Sams im Glück
gespannt auf das Tier. In einer Stunde wird es eintreffen.«
»Wo wird es denn reintreffen?«, fragte das Sams.
»Es kommt gegen vier auf dem Güterbahnhof an«, sagte Herr Mon. »Hast du Lust, Bruno, es mit mir abzuholen? Ja, das hast du bestimmt!«
»Bruno soll sich erholen und nicht große Tiere holen«, sagte Frau Taschenbier. »Es ist vielleicht zu aufregend für ihn, und dann wandelt er wieder im Schlaf.«
Herr Taschenbier lachte. »Was soll denn daran aufregend sein, Schatz?«, fragte er. »Komm mit, Sams! Wir sehen uns das weiße Kamel schon mal an.«
Zusammen mit Herrn Mon gingen sie zum Güterbahnhof.
Das Kamel wurde gerade aus einem großen Waggon geladen. Sein weißes Fell leuchtete hell vor dem dunklen Wagen. Ein Angestellter führte das Kamel am Zügel. Es sah elegant aus, machte aber einen ziemlich hochnäsigen und schnippischen Eindruck.
»Sie können Suleika jetzt übernehmen«, sagte der Angestellte zu Herrn Mon und drückte ihm die Zügel in die Hand. »Keine Sorge, das Tier ist friedlich und lässt sich gerne führen. Sie müssen dann nur noch die Zollpapiere unterschreiben, Herr Mon. Und die Empfangsbestätigung.«
»Ist Suleika nicht schön? Ja, das ist sie!«, schwärmte Herr Mon.
»Suleika?«, fragte Herr Taschenbier.
»So heißt meine Kameldame«, sagte Herr Mon. »Findet ihr das Tier nicht auch hinreißend?«
»Hinreißend?«, fragte das Sams. »Du wolltest bestimmt sagen, es ist ein herreißendes Kamel. Schließlich ist es nicht hin-, sondern hergereist.«
Herr Mon schüttelte unwillig den Kopf und antwortete erst gar nicht. Er führte das Kamel zum kleinen Zollhaus neben dem Tor. Das Tier folgte ihm mit wiegenden Schritten und hocherhobenem Kopf.
Vor dem Zollhaus sagte Herr Mon: »Bruno, kannst du Suleika für kurze Zeit mal übernehmen? Ja, das kannst du. Ich muss die Papiere unterschreiben.«
Damit drückte er Herrn Taschenbier die Zügel des Kamels in die Hand.
»Ist das nicht gefährlich?«, fragte Herr Taschenbier. »Dieses Kamel ist ziemlich groß. Und wenn es wegrennen will und ich es nicht halten kann?«
»Keine Sorge, das Tier ist friedlich. Du hast es ja gerade gehört. Es tut dir schon nichts«, sagte Herr Mon lachend. »Ich bin gleich wieder da.«
Herr Taschenbier trat ein paar Schritte vom Kamel zurück, hielt die Zügel mit weit ausgestrecktem Arm und beobachtete es misstrauisch.
Das Sams war viel weniger ängstlich und streichelte den gebogenen Hals des Tieres.
»Kann man Kamele eigentlich reiten, Papa?«, fragte es.
»Ja, in Arabien macht man sogar Kamelrennen«, antwortete Herr Taschenbier. »So was können aber nur die geschicktesten Kamelreiter. Dazu braucht man ganz große Erfahrung.«
»Erfahrung? Die haben wir, Papa«, sagte das Sams. »Große Bus-Erfahrung und -Verfahrung. Da macht es keine Schwierigkeiten, auf Suleika loszureiten.«
»Wir? Reiten? Um Himmels willen, nein!«, rief Herr Taschenbier entsetzt. »Das lässt du bitte schön sein.«
Im selben Augenblick änderte sich plötzlich sein Gesichtsausdruck, an seinem Hinterkopf zeigten sich die ersten roten Haare, und er fing an, laut zu singen.
»Das lässt du sein, das lässt du sein«, sang er. »Denn du reitest nicht allein. Nein, wir reiten jetzt zu zwein!«
»Obergute Idee, Papa«, rief das Sams. »Aber wie kommen wir hinauf auf dieses Tier?«
»Auf das Tier, auf das Tier, auf das Tier kommen wir«, sang Herr Taschenbier weiter, drückte dem Sams die Zügel in die Hand, kletterte auf das flache Dach des Zollhäuschens und von dort auf das Kamel.
»Komm hoch!«, forderte er von oben das Sams auf, reichte ihm die Hand und zog es zu sich aufs Kamel. Herr Taschenbier saß nun oben auf dem Kamelhöcker und ließ die Beine links und rechts herunterhängen. Das Sams saß vor ihm.
»Und jetzt?«, fragte das Sams, denn Suleika stand weiter brav vor dem Zollhäuschen.
»Es ist ziemlich langweilig, auf einem Kamel zu reiten, das nur dumm herumsteht«, stellte Herr Taschenbier fest.
»Ein Reiter reitet nicht im Stehen,
sondern bringt sein Tier zum Gehen«,
dichtete das Sams.
Herr Taschenbier fragte: »Aber wie bring ich das Kamel zum Laufen?«
»Ich rüttle mal ein bisschen an den Zügeln«, schlug das Sams vor. Es schüttelte die Zügel heftig hin und her, Herr Taschenbier wackelte gleichzeitig mit den Beinen und rief: »Los, Suleika, los, los!«
Obwohl das Tier bestimmt nicht Deutsch verstand, begriff es wohl, was die beiden auf seinem Rücken von ihm wollten, und rannte los.
»Sie
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