SAM
oder andere Tisch hier im Esszimmer aussehen würde, welche Stühle dazu passten, welche Lampen an die Wände müssten, oder ob vielleicht doch ein Deckenleuchter besser wäre. Wir sahen uns Gemälde und Wohnaccessoires an und verbrachten einen wirklich netten Abend zusammen. Er war zum einen gelöst und entspannt, zum anderen aufgeregt und enthusiastisch. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Und es gefiel mir. Er konnte also auch anders. Was versuchte er nur hinter dieser schroffen und unhöflichen Fassade zu verbergen? Ich nahm die Gelegenheit war und traute mich endlich auch einmal ihn etwas Persönliches zu fragen. „Ich sehe nie jemanden von ihrer Familie oder Freunde. Ist es nicht sehr einsam hier draußen zu leben?“
„Ich lebe gerne allein. Von meiner Familie lebt nur noch meine Tante Margarete. Sie hält sich aber zur Zeit in Kanada auf. Freunde? Nun, da gibt es Jonathan, er hat ein Haus in London und hat alles hier für mich vorbereitet, als ich noch...als ich noch verhindert war, um mich selbst darum zu kümmern. Und Sie, was ist mit Ihrer Familie?“ Unmerklich legte sich ein Schatten über mein Gesicht: „Mein Dad hat meine Mom und mich verlassen, als ich noch ein Baby war und meine Mom ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen.“
Ich versuchte zu lächeln, aber es misslang mir. Ich senkte meinen Blick, starrte in das Glas in meinen Händen.
„Meine Großmutter ist im Frühjahr verstorben. Ich bin erst letztes Jahr wieder zurück nach England gekommen, weil es ihr nicht gut ging.“
„Das tut mir leid, ich wollte sie nicht mit diesen traurigen Erinnerungen belasten. Es ist schwer den Verlust eines geliebten Menschen zu ertragen.“
Ich sah auf und blickte ihn an. Sein Gesicht sah betroffen aus, seine Augenlider waren gesenkt. Er nippte an seinem Wein. Ich hatte das Gefühl, er hat Ähnliches durchgemacht, möchte aber nicht weiter darüber reden. Und so verstrichen einige Sekunden, in denen keiner von uns beiden ein Wort verlor. Nachdem wir noch ein wenig in den Ordnern geblättert hatten, entschloss ich mich nach Hause zu fahren. Er begleitete mich zu meinem Auto und als wir vor meiner geöffneten Fahrertür standen und ich mich verabschieden wollte, nahm er plötzlich meine Hand in die seine. Wieder Kribbeln.
„Fahr vorsichtig, Samantha!“ Dabei senkte er seinen Kopf zu mir herab und hauchte mir einen Kuss auf die Wange. Schließlich entließ er auch meine Hand wieder und ging ein paar Schritte zurück, um mir für die Abfahrt Platz zu machen.
Ich stehe immer noch mit meiner Tasse in der Hand gegen den Türrahmen der Haustür gelehnt und erinnere mich an diesen flüchtigen Kuss. Welch ein seltsames Gefühl es war, ihn so nah zu spüren. Seine Lippen waren warm und weich auf meiner Haut. Und sein Duft…ich schließe unwillkürlich die Augen und atme tief ein. Herb, verführerisch und unwiderstehlich. Ich öffne abrupt die Augen und muss blinzeln, weil mich die Sonne blendet. Mich durchfährt ein kalter und gleich darauf ein warmer Schauer. Wie sind all diese Gefühle und Empfindungen einzuordnen, die ich habe, wenn wir uns sehen, berühren, ich ihn mit all meinen Sinnen so intensiv wahrnehme? Wieder denke ich an den Abend in der Bibliothek, als ich meinte, seine Augenfarbe hätte sich geändert. Damals fühlte ich mich von ihm kontrolliert, hatte dieses beklemmende Gefühl, als er nicht aufhörte mich zu fixieren. Wie ein wildes Tier, dass seine Beute beobachtet. Und seine dunkle, samtige Stimme, die mich regelmäßig erschauern lässt.
Ich nehme einen Schluck aus meiner Tasse. Es ist mir natürlich auch nicht entgangen, dass er mich bereits zweimal geduzt hat, so, als wären wir sehr vertraut miteinander. Was bezweckt er mit all dem? Warum reagieren meine Sinne so auf ihn? Wie kommt es, dass er mich jeden Tag mehr fasziniert und in seinen Bann zieht? Was geht vor mit mir? Was ist es, dass von ihm ausgeht? Über eines bin ich mir bereits jetzt im Klaren. Dieser Mann ist bedrohlich und gleichzeitig unwiderstehlich anziehend. Und meine Überlegungen führen mich zu einem weiteren unumstritten Schluss und mein heftig klopfendes Herz bestätigt dies. Ich bin dabei mich unwiederbringlich in Alexander DeMauriere zu verlieben.
Ich fröstle kurz, und entscheide mich wieder ins Haus zu gehen. Mit dem entschlossenen Gedanken herausfinden, welches Geheimnis ihn umgibt, schließe ich die Tür hinter mir.
Kapitel II
Montag !
Die neue Arbeitswoche beginnt
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