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Samarkand Samarkand: Roman (German Edition)

Samarkand Samarkand: Roman (German Edition)

Titel: Samarkand Samarkand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Politycki
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Registan Bonbons an Touristen verkaufte. Als Sher jedoch von dem geplanten Ausflug erfahren hatte, sorgte er dafür, daß einer seiner Verwandten als Chauffeur vorfuhr, der General habe kein passendes Gefährt gefunden. Beim Abschied schmollte Shochi, wahrscheinlich nahm sie Kaufner übel, sie jetzt wieder allein zu lassen, es würde doppelt zu spüren sein, wie die anderen einen Bogen um sie machten. Er versprach ihr, sich auf der Fahrt nach all dem umzusehen, was für ihr Zauberensemble gegen den bösen Blick noch fehlte: ein Hufeisen, Bienenwaben von der Paßhöhe und ein alter Gummischuh von einem Bauern. Bislang hatte sie dafür erst Hazor Espand – Steppenraute! – und rote Peperonischoten an der Schnur besorgen können, der Rest sei in der Stadt schwer aufzutreiben.
    Shahr-i Sabs war im Zentrum so belebt wie Samarkand an seinen Rändern. Es gab einen Laden mit Plüschteddys in allen Größen, einen zweiten Laden, vor dem in mannshohen Stapeln Vliese an Schafwolle lagerten, ansonsten nur pappkistenweise Bier und wäßrige Erdbeeren. Dazwischen die Ruinen von Timurs Palast, in denen ein paar japanische Touristen mit Sonnenschirm und Mundschutz herumirrten, ein Anblick wie nach einer Katastrophe, dabei stand sie erst noch an. Vor Timurs Krypta saß ein nackter Asket, den Körper mit Asche eingerieben – »luftgekleidet«, so der Wärter, ansonsten sei er harmlos. Am Tag seiner Ankunft habe er lediglich mitgeteilt, sie alle hätten zuviel gesündigt und er müsse für sie beten. Seitdem habe er den Platz nicht mehr verlassen, sitze in sich gekehrt, Ekstase der Erstarrung.
    Mitten in der Nacht klingelte und klopfte es; der Verwandte des Verwandten, in dessen guter Stube sie nächtigten, war gleich hellwach und in Panik. Vor der Hoftür standen zwei Polizisten, sie störten sich an dem unbekannten Fahrzeug, es war ihnen zu dreckig. Es stehe ja nicht im Parkverbot, wollte Kaufner zu einer Rechtfertigung anheben, und behindert werde dadurch auch niemand! Doch der Verwandte des Verwandten rang mit den Händen, der Verwandte selbst bedrängte Kaufner rüde zu schweigen, mit der Polizei verhandele man nicht. Nachdem das Auto in die Hofeinfahrt hineinrangiert worden und man mit ein paar tausend Som Strafe davongekommen, war die Erleichterung groß. Der Verwandte des Verwandten gab eine Runde Wodka aus und erzählte, er habe im ersten Moment gedacht, es sei die NATO . Da wäre die Sache anders ausgegangen.
    Die NATO ? Hier?
    Eine ganze Kompanie, die man einfach vergessen habe, lachte der Verwandte des Verwandten: ein letztes Überbleibsel vom Krieg gegen den Iran.
    Es stellte sich heraus, daß eine Militärbasis im Umland noch immer mit Söldnern besetzt war, die von der NATO seinerzeit aus den Billiglohnländern angeheuert worden und seit dem überstürzten Rückzug des Westens ihre eigenen Herren waren. Sie nützten ihre Zeit nach Gutdünken, nicht selten mit Requirierungsmaßnahmen und sonstiger Drangsalierung der Zivilbevölkerung. Diese fürchtete ihre meist nächtlichen Besuche mehr als die des
Wahren Weg
es und anderer Gruppierungen, die gleichfalls Tribut einforderten oder einen der Söhne, damit er seiner Bestimmung als Märtyrer nachkomme. Die Eintreiber des
Wahren Weg
es verhielten sich wenigstens berechenbar; wohingegen die NATO -Söldner aus heiterem Himmel kamen, man durfte heilfroh sein, daß heute nacht nur ein paar Polizisten ihren Lohn hatten aufbessern wollen.
    Wer denn die NATO mittlerweile befehlige, seitdem sich die USA aus dem Bündnis zurückgezogen hatten? machte der Verwandte einen Witz: Noch Brüssel? Oder schon der Kalif?

    Gern verkaufte der Verwandte des Verwandten einen seiner Gummischuhe; weil es auf dem Serafschanpaß dann keine Bienenwaben gab, sondern bloß Honig im Glas, war Shochi bei Kaufners Rückkehr dennoch enttäuscht:
    Normaler Honig wirke nicht, mit dem könne sie nichts anfangen.
    Keine weitere Verwendung fand auch der Verwandte der Familie, weil er von weiterreichenden Erkundungen rund um Shahr-i Sabs nichts hatte wissen wollen, man habe ihn lediglich für Hin- und Rückfahrt engagiert. Um der Bevormundung durch Sher zu entkommen, nahm Kaufner fortan Marschrutkas oder Sammeltaxis, fuhr darin kreuz und quer durchs Umland. Pappelalleen, Bewässerungskanäle, Kühe, die sich mittags, auf der Suche nach Schatten, in einer Bushaltestelle drängten. Dazu die Weisheiten des Präsidenten auf riesigen Schildern an der Straße oder, mit weißen Steinen geschrieben, auf den

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