SAM
und bleibt dieses jungenhafte Gesicht, dass eines Mannes, der, so scheint es, keiner Fliege etwas zu Leide tun kann. Und doch, schaut man erst einmal in seine kohlschwarzen Augen, weiß man, dass das alles nur eine Fassade ist. Dieser Mann scheint mit dem Teufel unter einer Decke zu stecken.
„Ja, ich denke schon. Hast du etwas dagegen?“, antworte ich angriffslustig.
„Ja!“, kommt prompt seine Antwort.
Ich sehe ihn erschreckt an, entgegne aber tapfer: „Tja, dann musst du dich wohl damit abfinden, dass Alexander und ich zusammen sind.“
„Ich denke, ich sollte einmal Klartext mit dir reden, Samantha. Du und Alex, das ist wie Feuer und Wasser, es wird niemals gut gehen. Einer von Euch wird entweder sterben oder aber sein Leben lang darunter leiden, den anderen nicht gerettet zu haben. Beende es, solange du es noch kannst. Alexander ist ja leider nicht bereit, vernünftigen Argumenten zu folgen.“
„Ich werde nichts dergleichen tun. Ich liebe Alexander und werde bei ihm bleiben. Und keine Macht der Welt kann etwas daran ändern.“
Er ist mit drei langen Schritten bei mir, greift meine Schultern und funkelt mich boshaft an.
„Wie naiv bist du eigentlich? Was glaubst du denn, wer du bist? Du wirst ihn nicht halten können. Es warten große Aufgaben auf ihn und da wärst du nur ein lästiges Anhängsel für ihn. Und was ist, wenn du älter wirst? Du glaubst doch nicht allen Ernstes, er bleibt bei dir, wenn dein Körper langsam verfällt, deine Haut runzelig wird, deine Haare grau werden. Er wird immer und ewig so aussehen wie jetzt. Ist dir denn nicht klar, was das bedeutet? Selbst wenn er dich später aus Mitgefühl nicht verlässt, so wirst du doch immer ein Klotz an seinem Bein sein. Gib ihn endlich frei, verdreh ihm nicht noch mehr den Kopf, in dem du ihn glauben machst, es könnte funktionieren. Du bringst ihn in tödliche Gefahr mit deinem kindlichen Geplapper von Liebe!“
Ich zittere am ganzen Körper, als er mich endlich loslässt. Meine Stimme hat einen leicht hysterischen Unterton, als ich erwidere: „Ich wusste es, ich wusste es von Anfang an. Du wolltest schon immer einen Keil zwischen Alex und mich treiben. Von Anfang an! Bestimmt warst du es auch, der Madelaine in London ins Museum geschickt hat, damit sie dort ihren großen Auftritt hat. Und gestern? Du warst in der Nähe meines Hauses, als das Gas austrat. Warum, Jonathan, kannst du es nicht ertragen, dass Alex für eine so winzig kurze Zeit in seinem Leben glücklich ist? Ist es vielleicht, weil er das gefunden hat, was du auch seit Jahrhunderten suchst? Ein bisschen Frieden mit dir selbst? Jemanden, der dich bedingungslos liebt, so wie du bist?“ Das erste Mal seit ich ihn kenne scheint sich in seinen Augen eine Reaktion zu zeigen.
„Du redest dich um Kopf und Kragen, Samantha Ravenport. Vergiss nicht, wer dir gegenübersteht. Ich habe keine Skrupel dich zu meinem Frühstück zu machen.“ Die letzten Worten kommen zischend über seine Lippen.
„Ich habe keine Angst vor dir! Du wirst mir nichts antun, denn ich bin immerhin Dorotheas Enkeltochter.“ Ich setze alles auf eine Karte und fordere ihn heraus. Er taumelt einen Schritt zurück: „Woher weißt du….?“
„Ich habe ihr Tagebuch gefunden. Sie hat dich zwar nie mit Namen erwähnt, aber sie hat dich sehr genau beschrieben, von den Geschenken erzählt, die du ihr gemacht hast. Und es war die Rede von genau den Schmuckstücken, die ich in London getragen habe und für die du dich so interessiert hast. Ich hätte schon damals stutzig werden müssen! War sie für dich das, was du für sie warst? Die große Liebe? Was war es, dass sie nicht über ihr Herz brachte zu tun?“ Fassungslosigkeit spiegelt sich für den Bruchteil einer Sekunde in seinem Gesicht. Dann sagt er leise, drohend: „Dein Wissen nutzt dir gar nichts. Du wirst am Ende diejenige sein, die alles verliert. Du wirst das Vertrauen in Alex verlieren und den Glauben an eure Liebe. Letztlich wirst du ihnganz verlieren und nichts wird für dich schmerzhafter sein, als die Qual zu wissen, dass er dich doch nur belogen und betrogen hat. Schätze dich glücklich, wenn du nicht dein Gedächtnis verlierst oder dein Leben. Unsere Welt kennt kein Erbarmen mit jenen, die die Wahrheit verleugnen und glauben, sie könnten sich mit uns auf eine Stufe stellen.“ Mit diesen letzten Worten dreht er sich um und verlässt die Küche. Immer noch zitternd setze ich mich auf einen Stuhl. Es dauert keine zwei Minuten, als Alexander
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