Sams im Glück
Taschenbier und malte sich mit dem Zeigefinger einen Schnurrbart unter die Nase, während er sang:
»Ein schmaler Bart wirkt elegant,
das hat man hier im Land erkannt.«
Die beiden Polizisten sahen ihm kopfschüttelnd zu. Dann sagte der Dicke: »So, nun müssen wir nur noch ein erkennungsdienstliches Foto machen.«
»Oh, ich werde in letzter Zeit häufig fotografiert«, sagte Herr Taschenbier. »Vom Sams in der Nacht, als ich das Essen geklaut habe, und dann …«
Der junge Polizist unterbrach ihn. »Wie war das? Sie haben in der Nacht Essen geklaut? Das wird ja immer krimineller!«
Der ältere, dicke Polizist schrieb »Bruno Taschenbier« auf ein großes Blatt, darunter eine Dateinummer und gab es Herrn Taschenbier in die Hand. »Bitte in Brusthöhe halten!«, befahl er. »Sie werden nun fotografiert.«
Herr Taschenbier betrachtete die Zahl auf dem Plakat und sagte: »Das ist aber nicht meine Telefonnummer! Kann ich bitte meine Telefonnummer haben? Und können Sie mir gleich ein paar Abzüge mitmachen? Dann kann ich das Foto an unsere Kunden verteilen, die nach meiner Telefonnummer fragen.«
»Nichts da!«, sagte der junge Polizist und fotografierte Herrn Taschenbier erst von vorne, dann im Profil.
Der dicke Polizist rief seinem Kollegen zu: »Halt! Bist du verrückt geworden? Du kannst den Kerl doch nicht mit Schnurrbart fotografieren. Das ist doch ein uralter Ganoventrick, damit er nicht wiederzuerkennen ist! Dass du darauf hereinfällst! Wisch ihm sofort den Schnurrbart ab!«
Der andere Polizist wischte den Schnurrbart mit dem Tuch ab. Dann wurde Herr Taschenbier noch einmal fotografiert.
»Kann ich mich jetzt wieder setzen?«, fragte Herr Taschenbier.
»Oh, Sie werden bald sehr lange sitzen«, sagte der dicke Polizist und lachte seinem Kollegen zu.
Herr Taschenbier setzte sich ganz, ganz langsam hin. Er machte plötzlich einen verwirrten Eindruck. Da verschwanden auch schon – PLING – seine roten Haarsträhnen. Hastig stand er wieder auf, betrachtete entsetzt die beiden Polizisten und fragte: »Wie kommen Sie hier herein?«
Dann erst schien ihm klar zu werden, dass er nicht zu Hause in seinem Wohnzimmer war, und er fragte: »Wo bin ich?«
Der ältere Polizist flüsterte dem jungen zu: »Jetzt macht er auf verrückt! Nicht zurechnungsfähig, verstehst du? Das wird ihm aber nichts nützen. Der bekommt seine Strafe.«
Herr Taschenbier sagte: »Ich möchte sofort meine Frau anrufen!«
»Das machen Sie am besten vom Untersuchungsgefängnis aus!«, sagte der junge Polizist.
Im Gefängnis
Das Verhör, der Haftrichter, die nächtliche Fahrt zum Gefängnis – all das kam Herrn Taschenbier wie ein Albtraum vor, aus dem er erst erwachte, als er von einem Gefängniswärter einen schmalen Gang entlanggeführt wurde.
»So, da sind wir«, sagte der Wärter und schloss eine Zellentür auf. »Im Moment ist das Gefängnis ziemlich überfüllt. Sie werden sich die Zelle mit zwei weiteren Häftlingen teilen müssen, Herr Taschenbier.«
Er schob Herrn Taschenbier durch die Tür und schloss hinter ihm ab.
Herr Taschenbier stand einen Augenblick reglos da, blickte sich prüfend um und stellte fest, dass auch er neugierig angestarrt wurde.
Links und rechts im Raum stand ein Stockbett an der Wand. Das linke Bett war unbelegt, im rechten lagen zwei Männer. Das obere Bett gehörte einem Typen, dessen Arme vom Handgelenk bis zu den Schultern tätowiert waren. Man konnte es gut sehen, denn er trug zur grauen Sporthose nur ein ärmelloses Unterhemd.
Im Bett unter ihm lag ein Kleiner, Schmächtiger mit schulterlangen Haaren und einem merkwürdigen Backenbart.
Die beiden hatten sich aufgerichtet und musterten den Neuankömmling.
Herr Taschenbier ging mit ausgestreckter Hand auf sie zu und sagte mit einer höflichen Verbeugung: »Einen schönen guten Tag, die Herren.«
»Die ›Herren‹ kannst du dir sparen«, sagte der Tätowierte. »Was bist du denn für einer? Wie kommst du hier rein?«
»Na, durch die Tür da«, sagte Herr Taschenbier und wies auf die Zellentür.
»Willst du uns verarschen?«, fragte der Tätowierte.
Der Kleine sagte: »Was du verbrochen hast, will er wissen. Weshalb sie dich eingebuchtet haben, verstehst du?«
»Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, warum ich hier bin«, sagte Herr Taschenbier wahrheitsgemäß.
Der Tätowierte sprang mit einem mächtigen Satz vom oberen Bett auf den Zellenboden und kam drohend auf Herrn Taschenbier zu.
»Hör mal, du komischer Typ«, sagte er.
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