Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Titel: Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Goldberg Sloan
Vom Netzwerk:
durchnässte Kleidung der beiden schon bald.
    Riddle hörte auf zu schreien. Sam dachte nicht mehr über seinen Tod nach.
    Und beide waren sie ergriffen von den starken Eindrücken der neuen Welt, die sie umgab. Über ihnen schwang sich ein Adler in die Lüfte und beäugte sie, während er seine Kreise zog.
    Riddle gab zum ersten Mal keinen Hilfeschrei von sich, sondern sagte mit normaler Stimme: »Ich hab mir in die Hosen gemacht.«
    ***
    Eine Stunde später jedoch änderte sich das Gelände erneut und ebenso der Charakter des Flusses. Die Strömung wurde stärker und das Geräusch des abwärtsschießenden Wassers schwoll zu einem Tosen an, das von den Felswänden widerhallte. Die Horrorshow begann aufs Neue.
    Riddle schrie Sam zu: »Ich kann nicht mehr. «
    Sam wusste, was er meinte. Er konnte auch nicht mehr. Aber er rief zurück: »Wir finden jemanden…«
    Das klang, wie immer, überzeugend. Trotzdem ließ
Riddle sich dieses Mal nicht trösten, sondern wiederholte einfach: »Ich kann nicht mehr.«
    Sam wandte seinen Kopf nur leicht nach hinten, um seinen Bruder besser sehen zu können, schon wechselte die Strömung wieder. Das Kajak drehte sich zum zigsten Mal im Kreis herum und Riddle saß nun wieder vorn, Sam hinten. Jetzt fuhren sie in Schräglage den tosenden Fluss hinunter, der lauter, immer lauter wurde. Sam überlegte gerade, ob sich das dröhnende Geräusch wohl nur in seinem Kopf abspielte, da rief Riddle plötzlich: »Ich höre Autolärm.«
    Sam fuhr hoch und lauschte. Ob Riddle recht hatte? Kam das Geräusch vielleicht tatsächlich von einer Schnellstraße? War es denn möglich, dass sie so weit gekommen waren? Das wäre viel zu schön, um wahr zu sein.
    Riddle war still geworden und lauschte ebenfalls.
    Sam drehte trotz der Schmerzen, die ihn in seiner Schulter, im Nacken und im Rücken plagten, den Oberkörper leicht zur Seite, um einen besseren Überblick zu haben. Hier sah es eindeutig nach einer sehr, sehr abgelegenen Gegend aus.
    Doch die Verkehrsgeräusche hatten zugenommen. Und Riddle wurde immer aufgeregter. »Sam – ich kann die Autos hören! Ich höre sie ganz deutlich!«
    Riddle zappelte jetzt hin und her, das Kajak mit ihm. Sam schrie: »Riddle, hör sofort auf damit! Sitz still! Sofort!«
    Riddle gab sich Mühe, ganz still dazusitzen, aber es fiel ihm furchtbar schwer. Die Schnellstraße kam immer näher. Vielleicht würden sie gleich unter einer Brücke durchfahren. Dann konnten sie winken. Ob jemand sie sehen würde? Begreifen würde, dass sie in der Patsche saßen?
    Die Sonnencreme, die sie vor Stunden aufgetragen hatten, fing an, auf Riddles Stirn zu zerlaufen, und rann ihm in sein rechtes Auge. Er rieb darin herum und machte es noch schlimmer, denn plötzlich brannte es wie Feuer.
    Er beugte sich über den Rand des Bootes, schöpfte Wasser mit der hohlen Hand und spritzte es sich ins Gesicht. Das Kajak fing gefährlich an zu schwanken. Sam wusste nicht, was los war, und schrie laut: »Riddle! Ich hab gesagt, hör auf damit!«
    »Mein Auge tut mir aber weh. Es ist vielleicht die Sonnencreme.«
    Sam fuhr ihn an: »Vergiss dein blödes Auge einfach!«
    So hätte er es nicht sagen sollen. Es war ihm so herausgerutscht.
    Sie waren voll und ganz dem Augenblick, dem Kajak ausgeliefert. Erschöpft und beide hungrig. Und beide nicht mehr in der Lage achtzugeben, was auf dem Fluss geschah. Und selbst, wenn sie’s gewesen wären, hätten sie nichts daran ändern können. In ihrem Drama ging es jetzt darum, sich gegenseitig anzuschreien. Damit das Boot nicht kenterte.
    Sekunden später entlarvte sich die trügerische Autostraße als ein Wasserfall und beide Jungen samt dem Kajak stürzten ihn hinunter.
    ***
    Es war ein Sturz aus neun Metern Höhe, vergleichbar mit einem Sprung von einem dreistöckigen Haus. Als sie über den Rand glitten, befand sich das Kajak gerade in Schräglage und seine Unterseite schrammte über einen großen Fels.
    Die Jungen schrien beide auf. Wie Tiere voller Panik, dachte Sam.
    Der Fluss zerrte an ihnen, der Felsen wollte sie nicht freigeben, das Kajak schnellte hoch.
    Und plötzlich flogen beide Jungen durch die Luft, zusammen mit dem Kajak und dem eisigen Wasser. Sie schlugen in der Mitte des Flusses auf. Das jetzt leere Kajak pflügte wie ein Pfeil durch die schäumende Wasseroberfläche nach unten und tauchte dann wie aus einer Kanone geschossen senkrecht wieder auf.
    Beide Jungen sanken wie die Steine. Das Gewicht auf ihren Körpern war gewaltig, aber

Weitere Kostenlose Bücher