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Samstags, wenn Krieg ist

Samstags, wenn Krieg ist

Titel: Samstags, wenn Krieg ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wolf
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egal. Er hat eine endlose Galerie von Möchtegernvätern an sich vorüberziehen sehen. Als er klein war, hing er sein Herz an jeden. Er wollte sie toll finden, weil er spürte, dass Mama das von ihm erwartete.
    Am Anfang tat es weh, wenn sie plötzlich wegblieben. Er zählte gar nichts. Wenn sie sich von den Typen nicht mehr bumsen ließ, bekam er auch keine Bonbons mehr. Dann war sofort Schluss mit Kino, Schwimmbad, Zoobesuch.
    Insgeheim hatte er das Gefühl, die Kerle zu vertreiben. Er gab sich viel Mühe, damit sie sich wohlfühlten. Er fand auch an dem letzten Arsch noch etwas Gutes. Er tat es für Mama.
    Aber so sehr er sich auch zwang, mit jedem Neuen glücklich zu sein und ihn viel besser zu finden als seinen Vorgänger, er war eifersüchtig auf jeden. Ja! Eifersüchtig. Gleichzeitig spürte er, dass es nicht sein durfte. Das Gefühl war falsch.
    Je größer die Eifersucht wurde, um so verbissener spielte er das Spiel: Du bist ein echt toller Kumpel. Mein Traumpapa.
    Wenn er Glück hatte, gingen sie, bevor sie begannen, sich als Väter aufzuspielen. Der Anfang war immer gut. Dann gaben sie sich Mühe, buhlten um seine Gunst. Später dann, wenn sie sich sicherer fühlten, zeigten sie ihr wahres Gesicht. Alle. Sie begannen, an ihm herumzunörgeln. Erklärten ihm ihre Sicht des Lebens und worauf es ankommt. Selbst die letzten Versager, die sich bei seiner Mutter durchfraßen, glaubten noch, ihm gute Ratschläge erteilen zu können. Wollten Vorbild sein für ihn. Er machte gute Miene zum bösen Spiel.
    Inzwischen interessierten die Figuren ihn nicht mehr. Er beachtete sie gar nicht. Soll nur einer versuchen, ihn anzumachen auf sein Nazi-Outfit.
    Die Wände sind dünn. Seine Mutter lacht wieder zu laut. Am Anfang einer Beziehung ist das immer so. Sie ist dann besonders aufgekratzt. Lacht zu grell, redet zu viel und hechelt den Typen im Bett etwas vor. Sie joggt laut von Orgasmus zu Orgasmus. Manchmal trommelt die Nachbarin gegen die Wand. Das spornt seine Mutter eher noch an.
    Er hört schon seit Jahren nicht mehr hin. Er geht mit Walkman ins Bett, wenn sie einen Kerl bei sich hat.
    Früher hörte er Heavy Metal, voll aufgedreht. Heute Skinmusik. Störkraft. Noie Werte. Böhse Onkelz.
    Er geht ins Badezimmer durch. Über der Wanne hängt Wäsche. Unterhosen und Hemden von diesem Eberhard oder Erhard. Sie wäscht also schon für ihn. Dann wird es hoffentlich nicht mehr lange dauern.
    Das Bullauge der Waschmaschine steht offen. Es liegen noch feuchte Handtücher in der Trommel. In einer Ecke des Badezimmers, neben der Toilette, steht der überquellende Wäschekorb. Ganz obendrauf die Plastiksocken von Eberhard und sein T-Shirt mit dem Ölfleck.
    Wolf sitzt auf dem Klo und raucht. Seine Hände zittern noch immer und ihm ist immer noch kalt. Er wird jetzt gleich heiß duschen. Dann holt er sich ein Bier aus dem Kühlschrank, falls der neue Schmarotzer nicht schon alles weggesoffen hat.
    Wolf greift neben sich. Kein Klopapier mehr da.
    Er guckt sich nach einer Zeitung um. Nichts.
    Er stöhnt laut. Aus dem Wohnzimmer dringt das schrille Lachen seiner Mutter.
    Wolf nimmt das T-Shirt und wischt sich genüsslich damit den Hintern ab. Er knüllt es zusammen und wirft es achtlos zu Eberhards Wäsche zurück.
    Kaum sitzt Wolf in der Wanne und hält sich den Duschstrahl über den Kopf, öffnet Eberhard die Tür.
    „Hallo, Kumpel“, grunzt er und geht zur Toilette.
    „Ich dusche“, sagt Wolf. In dem Satz schwingt eine leichte Ermahnung mit. Eine Bitte um Rücksicht. Aber solche feinen Zwischentöne sind nichts für Eberhard. Er antwortet: „Mach ruhig“, und öffnet sich den Hosenschlitz.
    Breitbeinig, ein wenig wackelig, steht er vor der Toilette und platziert seinen Strahl in die Schüssel, ohne den Deckel hochzuheben. Er tröpfelt immer alles voll.
    Am liebsten würde Wolf ihm jetzt von hinten eine Stahlschlinge um den Hals legen und zuziehen. Stattdessen schließt er nur die Augen und hält sich den Duschstrahl über die Stoppelhaare.
    Das Wasser ist heiß. Es tut weh. So spürt er wenigstens, dass er lebt.

15
    Siggi hasst jeden einzelnen Sonntagmorgen seines Lebens. Er wird immer mit einem Kater wach. Die Knochen schwer wie Blei. Und natürlich darf er sonntags nicht ausschlafen. Er muss den ganzen Morgen über auf Yogi aufpassen.
    Yogi steht auf, sobald es hell wird. Dann will er nach draußen, egal, ob es regnet oder nicht. Er will hinter Bällen herlaufen oder einfach an der Ichte sitzen und Steinchen ins Wasser

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