubberte eine Pumpe und versorgte das Wasser mit Sauerstoff. Bill konnte Sams Schatten am anderen Ende des Beckens im Wasser erkennen. Was tat er da? Bill beschloss, den Moment zu nutzen. Hoffentlich erwischte er ihn beim ersten Versuch. Er hatte keinen Bock hinter Sam herzuhetzen am frühen Morgen. Er hielt das Netz in einer günstigen Position und watete los.
„So du kleine Sprotte, gleich hab ich dich.“ Das Wasser ging ihm schon bis zur Hüfte und ein Drittel des Beckens lag noch vor ihm. Sams Schatten
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