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Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Titel: Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Goldberg Sloan
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endlich nach Hause konnte, hoch in ihr Zimmer, auch dort die Tür hinter sich zumachen und die ganze Welt vergessen.
    Die beiden Kätzchen nahm sie immer mit. Auch wenn sie ihr viel zu wild waren, fand sie das Zusammensein mit ihnen doch tröstlich. Die beiden Kätzchen aber mochten es genauso wenig wie Riddle, eingesperrt zu sein, und warfen sich immer gegen die Tür.
    Aber ihre Schreie hörte Emily schon nicht mehr.
    ***
    Als Ort für den Abschlussball war das Mountain Basin Inn ausgesucht worden, wo man zwar gerne so tat, als handle es sich dabei um ein Wellness-Resort, in Wirklichkeit aber war es nur ein Hotel mit ein paar Massageräumen. Bobby Ellis’ Vater buchte dort immer eine Behandlung, bevor er einen Auftritt vor Gericht hatte. Gesichtsmassage mit Augenbrauenzupfen. Er sagte, das gebe ihm den nötigen Schliff und Schwung.
    Deshalb hatte jetzt auch Bobby eine Behandlung bei Olga gebucht. Als Teil seiner heimlichen Vorbereitung auf den Abschlussball.
    Im Wartezimmer ertönte Musik, die klang, als würde ein Kind mit einer verbogenen Gabel an ein Windspiel schlagen, und überall brannten Duftkerzen, obwohl es mitten am Nachmittag war und in das Zimmer die Sonne schien.
    Die flackernden Kerzen dufteten nach Weihnachtsbaum. Eine Kerze wäre ja vielleicht zu ertragen gewesen, aber ein Dutzend davon, alle mit Tannenbaumduft, trieben Bobby die Tränen in die Augen. Seine Allergien meldeten sich.
    Bobby hatte sich Olga als eine große, schlanke, vollbusige Schönheit aus einem Dorf in Osteuropa vorgestellt. Er sah sie genau vor sich. Ungefähr zwanzig Jahre alt und mit einer blonden Mähne, die sie schlampig hochgesteckt hatte.
    Aber die Olga, die ihn jetzt begrüßte, ging schon auf Ende sechzig zu, war nicht größer als einen Meter fünfzig und »vollbusig« beschrieb nicht ganz treffend die mächtigen Fleischwülste, die ihren Oberkörper im Bereich zwischen Achselhöhlen und Bauchnabel umgaben. Wie dicke Würste, dachte Bobby.
    Olga musterte Bobby mit einem Blick, als wäre sie früher einmal professionelle Wrestlerin gewesen, eine von denen, die sich im Schlamm wälzen. Als Bobby aufstand und ihr ins Behandlungszimmer folgte, bekam er kaum noch Luft und versuchte, sein Keuchen mit einem heiseren Hüsteln zu überdecken.
    Und es sollte noch schlimmer kommen. Olga quatschte nämlich ununterbrochen. Und ihr Akzent war so stark, dass er nur die Hälfte von dem verstand, was sie zu ihm sagte. Eines bekam er trotzdem ganz klar mit. Sie nannte ihn Booby.
    »So, Booby. Dann wollen wir mal anfangen. Erst Untersuchung und dann Behandlung durch mich.«
    Bobby wurde in eine Art Zahnarztsessel bugsiert. Dann knipste Olga ein Licht an, so grell wie die grellste Mittagssonne, und schwenkte ein Vergrößerungsglas über Bobbys Gesicht. Er schloss die Augen und spürte, wie sich bei ihm die Kiefermuskeln schraubstockähnlich verkrampften.
    »Booby, du bist noch so jung. Und junge Menschen haben gute Häute. Aber du musst auf deine Häute achten und sie pflegen, Booby…«
    Bobby war sprachlos. Wow. Sie war eine Quasselstrippe, die den Plural liebte.
    »Zuerst wird Olga Booby massieren. Dann wird Olga Booby reinigen. Dann wird Olga Booby noch einmal reinigen, diesmal mit Bürstchen. Dann Extraktion. Dann wird Olga Booby desinfizieren. Dann ihm die Maske auflegen. Dann bei Booby für Feuchtigkeitszufuhr sorgen.«
    Extraktion? Was zum Teufel ging hier vor? Bobbys Augen klappten kurz auf und er bemerkte jetzt die kleinen Metallstäbe in einem Glasbehälter neben ihm.
    Olga schwenkte die Lupe aus dem Weg und platzierte sich dann hinter seinem Kopf. Bobby presste die Augen noch fester zu und dann begannen Olgas kräftige Finger, ihm so etwas Ähnliches wie Sand ins Gesicht zu reiben. Ziemlich fest. Womöglich verletzte sie ihn noch.
    Er hätte sich am liebsten unter ihren Händen hervorgewunden, aber Olga knetete seine Wangen, als wären sie Brotteig. Sollte das wirklich so wehtun? Bobby schrie unwillkürlich auf und Olga lachte ihn daraufhin aus. Das hatte er genau gehört. Er schlug die Augen auf, um sie böse anzustarren.
    Aber statt ihres Gesichts sah Bobby auf einmal zwei riesige Sandsäcke vor sich, die Teil der Wülste um ihren Oberkörper waren. Und sie bewegten sich auf sein Gesicht zu. Nur noch wenige Millimeter, dann würde er ersticken.
    Jetzt bekam er tatsächlich keine Luft mehr.
    Jemand musste die Heizung aufgedreht haben, auf höchste Stufe, und derselbe Jemand musste im Zimmer auch den Sauerstoff aus der Luft

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