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Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Titel: Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Goldberg Sloan
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und ganze Ameisenarmeen aus dem Nichts auftauchten, die sich begierig auf die Reste stürzten. Aber das Schokoladenpapier von den Snickers-Riegeln, die sie vorne im Kajak entdeckt und gegessen hatten, hatte Riddle aufbewahrt. Es war seine Verbindung zur Außenwelt. Und außerdem roch es noch immer schön süß.
    Doch auch ein Bär, der eben aus dem Winterschlaf erwacht war, konnte bei günstigem Wind das Schokoladenaroma der Verpackung eine Viertelmeile weit riechen.
    Der Morgen dämmerte. Aber die Sonne war noch nicht durch die Schleier gedrungen, die den Gipfel des Berges in östlicher Richtung verhüllten. Riddle war nachts zweimal aufgestanden, um Brennholz auf die schwelende Asche zu werfen. Er wollte sichergehen, dass das Feuer auch weiterbrannte.
    Er zog das alte Schokoladenpapier aus der Hosentasche und sog seinen Duft tief ein. Er fand das tröstlich. Am frühen Morgen war es so ruhig hier. Da war nichts als das vorbeiströmende Wasser und die Kühle bei Sonnenaufgang. Sogar die meisten Vögel schliefen noch.
    Riddle lag zwanzig Minuten da und dachte daran, wie eisig seine Füße nachts geworden waren, als er es plötzlich knistern und knacken hörte. Zuerst glaubte er, es wären die brennenden Äste.
    Aber das hier klang anders.
    Sam schlief noch neben ihm. Und Riddle wollte ihn nicht stören. Er hielt den Atem an und lauschte.
    Es knackte wieder. Knisterte. Und es war nicht das Feuer, da war sich Riddle sicher. Es musste etwas anderes sein. Etwas, das Schritte machte?
    Dann hörte er, wie jemand atmete. Nicht er, denn er hielt immer noch den Atem an.
    Riddle streifte die Kiefernnadeln, die Farne und die Zweige ab, mit denen sie sich zudeckten, und richtete sich auf.
    Jetzt konnte er über den Rand des umgekippten Kajaks sehen. Das Kajak war die Barriere zwischen ihnen und der Welt.
    Und dahinter – ja, genau dahinter – drei Meter weit von ihm entfernt, da stand ein ausgewachsener schwarzer Bär und starrte Riddle in die Augen.
    Riddle kriegte einen fürchterlichen Schreck. Auch der Bär kriegte einen fürchterlichen Schreck. Riddle holte Luft und machte dabei ein so pfeifendes Geräusch, dass Sam die Augen aufschlug. Jetzt stellte sich der Bär auf seine Hinterbeine und bäumte sich zu seiner ganzen Riesengröße auf. Er hob den Kopf und blähte seine Nüstern, um Sam und Riddle zu riechen.
    Jetzt sah auch Sam den Bären. Und der Bär sah Sam.
    Ob er sie jetzt zerfleischen würde? Und seine Zähne in ihre Schädeldecke hauen und ihr Gehirn durchbohren und ihren schnellen Tod herbeiführen würde?
    Riddle rührte sich nicht.
    Er sah dem Bären weiter direkt in die Augen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. So sahen sich alle eine Weile an, der Bär turmhoch auf seinen Hinterbeinen stehend, die beiden Jungen mit Entsetzen im Gesicht.
    Jedes normale Kind wäre vor Angst laut weinend zusammengebrochen.
    Riddle nicht.
    Er hatte zwar Angst, aber er empfand auch große Ehrfurcht vor dem Bären. Der stand so nah bei ihm, dass
Riddle seinen warmen, säuerlichen Atem riechen konnte.
    Jetzt riss er sein Maul noch weiter auf, klapperte mit den Zähnen und stieß im gleichen Moment Luft aus. Er wollte offensichtlich etwas demonstrieren. Seine Zähne, auf denen dick der Speichel lag, glänzten in der Sonne.
    Diese Aktion wiederholte sich einige Male, dann ließ der Bär sich wieder auf alle viere nieder und die rechte Vorderpranke krachte donnernd auf den Boden. Sie hinterließ einen makellosen Abdruck.
    Der Bär hatte sie gewarnt. Er machte kehrt und lief ins Unterholz zurück.
    ***
    Nach diesem Erlebnis änderte Sam seine Meinung.
    Er wollte lieber im eisigen Wasser umkommen, als von einem Bären in Stücke gerissen zu werden. Er war bereit, das Kajak auszuprobieren, denn jetzt wusste er, dass der Bär da draußen frei herumlief, und würde nachts kein Auge mehr zutun können.
    Sam ahnte nicht, dass Riddle noch die Snickersverpackung in seiner Hosentasche hatte. Riddle ahnte nicht, dass der Bär auf nichts anderes scharf war. Und beide wussten nicht, dass der Bär absolut kein Interesse an ihnen hatte. Das Hecheln und der Prankenhieb waren reiner Bluff gewesen.
    Aber die Jungen gingen vom Schlimmsten aus.
    Und deshalb fassten sie einen Entschluss. Sie würden mit dem roten Boot fahren.
    Würden einfach versuchen, damit den tosenden Fluss hinunterzukommen.
    ***
    Riddle nahm das Klebeband aus dem Verbandskasten und brachte damit quer über Sams Rücken zwei Stöcke an. In der Notfallbroschüre stand nämlich,

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