Samantha Dyson 02 - Verhängnisvolle Jagd
Panorama wandern ließ. Er bezwang den Drang, sich neben sie zu stellen, und wandte sich ab. Erst einmal würde er das ganze Gepäck hereinbringen, dann konnte er tun und lassen, was er wollte. Na gut, vielleicht nicht alles, was er wollte, aber zumindest das Naheliegende wie duschen und essen.
Er kehrte zu Laurels Auto zurück, hob ihr Gepäck aus dem Kofferraum und stellte es ächzend auf dem Boden ab. Was hatte sie bloß alles eingepackt? Ein paar Steine als Souvenirs? Er ließ die Klappe zufallen, betätigte die Zentralverriegelung und ging zur Hütte zurück.
Laurel stand immer noch auf der Terrasse, ganz in den Anblick der Szenerie vertieft. Oder war sie bereits im Stehen eingeschlafen?
Rey trat neben sie und berührte sie sacht am Arm. »Ich habe deinen Koffer ins Schlafzimmer gebracht, du kannst jetzt duschen, wenn du möchtest.« Die Arme vor der Brust verschränkt, wandte Laurel sich ihm schließlich zu. Deutlich konnte er die Erschöpfung auf ihrem Gesicht sehen. »Eine Erfrischung wird dir bestimmt guttun.«
Laurel lächelte matt. »Ja, vermutlich. Ich wünschte bloß, das mit dem Duschen würde automatisch gehen, ohne dass ich einen Finger rühren müsste.«
»Ich würde dir ja gerne behilflich sein, aber vermutlich wäre das keine gute Idee.«
»Nicht wirklich.«
Rasch löste Laurel sich vom Geländer und ging ins Schlafzimmer. Sie suchte sich etwas Sauberes zum Anziehen aus ihrem Koffer und betrat das Badezimmer. Die letzten beiden Tage hatte sie sich nicht einmal im Spiegel betrachtet, doch durch das Digitalfoto, das Rey von ihr gemacht hatte, war sie sich sehr wohl bewusst, wie es um ihr Aussehen stand. Also war sie einigermaßen auf das vorbereitet, was sie nun im Spiegel sah. Die Hände auf dem Waschbecken abgestützt, betrachtete sie kritisch ihr Gesicht. Kein Make-up verdeckte die Kratzer und roten Flecken – Mahnmale ihrer abenteuerlichen Flucht durch den Busch. Ihre Haare waren zerzaust und von der Sonne ausgetrocknet, ihre Haut war gerötet. Und dennoch war Laurel nicht schockiert von dem Bild, das ihr entgegenblickte. Noch nie hatte sie so natürlich, so voller Leben ausgesehen.
Energisch schüttelte sie den Kopf. Anscheinend war durch den Sturz auch ihr Kopf in Mitleidenschaft gezogen worden, dass sie sich in diesem Zustand auf gewisse Weise attraktiv fand. Bestimmt würde ihr eine Dusche dabei helfen, die Dinge wieder in die richtige Perspektive zu rücken. Behutsam stieg sie aus ihrer schmutzigen Kleidung und wandte sich der ebenerdigen Dusche zu. Gerade als sie den Wasserhahn aufdrehen wollte, klopfte es an der Tür. Laurel warf einen Blick hinter dem Duschvorhang hervor.
»Ja?«
»Bist du angezogen?«
»Nein. Wieso?«
»Weil ich mir dachte, dass es besser wäre, vor dem Duschen nach Zecken zu suchen. Hast du nachgeschaut, ob du welche hast?«
»Nein, daran habe ich überhaupt nicht mehr gedacht. Außerdem habe ich doch lange Hosen getragen und das Antizeckenspray benutzt.«
»Das hilft nicht immer. Die Viecher kriechen auch unter die Kleidung, glaub es mir, ich habe es auch schon erlebt.«
»Okay, ich sehe nach. Danke für die Warnung.«
»Ich fürchte, am Rücken wirst du sie nicht selber entdecken. Ebenso wenig wie an der Rückseite deiner Oberschenkel. Wenn du dich bedeckst, komme ich herein und schaue nach.«
Laurel zögerte, ehe sie seufzend ein Badetuch vom Halter zog und es sich um die Hüfte schlang. Sie wusste schließlich, welche Krankheiten ein Zeckenbiss hervorrufen konnte. »Komm rein.«
Rey betrat den Raum, in der einen Hand eine Pinzette und in der anderen einen Aschenbecher. »Mein Handwerkszeug. Komm hierher ins Licht.«
Wortlos folgte Laurel seiner Anweisung. Seit Rey das Badezimmer betreten hatte, kam ihr der Raum viel kleiner vor, intimer. Nur zu deutlich war sie sich seiner forschenden Augen bewusst, die auf ihren Körper gerichtet waren, während er ohne ein weiteres Wort zu verlieren begann, ihren Rücken nach Zecken abzusuchen. Als er sich hinter sie kniete und das Badetuch ein wenig anhob, zuckte Laurel erschrocken zurück.
»Was tust du da?«
»Ich suche deine Beine nach Zecken ab. Leider habe ich keine Lupe dabei. Die Dinger sind teilweise verdammt klein, weniger als ein Millimeter.« Er hob die Schultern. »Zumindest bevor sie angefangen haben zu saugen, erst dann blähen sie sich zu voller Größe auf.«
Laurel schauderte unwillkürlich und zog das Handtuch enger um sich. Bei dem Gedanken an irgendwelche Parasiten, die sich an ihrem
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