SAM
es dir“, sagt er leise. Ich wünschte, ich könnte ihm glauben. Meine Knie zittern und mein Herz schlägt schnell in meiner Brust, als ich meinen Rucksack packe. Was ich eben gehört habe, macht mir schreckliche Angst. Wenn sie nach Alexander suchen und ihn umbringen wollen, werden sie vor mir auch keinen Halt machen. Wo bin ich da nur hineingeraten? Es ist der blanke Horror! Immer wieder rede ich mir ein, dass Alex bestimmt alles wieder ins Lot bringen wird. Aber wie soll er das schaffen? Allein und mit einer schwachen Sterblichen an seiner Seite. Und wer sind Die ? Wer oder was ist der Hohe Rat? Alles scheint doch viel komplexer und organisierter, als ich es mir vorstellen wollte. Fertig! Alle wichtigen Sachen sind in meinem Rucksack. Ich blicke mich noch einmal um. Wann werden wir wieder zurückkommen in unser wunderschönes Schloss? Wie lange werden wir fortbleiben müssen? Ich seufze kurz und gehe dann hinunter in die Halle. Alexander ist noch nicht da. Wo mag er sein? Ich gehe zum Wohnzimmer. Jonathan steht mit dem Rücken zu mir vor dem Kamin und blickt in die Flammen. Als ich mich gerade wieder umdrehe, um zurück in die Halle zu gehen, spricht er mich an.
„Du kannst stolz auf dich sein!“, stellt er mit schneidender Stimme fest.
„Wie meinst du das?“, frage ich vorsichtig.
„Ich bewundere, wie du damit umgehst! Wirklich! Alexander kann sich glücklich schätzen, dass du ihm verziehen hast.“ Er spricht in Rätseln. Jetzt dreht er sich zu mir um. Sein Gesicht ist eine hasserfüllte Fratze und seine Augen sind schwarz wie Kohle und schauen herablassend und mit einer Kälte auf mich, dass sich mir die Nackenhaare aufstellen.
„Wovon redest du?“ Meine Stimme ist nur noch ein Flüstern.
„Ich denke, Alexander hat keine Geheimnisse vor dir. Also bin ich davon ausgegangen, dass du ihm den Tod deiner Mutter verziehen hast.“ Er schaut mich mit gespielt unschuldiger Miene an. Dennoch verbergen seine abgrundtief bösen Augen nicht seine eigentliche Gesinnung. Es scheint ihm auf eine perverse, sadistische Art Spaß zu machen, mich mit seinen Worten zu quälen.
„Er hat dir also nicht gesagt, dass ihr euch früher schon einmal begegnet seid? Du kannst dich natürlich nicht erinnern, du warst ja erst acht Jahre alt. Der Abend an dem deine Mutter starb. Alexander war dort, in jener Nacht. Er ist über deine Mutter hergefallen und hat sie bis auf den letzten Tropfen Blut ausgesaugt. Dann wollte er sich an dir vergehen. Erst als du ihn wimmernd und weinend angefleht hast, dir nicht wehzutun, ließ er von dir ab. Wir haben alles nach einem schrecklichen Unfall aussehen lassen. Jahrhunderte lange Übung zahlt sich eben doch aus.“ Ich stehe inmitten des Wohnzimmers und starre ihn ungläubig an. Er lügt! Er sagt das alles nur um mich zu verletzen, versuche ich mir einzureden und doch spüre ich auch dieses grausame Gefühl der bitteren Erkenntnis in mir.
„Ich habe deine Erinnerungen verschwinden lassen und alle waren zufrieden. Alexanders schlechtes Gewissen veranlasste ihn jedoch, einen größeren Betrag auf ein Treuhandkonto zu überweisen. Der dumme Kerl wollte, dass es dir an Nichts fehlt. Dorothea glaubte, deine Mutter hätte das Konto für dich angelegt. Wovon glaubst du denn, hattest du die Möglichkeit in den USA zu studieren. Nur Dank Alexanders Großzügigkeit kannst du dir eine solche Ausbildung leisten.“ Fassungslos und starr vor Entsetzen blicke ich Jonathan an. Immer wieder sage ich mir, dass er mich anlügt. Das kann nicht, das darf einfach nicht wahr sein!
„Ups, ich hoffe, ich habe mich nicht verplappert. Ich dachte du wüsstest das alles.“
Ein teuflisches Grinsen umspielt seine schmalen Lippen. Ich höre Schritte in der Halle. Sie kommen näher.
„Bist du soweit? Können wir los?“, höre ich Alexanders Stimme, als käme sie von weit her. Ich drehe mich langsam um. Immer noch nicht in der Lage, das eben gehörte richtig zu erfassen. Als Alex mein Gesicht sieht, wird er blass. Er starrt mich mit dunklen Augen an.
„Oh, nein! Nein!“, ist alles, was er sagen kann, denn auch ohne eine einzige Frage zu stellen, ist ihm klar, welche schreckliche Wahrheit ich soeben erfahren habe.
„Sag‘ mir bitte, dass das nicht wahr ist! Bitte, Alex, sag mir, dass er lügt!“, fordere ich ihn mit erstickter Stimme verzweifelt auf. Ich zittere am ganzen Körper und habe Angst jeden Moment ohnmächtig zu werden. Alexander bleibt weiter bewegungslos stehen und schüttelt schließlich kaum
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