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Samstags, wenn Krieg ist

Samstags, wenn Krieg ist

Titel: Samstags, wenn Krieg ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wolf
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Sprühregen aus und versteckt dann das Gesicht in den Armen. Er kraucht über den Teppich, sucht hinter einem Sessel Schutz.
    Frau Schmidtmüller steht starr. Sie ruft nun Siggi und ihren Mann.
    So kann sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Der Streit im Badezimmer hört auf und jemand kümmert sich um Yogi. Sie hat dafür im Moment einfach keine Nerven. Sie muss ohnehin die ganze Zeit gegen ihre Tränen ankämpfen.
    Renate. Ihr muss etwas passiert sein. Ich darf gar nicht dran denken. Besser nicht daran denken. Manchmal werden schlimme Gedanken wahr. In der Nacht, als Johannes seinen Unfall hatte, da … Nein, das wollte ich vergessen. Es ist alles nicht wahr. Nur Hokuspokus. Man kann keine Unfälle herbei denken oder voraussehen.
    Renate. Ihr muss etwas passiert sein …
    Siggi, froh, das Badezimmer verlassen zu können, ist als erster bei Yogi. In Siggis Gesicht klebt noch Rasierschaum.
    Yogi heult gequält auf, als Siggi ihn berührt.
    „Der zittert ja vor Angst.“
    Schmidtmüller schiebt Siggi weg. „Unsinn. Das ist wieder ein Anfall.“
    Siggi schüttelt den Kopf. Er weiß, wie Yogis Anfälle aussehen. So jedenfalls nicht. Jetzt hat er einfach nur Angst.
    „Der hört wieder Stimmen“, behauptet Josef Schmidtmüller.
    „Klar“, spottet Siggi, „deshalb hält er sich jetzt auch die Augen zu.“
    Wenn Siggi so redet, könnte Schmidtmüller ihm eine reinhauen. Aber das tut er nicht. Er hat Siggi nur einmal im Leben geschlagen. Es war schon nach Yogis Unfall. Er hatte die Nerven blank und war einfach durchgedreht. Später hat er sich dafür sogar entschuldigt. Er glaubt aber nicht, dass Siggi ihm das wirklich verziehen hat.
    Er schlägt seinen Sohn nicht, weil er Angst vor den quälenden Selbstvorwürfen hat. Ich bin ein schlechter Vater. Schlechter Vater. Schlechter Vater.
    Am liebsten mischt er sich nicht ein und lässt seine Frau die Kämpfe austragen und die Verantwortung für falsche Entscheidungen übernehmen. Wenn es aber mal in ihm kocht, wenn er sich endlich auch einmal durchsetzen will, dann kommt es heftig, unvermittelt und zu vorwurfsvoll. Dann erntet er nur Unverständnis und Zurückweisung.
    Er hat das Gefühl, vor Siggis Augen zu einem lästigen Insekt zu werden. Dieses Gefühl macht ihn wütend, aber wie soll er sich Anerkennung und Respekt verschaffen? Durch Ohrfeigen? Im Zweifelsfall wäre Siggi stärker als er und er ist sich nicht klar, zu wem seine Frau halten würde.
    Er will doch nur das Beste für seinen Sohn. Er soll nicht von der Polizei abgeholt werden. Ein Kind geistig umnachtet und eins als Friedhofsschänder vor Gericht. Womit hat er das verdient? Warum tut ihm das Schicksal so viel an?
    Es ist nicht das Schicksal, denkt er. Du bist es, Siggi! Ohne dich wäre Johannes nicht verunglückt und ohne dich wäre der Friedhof nicht verwüstet worden. Du warst es garantiert. Du und deine Glatzenfreunde.
    Seine Wut reicht jetzt für eine Ohrfeige aus. Es hat sich genug angesammelt. Aber er sieht Siggi bei Yogi knien und ihm übers Haar streicheln.
    „Komm, Großer, ich bring dich zum Bus. Du fährst doch gerne in die Werkstatt, oder?“
    Yogi kriegt nichts mehr mit. Die Angst hat ihn ganz. Siggi hievt ihn hoch und bringt ihn zur Tür. Als er öffnet, steht dort Wolf.
    Siggi muss Yogi tragen. Er hält sich immer noch die Augen zu und macht sich ganz schwer. „Ich helf dir“, sagt Wolf und packt mit an. Yogi wird stocksteif.
    Die zwei bringen ihn zum Bus.
    „Hast du schon gelesen?“, fragt Wolf.
    Siggi nickt.
    „Es war heute Morgen sogar im Radio.“
    Wolf schmunzelt.
    „Ein voller Erfolg.“
    „Pass auf, sein Bein. Vorsichtig. Der ist ein Mensch, ja, kein Holzklotz.“
    „Ist ja schon gut, äi. Ich wollte dir doch bloß helfen.“
    Sie übergeben Yogi am Bus. Petra Freitag sitzt schon drin. Sie spricht Yogi an. Er schielt zwischen seinen Armen durch. Als er sie sieht, senkt er die Arme.
    Dann kommt Wolf in sein Blickfeld. Yogi wimmert erschrocken und reißt die Arme wieder hoch. Er strampelt mit den Beinen.
    Für Siggi sieht es so aus, als würde Yogi versuchen, Wolf zu treten. Er wirft Wolf einen Blick zu, mit dem er sich dafür entschuldigen will. Aber als sich ihre Blicke treffen, spürt Siggi einen Stich in der Herzgegend. Da ist mehr, fühlt er. Irgendetwas stimmt nicht zwischen den beiden.
    Petra Freitag beruhigt Yogi, indem sie ihm eine Hand in den Nacken legt und ruhig mit ihm spricht.
    Als der Bus abfährt, stehen sich Siggi und Wolf gegenüber. Wolf verschränkt

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