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Sams im Glück

Sams im Glück

Titel: Sams im Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Maar
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»Hier im Knast sagt man seinen Kumpels die Wahrheit. Dass du unschuldig bist, kannst du meinetwegen dem Richter erzählen, aber nicht uns. Also, sag schon!«
    »Ich weiß es wirklich nicht«, beteuerte Herr Taschenbier.
    Der Tätowierte kam ganz nah. »Siehst du meine Faust da?«, fragte er. »Willst du die auf die Nase?«
    »Jetzt spuck’s schon aus! Der meint es ernst«, rief der Kleine.
    Herr Taschenbier überlegte aufgeregt. Was sollte er nur antworten? Der Tätowierte würde nicht mehr lange warten.
    »Euch kann ich es ja verraten«, fing er an. »Es gab eine Schlägerei.«

    »Schlägerei?«, wiederholte der Tätowierte. »Danach siehst du aber nicht aus. Kein blaues Auge und so.«
    »Eigentlich war diese Schlägerei etwas einseitig«, sagte Herr Taschenbier schnell. »Ich habe jemanden geschlagen, verprügelt gewissermaßen.«
    »Aha!«, machte der Tätowierte. »Das klingt schon ehrlicher.«
    »Und wen hast du verprügelt?«, fragte der Kleine.
    »Wen?« Herr Taschenbier musste einen Augenblick überlegen. »Ich … also … meinen Chef. Ja, meinen Chef.«
    »Geschieht ihm ganz recht«, sagte der Kleine. »Die meisten Chefs haben Prügel verdient.«
    »Und? Weiter?«, fragte der Tätowierte.
    »Na ja, ich habe wohl ein bisschen zu heftig hingelangt in meiner Wut«, erfand Herr Taschenbier. »Der Chef hätte sich ja nicht wehren müssen, hat er aber!«
    »Selber schuld«, sagte der Kleine.
    »Musste ihn leider krankenhausreif schlagen. Doppelter Kieferbruch!«
    »Alle Achtung!«, rief der Kleine.
    »Die Schulter war auch ausgerenkt.«
    »Klasse!«, lobte der Tätowierte. »Erzähl weiter!«
    »Sein rechtes Ohr war leider ab. Aber das konnten sie dem Chef erfreulicherweise wieder annähen. Nur der Zahn, na ja. Da war nichts mehr zu machen.«
    »Sieht man dir gar nicht an, dass du so zulangen kannst«, sagte der Kleine. »Bist doch nur so ein dünner Spargel.«
    »Sehr gute Arbeit«, lobte auch der Tätowierte. »Wie heißt du eigentlich? Ich bin der Helmut. Raubüberfall. Und der da, das ist der Kevin. Drogenbesitz.«
    »Und Drogenhandel«, verbesserte Kevin stolz.
    »Mein Name ist Taschenbier«, stellte sich Herr Taschenbier vor.
    »Viel zu langer Name. Bei uns heißt du jetzt ›Tasche‹. Passt zu dir«, sagte der tätowierte Helmut.
    »Tasche, erzähl doch mal, welche Technik du draufhast«, sagte Kevin, der Kleine. »Oder schlägst du einfach nur so drauflos?«
    »Meistens benutze ich asiatische Kampftechniken«, log Herr Taschenbier. Darüber hatte er mal etwas im Fernsehen gesehen.
    »Interessant. Asiatische Kampftechniken«, wiederholte Helmut. »Welche genau?«
    »Meistens Karate, kombiniert mit Jiu-Jitsu«, antwortete Herr Taschenbier bescheiden. »Dazu etwas Kung-Fu. Nur wenn das nicht wirkt, setze ich Kickboxen ein.«
    »Alle Achtung!«, sagte Kevin. »Wo hast du das alles gelernt?«
    »In der Volkshochschule«, sagte Herr Taschenbier.
    »Volkshochschule?«, fragte Helmut. »In was für einer Volkshochschule lernt man so was?«
    »Zweigstelle Obere Königsstraße«, antwortete Herr Taschenbier.
    »Da war ich noch nie«, sagte Helmut. »Man verpasst viel, wenn man nicht aufpasst! Da werd ich mich gleich anmelden, wenn ich wieder draußen bin. So in ein, zwei Jahren, schätze ich.«
    »Es könnte aber sein, dass sie dann dort diesen Kurs nicht mehr im Programm haben«, warnte Herr Taschenbier.
    »Sag mal, Helmut«, fing Kevin an. »Wenn wir so einen asiatischen Kämpfer hier haben, sollten wir den mal auf Udo ansetzen. Findest du nicht?«
    »Stimmt«, sagte Helmut. »Der hat schon lange einen Dämpfer verdient.«
    »Udo? Wer ist Udo?«, fragte Herr Taschenbier.
    »So ein Zweizentnermann«, sagte Kevin. »Sitzt vier Zellen weiter rechts. Ein Angeber! Nur weil er mal Meister im Halbschwergewicht war. Den kann hier drinnen keiner leiden.«
    »Bildet sich was ein, weil er der Stärkste im Bau ist«, sagte Helmut. »Der hat wirklich mal Dresche verdient. Beim Hofgang zeigst du dem mal, was ein asiatischer Kämpfer draufhat!«
    »Ich denke nicht, dass ich ihm das zeigen werde«, sagte Herr Taschenbier erschrocken. »Er hat mir doch gar nichts getan. Ich schlage keinen Unschuldigen.«
    »Mit dem musst du kein Mitleid haben«, sagte Kevin. »Wirklich nicht.«
    Wenig später wurde die Zellentür aufgerissen. »Zeit für den Hofgang!«, rief ein Wärter. »Bewegung, die Herren! Auf geht’s! Frische Luft schadet niemandem.«
    »Ach, wissen Sie, ich finde die Luft hier drinnen frisch genug«, sagte Herr

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