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Samstags, wenn Krieg ist

Samstags, wenn Krieg ist

Titel: Samstags, wenn Krieg ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wolf
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dort zu berühren.
    Er hat natürlich auch schon von Frauenmördern gehört, die ihre Opfer erst erwürgen und dann vergewaltigen. Ihm wäre das unmöglich. Klar kann er jetzt mit ihr machen, was er will. Aber er kann eben nicht. Kaum vorstellbar, dass sich sein kleines verschrumpeltes Ding überhaupt jemals wieder aufrichten wird.
    Er schleift sie über den Waldboden. Bei jedem Ruck schlagen ihre Zähne aufeinander. Ihr Kiefer klappt immer wieder herunter.
    Ihre Augen. Dieses Weiß macht ihm Angst. Er hasst es, Angst zu haben. Angst ist echt das Letzte. Da sind ihm Schmerzen lieber. Ein gebrochener Arm. Ein gebrochener Kiefer. Ein geplatzter Magen. Alles ist besser als diese Scheißangst.
    Er zerrt sie in eine Erdmulde. Keine zehn Schritte von der Straße entfernt. Er schafft es sogar, ihr die Augen zuzudrücken. Dann wirft er Blätter auf ihren Körper. Äste.
    So geht es nicht. Darunter wird ihr Körper nie verschwinden.
    Mit den Händen versucht er, sie einzubuddeln. Er reißt sich einen Fingernagel ein. Es ist, als würde der Schmerz ihn wecken.
    Dann tritt er mit den Stiefeln Erde los. Er tritt die Erdbrocken in Richtung Renate. Erdbrockenregen. Waldbodenschnee. Krümeliges Leichentuch.

13
    Yogi rollt sich im Sessel zusammen wie eine Katze. Den Kopf zwischen den Knien. Die Augen fest zugekniffen. Speichelbläschen am Mund. Er zittert. Reagiert nicht mehr auf Worte. Auch nicht auf „Okolade…udding“.
    Er will sich seine nasse Hose nicht ausziehen lassen.
    Elke Schmidtmüller setzt sich auf die Lehne. Es knarrt. Es klingt wie die Drohung abzubrechen.
    Sie will über Yogis Haare streicheln. Dabei sagt sie mit sanfter Stimme: „Ja, mein Junge. Ja. Ist ja gut.“
    Als sie ihn berührt, zuckt er zusammen. Wehrt die Hand ab und jammert.
    „Aber Johannes“, flüstert sie.
    Er rutscht vom Sessel auf den Boden, schreit und läuft auf allen Vieren in sein Zimmer. Er krabbelt unters Bett und bleibt dort zusammengekauert liegen.
    Siggi und Frau Schmidtmüller folgen ihm. Josef Schmidtmüller schaltet den Fernseher ein und zappt nervös zwischen den Programmen hin und her. Am liebsten würde er ganz laut stellen, um nichts mitzukriegen.
    Er findet, manchmal reicht es ganz einfach. Immer muss er an die Kinder denken. Als sie klein waren sowieso. Und dann der Unfall von Johannes.
    Er wagt es nicht auszusprechen, aber manchmal denkt er es: Den werden wir nie los. Andere Kinder gehen irgendwann aus dem Haus. Der wird uns immer brauchen. Solange wir leben. Und was dann ist … ich mag gar nicht daran denken.
    Seit es mit Johannes ist, wie es ist, gehen sie kaum noch weg. Schon gar nicht zu zweit. Und dann … sind sie mal gemeinsam aus, könnten sich entspannen – worüber reden sie die ganze Zeit? Über ihre Kinder.
    „Komm unterm Bett vor, Johannes“, hört er seine Frau sagen und das Gelalle als Antwort.
    Manchmal möchte er sich auch die Ohren einfach zuhalten.
    „Lass ihn“, schlägt Siggi vor. „Der wird sich schon wieder beruhigen.“
    Siggi und seine Mutter kommen ins Wohnzimmer zurück. Siggi will sich die Flasche Bier vom Tisch nehmen, aber so wie sein Vater ihn anschaut, lässt er es lieber.
    Kannst du dir nicht selber eine Flasche aus dem Keller holen?, steht in dem Blick geschrieben.
    Bevor der Vater es ausspricht, hebt Siggi beschwichtigend die Hände. Der Vater nickt zufrieden. Wortlose Streitgespräche. Stumme Urteilsbegründungen. Warum reden? Es ist doch sowieso alles klar.
    „Was ist mit ihm passiert?“, fragt tonlos die Mutter.
    Auf dem Weg zum Keller verteidigt sich Siggi laut: “Ich kann nichts dafür. Wirklich nicht. Irgendwas hat ihm Angst gemacht.“
    „Und wo bitte ist Renate?“, will Schmidtmüller wissen.
    Siggi reicht es. Für was soll er sich denn sonst noch verantwortlich fühlen? Renate ist nun wirklich alt genug, um auf sich selbst aufzupassen.
    Als er mit dem Bier in der Hand aus dem Keller kommt, wirft seine Mutter ihm einen missbilligenden Blick zu. Sie glaubt, dass er genug getrunken hat. Sie hasst diesen Bieratem. Seine Kleider stinken nach Nikotin. Alles an ihm ist ihr zu erwachsen. Was ist aus dem süßen, saure Milch rülpsenden Baby geworden?

14
    Es wird schon hell, als Wolf nach Hause kommt. Er huscht ungesehen durch den Flur. Er drückt das Flurlicht nicht an. Die Docs hinterlassen verräterische Erdspuren. Feuchter Waldboden.
    Seine Mutter ist noch wach. Sie sitzt mit ihrem Typ im Wohnzimmer. Er heißt Eberhard oder Erhard oder Ernst oder so ähnlich.
    Wolf ist es

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