Sams im Glück
sagte Frau Taschenbier.
»Vielleicht durchs Loch im Dach?«, überlegte Betty.
Frau Taschenbier sagte: »Bruno, im Nachtschränkchen ist eine Taschenlampe. Sieh bitte nach, was da draußen diesen Krach gemacht hat! Vielleicht ist da gar kein Mensch. Vielleicht ist nur etwas heruntergefallen.«
Mit beiden Vermutungen hatte sie absolut recht: Da draußen war kein Mensch, und es war auch etwas heruntergefallen.
Als Herr Taschenbier mit etwas zitternder Hand den Strahl der Taschenlampe durchs Treppenhaus gleiten ließ, stand da im Lichtkegel das Sams. Vor ihm auf einem Treppenabsatz lag ein sehr dickes Buch.
»Sams! Da bist du ja wieder!«, rief Herr Taschenbier. »Wie schön! Ich freue mich so!«
Er umarmte es. Dann rannte er zurück zum Schlafzimmer und rief: »Unser Sams ist zurückgekommen!«
Das hatte zur Folge, dass Frau Taschenbier und Betty im Nachthemd ins Treppenhaus kamen, um das Sams zu begrüßen.
»Habe ich euch geweckt?«, fragte das Sams. »Wollte ich niemals nicht. Ich bitte um Entschuldigung, wenn nicht sogar um Verzeihung. Dieses doofe, schwere Buch ist mir aus der Hand gefallen, als ich leise, still und lautlos die Treppe hochschleichen wollte in mein Zimmer.«
»Was ist das für ein Buch?«, fragte Herr Taschenbier.
»Wo kommst du jetzt her, mitten in der Nacht?«, fragte Frau Taschenbier.
»Ja, wo bist du gewesen?«, fragte Betty.
»Das ist mein geheimes Geheimnis«, sagte das Sams, hob das Buch auf, klemmte es unter seinen Arm und stieg die Treppen hoch. »Und nun wird weiter geschlummert, geschnarcht und gepennt. Gute Nacht!«
Am nächsten Morgen, kaum war es hell geworden, schlug das Sams oben in seinem Zimmer das dicke Buch auf und versuchte zu lesen, was das Übersams darin notiert hatte.
Aber es konnte die krakeligen Buchstaben nicht entziffern.
»Dummdoofer Mist, blöder!«, schimpfte das Sams und ging nach unten, um mit den anderen zu frühstücken.
Herr und Frau Taschenbier saßen mit Betty am Wohnzimmertisch. Herr Taschenbier hatte Gummistiefel angezogen, die er sonst bei der Gartenarbeit trug. Die Küche stand nämlich eine Handbreit unter Wasser, und Herr Taschenbier hatte sich bereit erklärt, alles, was sie zum Frühstück brauchten, aus der überschwemmten Küche ins Wohnzimmer zu holen. Obwohl auch schon dort die ersten Tropfen von der Decke fielen.
»Wie dumm, dass der Dachdecker erst Ende der Woche kommen kann«, sagte Herr Taschenbier.
»Der Dachdecker, der Dachdecker«, sagte seine Frau. »Der Dachdecker, Deckdacher, Deck-Deck-Deckdacher.«
Betty lachte.
Jetzt fing Frau Taschenbier an, mit Löffel und Messer rhythmisch auf den Tisch zu klopfen und im Takt zu singen: »Deck-Deck-Deck-Deckdacher, Dachdecker!«
Herr Taschenbier sagte: »Wie gut, dass du die Überschwemmung so leichtnimmst, Mara, und deine gute Laune nicht verloren hast.«
»Gute Laune, gute Laune«, wiederholte sie und sang weiter:
»Ist die Laune eine gute,
zieht die Pute keine Schnute.
Ist die Laune aber schlecht,
ärgert sich der Specht erst recht.«
»Oma, jetzt bist du genauso lustig wie manchmal der Opa«, sagte Betty.
Das Sams betrachtete Frau Taschenbier sehr aufmerksam und mit immer besorgterer Miene. Schließlich nahm es Betty bei der Hand, zog sie vom Stuhl hoch und sagte leise: »Betty, ich brauche dich! Komm mit in mein Zimmer! Du musst mir bitte etwas vorlesen.«
»Kannst du denn nicht lesen?«, fragte Betty.
»Ja, schon«, antwortete das Sams. »Aber nur Druckschrift. Schreibschrift kann ich nicht.«
Oben im Zimmer schlug das Sams die erste Seite des Sams-Regel-Buches auf und fragte: »Kannst du diese Schrift entziffern?«
»Klar kann ich das«, sagte Betty.
»Dann lies bitte vor, was da steht!«
Betty las vor: »Regel 1: Samse haben rote Haare.«
»Haha, wie witzig!«, sagte das Sams. »Denkt einer vielleicht, sie hätten grüne? Lies weiter!«
Sie las weiter: »Regel 2: Samse tragen gerne Flossen.«
»Ja, die passen auch wie angegossen«, sagte das Sams.
»Regel 3: Mit ihren Wunschpunkten können ihre Menschen wünschen.«
»Wer hätte das gedacht!«, sagte das Sams. »Sollen sie vielleicht mit Nasenpopeln wünschen?«
»Regel 4: Samse können niemals weinen.«
»Ja, das stimmt. Warum soll ein Sams auch weinen?«, sagte das Sams. »Aber das interessiert mich alles nicht. Lies doch mal weiter hinten!«
Betty schlug ein paar Seiten um und las vor: »Regel 112: Beim Verzehr von vier Würstchen erhält man ein fünftes, wenn man das vierte genau in der
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