SAM
ein herber, männlicher, aromatischer Duft. Ich mag diesen Geruch. Ich öffne schnell die Augen und wundere mich über mich selbst. Wie komme ich dazu irgendetwas, das mit Mr. DeMauriere zusammenhängt als angenehm zu empfinden?
Ich stelle meinen Kaffee zur Seite und fange an, das vor mir liegende Chaos zu beseitigen. Als ich das nächste Mal auf die Uhr sehe, ist es bereits nach 16:00 Uhr. Ich habe mich nun umfassend über die anstehenden Restaurierungsarbeiten informiert und beim Durchblättern der gestapelten Papiere auch gleich versucht eine gewisse Ordnung herzustellen. Die großen Blaupausen stehen zusammengerollt im Papierkorb, der hierfür zunächst zweckentfremdet wird und die restlichen Papiere, wie Kostenvoranschläge, Materiallisten, Baupläne und Skizzen sind nach den entsprechenden Zimmern geordnet und liegen gestapelt vor mir. Ich kann die Schreibtischplatte erkennen und auch das Telefon ist nun wieder jederzeit auffindbar und greifbar. Ich lehne mich zurück. Dieses Projekt ist umfangreicher als ursprünglich von mir vermutet und ich fange an Zweifel darüber zu hegen, dass die Instandsetzung des alten Gemäuers tatsächlich in 6-8 Wochen erledigt sein soll. Mit einem Seufzer stehe ich auf und strecke mich. Dabei sehe ich hinaus in den Park. Auch hier wird deutlich sichtbar, wie lange sich niemand um die Bepflanzungen gekümmert hat. Die Bäume benötigen dringend einen Schnitt, überall sprießt Unkraut und die Rosenbeete benötigen unbedingt fachmännische Pflege. Aber was mache ich mir darüber Gedanken. Es ist ja nicht mein Anwesen und mit diesem Gedanken drehe ich mich um und zucke erschreckt zusammen, denn direkt vor mir steht Mr. DeMauriere. „Ich wollte sie nicht stören“, sagt er leise, mit dieser wunderbar dunklen Stimme. Er sieht deutlich besser aus, als vorhin, er wirkt nicht mehr so blass und er macht auch einen deutlich ausgeruhteren Eindruck auf mich. Ich räuspere mich kurz und antworte: „Ich bin gerade mit dem Ordnen der Papiere fertig geworden und wollte mir jetzt in den betreffenden Zimmern einen Überblick verschaffen.“ Er schaut auf den Schreibtisch und ich sehe wie eine gewisse Erleichterung sich auf seinem Gesicht breitmacht. „Sie glauben gar nicht, wie dankbar ich ihnen bin, dass sie mir diese Arbeit abgenommen haben“, sagt er in einem für ihn eher untypischen, freundlichen Ton. „Darf ich sie bei ihrem Rundgang begleiten? Ich könnte ihnen dann noch einiges zu den einzelnen Zimmern erzählen“, schlägt er dann vor. „Ja, gerne.“ Ich lächle ihn verhalten an. „Mit welchem Raum wollen wir anfangen?“
Nachdem wir die Empfangshalle, die Küche, das Esszimmer und den Salon, der eher ein sehr geräumiges Wohnzimmer ist, genau in Augenschein genommen haben und uns über fast alle Details der Renovierung ausgetauscht haben, hält Mr. DeMauriere kurz inne, als wir wieder in der Empfangshalle stehen und dreht sich dann zu mir. Seine Augen sind auf mein Gesicht gerichtet, und ich bemerke, wie er gedanklich mit sich ringt. Schließlich, nach einigen Sekunden entschließt er sich, mich in seine Gedanken einzuweihen: „Da sind noch zwei besondere Räume, die mir am Herzen liegen. Wollen sie sie sehen?“
Ich nicke nur und bin gespannt, um welche Räume es sich wohl handelt, wenn er so ein Geheimnis darum macht. Er führt mich am Esszimmer vorbei zu der angrenzenden Tür. Er bleibt kurz davor stehen und zögert sie zu öffnen. Dann jedoch drückt er die Türklinke herunter und vor mir wird ein dunkler Raum sichtbar, in dem ich leider nicht viel erkennen kann. Mr. DeMauriere geht ein kleines Stück in den Raum hinein, während ich immer noch an der Türschwelle stehenbleibe. Dann erhellt sich der Raum, denn er hat einen der langen, schweren, dunkelblauen Vorhänge am Fenster aufgezogen. Da es bereits draußen dämmert, wird der Raum in die warmen Töne der untergehenden Sonne getaucht. Ich trete ein und kann meinen Augen kaum trauen. Ich stehe inmitten einer riesigen Bibliothek. Die weißen Regale reichen bis zur Decke, in ihnen liegen teilweise noch alte Bücher. Der ganze Raum ist in weiß und blau gehalten. Der Fußboden besteht aus weißem und blauen Mosaiken und auch die Deckenmalerei ist wunderschön. Es ist, als wenn man in den nächtlichen Sternenhimmel schaut. Die Grundfarbe ist dunkelblau in verschiedensten Schattierungen und dann über die gesamte Decke verteilt, ein Meer von Sternen, Kometen, Monden und Sonnen. Mittlerweile hat der Hausherr
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