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Samstags, wenn Krieg ist

Samstags, wenn Krieg ist

Titel: Samstags, wenn Krieg ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wolf
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etwas Besonderes.
    „Wolf Kleinhaupt. Er ist euer Boss, nicht wahr?“
    Peter glaubt, schon zu viel gesagt zu haben. Er versucht, teilnahmslos in die Ferne zu schauen, aber es gelingt ihm nicht. Er ist zu nervös.
    Wenn die Alte dem Wolfi erzählt, dass ich auch hinter Renate her war, schneidet der mir die Ohren ab.
    „So viele gute Mädchen gibt es hier in Ichtenhagen nicht.“
    Das Gespräch hat begonnen. Vera muss es jetzt nur in Gang halten, vielleicht ein bisschen strukturieren. Der Rest wird ganz von selbst passieren.
    Sie setzt sich auf den Schreibtisch, die Füße auf dem Drehstuhl. Sie zieht die Pumps aus und massiert sich die Zehen. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie das tut, verwirrt Peter und erleichtert ihn. Es ist so menschlich, als sei der offizielle Teil erledigt, das Verhör vorbei. Als könne man jetzt endlich wieder normal reden, ohne darauf achten zu müssen, nicht in eine Falle zu tappen.
    Als Kramer im Raum war, schienen überall unsichtbare Fußfallen und Stolperdrähte aufgespannt zu sein. Unter dem Boden lagen Tretminen.
    In Veras Haltung und Stimme fehlt alles Lauernde. So schwindet die Vorstellung von Bedrohung.
    Peters Verkrampfung im Magen lockert sich. Er stößt sauer auf und spült den schlechten Geschmack mit Kaffee runter.
    „Renates Mutter meint, es sei nicht so doll zwischen Renate und Wolf gewesen“, sagt Vera Bilewski. „Renate hat sich wohl manchmal verleugnen lassen, wenn Wolf anrief.“
    Der Satz tut Peter gut. Vera hält sich spielerisch die Hand vor den Mund und lächelt. „Oh, das hätte ich wohl gar nicht sagen dürfen. Dienstgeheimnis. Aber du kannst ja schweigen, oder?“
    Er nickt stumm, drückt seine Zigarette aus und guckt auf ihre Füße. Sie sieht seinen Blick, zeigt auf seine Springerstiefel. „Ich könnte in solchen Dingern gar nicht laufen. Ich meine, darin müssen die Füße doch richtig braten. Im Sommer.“
    Er zuckt mit den Schultern. In seinem Mund sammelt sich zu viel Speichel. Er hat Angst, er könnte beim Sprechen Fäden ziehen. Er schluckt schwer.
    „Welche Schuhgröße hast du eigentlich?“
    „Dreiundvierzig.“
    War das jetzt so eine Falle, denkt er. Ein Stolperdraht?
    „Ich hab sechsunddreißig. Ich könnte meine Schuhe in der Kinderabteilung kaufen.“
    Ein Lächeln huscht über Peters Gesicht.
    Vera zieht ihre Schuhe wieder an.
    „Soll ich dir mal sagen, wie du aussiehst?“
    Jetzt hat sie seine volle Aufmerksamkeit. Er kommt aus seinem Schneckenhaus.
    „Wie?“
    „Wie jemand, der etwas zu verbergen hat.“
    „Hat das nicht jeder, der hier sitzt? Immerhin haben Sie mich verhaftet.“
    Vera wehrt mit den Händen ab. „Nein, nein, das ist es nicht. Wir haben dich auf frischer Tat ertappt. Leugnen nutzt nichts. Du hast vor etwas anderem Angst.“
    Er druckst herum und raunt dann: „Ich will nicht, dass Wolf erfährt, dass ich Renate …“
    Ihre Stimme klingt spöttisch. „Ach ja, klar, keine Sorge. Bei euch hat der Boss die freie Auswahl, oder wie geht das?“
    Peter springt auf. Sein Gesicht verzieht sich. Er verschüttet Kaffee.
    „Tun Sie doch nicht so, als hätten wir das erfunden! Das steckt tief in euch Frauen drin. Ihr geht mit den Siegern. Das war nach jedem Krieg so. Ihr habt das im Blut.“
    Vera hüpft vom Schreibtisch und steht ihm gegenüber. Zwischen ihren Gesichtern keine zehn Zentimeter Abstand. Sie kann die Hitze in seinen Wangen spüren und riecht seinen sauren Atem. Sein Magen spielt verrückt.
    „Ihr wisst genau, wer es war, stimmt’s? Es geht nicht um Schutzgelderpressung. Es war ein Rachefeldzug.“
    Er dreht ihr den Rücken zu. „Ich sage gar nichts.“
    Vera rennt um ihn herum, sie will ihn dabei ansehen. Sie schimpft wie eine Mutter mit ihrem ungezogenen Sohn. „Ihr wollt das unter euch regeln, nicht wahr? Na prima! Alles ganz mannhaft.“
    Sie schlägt sich gegen die Stirn. Die Geste gleicht der, mit der er die Fliege getötet hat. „Mensch, sei doch nicht blöd! Wenn wir den Täter kriegen, bekommt der seine gerechte Strafe. Wenn ihr ihm etwas antut, geht ihr dafür alle in den Knast. Warum setzt ihr euch ins Unrecht?“
    Peter lacht bitter. Er fischt eine Zigarette aus seiner Packung, zündet sie aber nicht an, sondern faucht mit der kalten Zigarette im Mund: „Gerechte Strafe, ja? Ihr tut doch nichts gegen das Ausländerpack! Die dürfen alles. Vergiftetes Essen verkaufen. Unsere Frauen vergewaltigen …“
    „Nein!“, brüllt Vera Bilewski. „Das dürfen sie nicht!“
    Er fährt unbeirrt

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